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Verfolgung eines Deserteurs auf jenseitigem Gebiete als eine Verletzung des letztern
streng untersagt, und sorgfältig vermieden werden. Wer sich dieses Vergehens
schuldig macht, das in Folge geographischer Verbältnisse hauptsächlich wohl nur
dann sta#t finden kann, wenn eiwa die Truppen des einen Staates die Grenzen des
Andern in Kriegszeiten berühren sollten, wird, wenn er dabei betroffen wird, sogleich
verhaftet und zur gesetzlichen Bestrafung an seine Regierung abgeliefert werden.
Art. XXII. Als eine Verletzung des Gebiets ist cs indessen nicht anzu-
sehen, wenn von einem Kommando, welches einen oder inehrere Deserteurs bis
an die Grenze verfolgt, ein Kommandirter in das jenseitige Gebiet gesandt wird,
um der nächsten Orts-Obrigkeit die Oesertion zu melden.
Diese Obrigkeit soll vielmehr, wenn der DOeserteur sich in ihrem Bereich be-
finder, denselben sofort verhaften, und wird in diesem Falle, wie überhaupt jedes-
mal, wenn ein Desertcur von Civil-Obrigkeiten oder Militair-Behörden verhaftet
wird, keine Gratiffkation bezahlt. Oer Kommandirte darf sich aber keincsweges
an dem Oeserteur vergreifen, widrigenfalls er nach dem Ark. XXI. zu behandeln ist.
Art. XXIII. Jede gewaltsame oder heimliche Anwerbung im jenseitigen
Terrikorium, Verführung jenseitiger Soldaten zur Oesertion, oder anderer Unter-
thanen zum Austreten, mit Verletzung ihrer Milikairpflicht, ist streng untersagk.
Wer eines solchen Beginnes wegen in dem Staate, wo er sich dessen schuldig
gemacht hat, ergriffen wird, ist der gesetzlichen Bestrafung desselben unterworfen;
wer sich aber dieser Bestrafung durch die Flucht entzieht, oder von seinem Vater-
lande aus auf obige Art auf jenseirige Unterthanen zu wirken sucht, wird auf des-
fallsige Reqgunttion in seinem Vaterlande zur Untersuchung und nachdrücklichen
Strafe gezogen werden-
Art. XXIV. Diejenigen, welche vor Bekanntmachung dieser Konvention
von den Truppen des einen der kontrahirenden hohen Souverains desertirt sind,
und entweder bei denen des andern Souverains Militairdienste genommen haben,
oder sich ohne solche in dessen Landen aufhalten, sind der Reklamation und Aus-
lieferung nicht unterworfen.
Art. XXV. Den Landeskindern beider Theile, welche zur Zeit der Publi-
kation gegenwärtigen Kartels wirklich im Militairdienst des andern Souverains
sich befünden, soll die Wahl freistehen, entweder in ihren Geburtsort urückzu-
kehren, oder in den Diensten, in welchen sie sich befinden, zu bleiben; doch müssen
sie sich längstens binnen einem Jahre, nach Publikation dieser Konvemion, desfalls
bestimmt erklären, und es soll denjenigen, welche in ihre Heimath zurückkehren
wollen, der Abschied umweigerlich ertheilt werden.
Art. XXVI. Gegenwärtige Konvention, deren Ratifikation binnen Sechs
Wochen umgewechselt werden soll, wird von den beiden hohen kontrahirenden Thei-
len zu gleicher Zeit zur genauesten Befolgung publizirt werden, und ist gültig und
geschlossen auf Sechs Jahre, mit stillschweigender Verlängerung bis zu erfolgender
Aufkündiqung, welche sodann jederzeit jedem der kontrahirenden Theile ein Jahr
voraus freistehr. So geschehen Karlsruhe, den 17ten Junius 1810.
(I. S.) K. A. Varnhagen v. Ense. (I. S.) v. Schäffer.
Vorstehende Kartel-Konvention ist von Sr. Königlichen Majestaät uncerm
Oten Julius d. J. raliftziret worden.