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S. 8.
Ist der Amtsanwalt eingeschritten, bevor die polizeiliche Strafverfügung
dem Beschuldigten behändigt worden, so ist die letztere wirkungslos.
S. 9.
Wird bei dem Amtzgericht auf gerichtliche Entscheidung angetragen, so ist
dem Antragsteller eine Bescheinigung hierüber kostenfrei zu ertheilen.
F. 10.
Ist die polizeiliche Strafverfügung vollstreckbar geworden, so findet wegen
derselben Handlung eine fernere Anschuldigung nicht statt, es sei denn, daß die
Handlung keine Uebertretung, sondern ein Vergehen oder Verbrechen darstellt und
daher die Polizeibehörde ihre Zuständigkeit überschritten hat.
In diesem Falle ist während des gerichtlichen Verfahrens die Vollstreckung
der Strafverfügung einzustellen; erfolgt eine rechtskräftige Verurtheilung wegen
eines Vergehens oder Verbrechens, so tritt die Strafverfügung außer Kraft.
. 11.
Gegen Militairpersonen dürfen die Polizeibehörden Strafen nur wegen
solcher Uebertretungen festsetzen, zu deren Aburtheilung im gerichtlichen Verfahren
die ordentlichen Gerichte zuständig sind. Eine Festsetzung von Haft für den Fall
des Unvermögens (§. 1 Absatz 2) findet durch die Polizeibehörde nicht statt.
E. 12.
Das gegenwärtige Gesetz tritt am 1. Juli 1883 in Kraft und in den-
jenigen Landestheilen, in welchen zur Zeit das Gesetz vom 14. Mai 1852 Geltung
hat, an die Stelle dieses Gesetzes und der dasselbe ergänzenden Bestimmungen.
Von diesem Tage ab sind für das weitere Verfahren in denjenigen Sachen,
in welchen eine polizeiliche Strafverfügung noch nicht behändigt ist, die Vorschriften
des gegenwärtigen Gesetzes maßgebend.
G. 13.
Die Minister des Innern und der Justiz haben die zur Ausführung dieses
Gesetzes erforderlichen reglementarischen Bestimmungen zu erlassen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Königlichen Insiegel.
Gegeben Wiesbaden, den 23. April 1883.
(L. S.) Wilhelm.
Fürst v. Bismarck. v. Puttkamer. Mayhbach. Lucius. Friedberg.
v. Goßler. Scholz. Gr. v. Hatzfeldt. Bronsart v. Schellendorff.
(Xr. 8926—8927. 14°