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Die Beschlüsse des Gemeindevorstandes werden nach Stimmenmehrheit und
unter Theilnahnie von mindestens drei Mitgliedern gefaßt. Bei Stimmengleichheit
entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Den Vorsitz führt der Gemeinde-
vorsteher. Ueber dessen Vertretung in Behinderungsfällen hat das Ortsstatut
Bestimmungen zu treffen.
Betrifft der Gegenstand der Verhandlung einzelne Mitglieder des Gemeinde-
vorstandes oder deren Verwandte und Verschwägerte in auf= oder absteigender
Linie oder bis zum dritten Grade der Seitenlinie, so dürfen dieselben an der
Berathung und Entscheidung nicht theilnehmen. Wird hierdurch der Gemeinde-
vorstand beschlußunfähig, so entscheidet der Gemeindevorsteher allein.
Tritt die Beschlußunfähigkeit aus anderen Gründen ein, so hat der Ge-
meindevorsteher eine zweite Sitzung anzuberaumen ergiebt sich auch in dieser keine
Beschlußfähigkeit, so hat der Gemeindevorsteher allein hinsichtlich der auf der
Tagesordnung stehenden Gegenstände Anordnung zu treffen.
K. 0.
Der Gemeindevorsteher ist, sofern er nicht zugleich selbst das Amtsvorsteher-
amt bekleidet, das Organ des Amtsvorstehers für die Polizeiverwaltung.
In dem gleichen Verhältnisse steht der Gemeindevorsteher in der Provinz
Posen zu dem Oistriktskommissarius.
er Gemeindevorsteher hat vermöge dessen das Recht und die Pflicht, da,
wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein sofortiges
polizeiliches Einschreiten nothwendig macht, das dazu Erforderliche vorläufig an-
zuordnen und ausführen zu lassen.
G. 91.
Der Gemeindevorsteher hat insbesondere das Recht und die Pflicht:
1) der vorläufigen Festnahme und Verwahrung einer Person nach den
Vorschriften des F. 127 der Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich
vom 1. Februar 1877 (Reichs-Gesetzbl. S. 258) und des F§. 6 des
Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850
(Gesetz= Samml. S. 45),
2) die unter Polizeiaufsicht stehenden Personen zu beaufsichtigen,
3) die ihm von dem Amtsvorsteher (Distriktskommissarius), der Staats-
oder Amtsanwaltschaft aufgetragenen polizeilichen Maßregeln auszuführen
und Verhandlungen aufzunehmen,
4) die in den §9. 8 ff. des Gesetzes über die Aufnahme neu anziehender
Personen vom 31. Dezember 1842 (Gesetz= Samml. 1843 S. 5) vor-
geschriebene Meldung entgegenzunehmen.