Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1891. (82)

— 262 — 
Die Beschlüsse des Gemeindevorstandes werden nach Stimmenmehrheit und 
unter Theilnahnie von mindestens drei Mitgliedern gefaßt. Bei Stimmengleichheit 
entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Den Vorsitz führt der Gemeinde- 
vorsteher. Ueber dessen Vertretung in Behinderungsfällen hat das Ortsstatut 
Bestimmungen zu treffen. 
Betrifft der Gegenstand der Verhandlung einzelne Mitglieder des Gemeinde- 
vorstandes oder deren Verwandte und Verschwägerte in auf= oder absteigender 
Linie oder bis zum dritten Grade der Seitenlinie, so dürfen dieselben an der 
Berathung und Entscheidung nicht theilnehmen. Wird hierdurch der Gemeinde- 
vorstand beschlußunfähig, so entscheidet der Gemeindevorsteher allein. 
Tritt die Beschlußunfähigkeit aus anderen Gründen ein, so hat der Ge- 
meindevorsteher eine zweite Sitzung anzuberaumen ergiebt sich auch in dieser keine 
Beschlußfähigkeit, so hat der Gemeindevorsteher allein hinsichtlich der auf der 
Tagesordnung stehenden Gegenstände Anordnung zu treffen. 
K. 0. 
Der Gemeindevorsteher ist, sofern er nicht zugleich selbst das Amtsvorsteher- 
amt bekleidet, das Organ des Amtsvorstehers für die Polizeiverwaltung. 
In dem gleichen Verhältnisse steht der Gemeindevorsteher in der Provinz 
Posen zu dem Oistriktskommissarius. 
er Gemeindevorsteher hat vermöge dessen das Recht und die Pflicht, da, 
wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein sofortiges 
polizeiliches Einschreiten nothwendig macht, das dazu Erforderliche vorläufig an- 
zuordnen und ausführen zu lassen. 
G. 91. 
Der Gemeindevorsteher hat insbesondere das Recht und die Pflicht: 
1) der vorläufigen Festnahme und Verwahrung einer Person nach den 
Vorschriften des F. 127 der Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich 
vom 1. Februar 1877 (Reichs-Gesetzbl. S. 258) und des F§. 6 des 
Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850 
(Gesetz= Samml. S. 45), 
2) die unter Polizeiaufsicht stehenden Personen zu beaufsichtigen, 
3) die ihm von dem Amtsvorsteher (Distriktskommissarius), der Staats- 
oder Amtsanwaltschaft aufgetragenen polizeilichen Maßregeln auszuführen 
und Verhandlungen aufzunehmen, 
4) die in den §9. 8 ff. des Gesetzes über die Aufnahme neu anziehender 
Personen vom 31. Dezember 1842 (Gesetz= Samml. 1843 S. 5) vor- 
geschriebene Meldung entgegenzunehmen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.