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(Nr. 9478.) Wegeordnung für die Provinz Sachsen. Vom 11. Juli 1891.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc.
verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages, für die Provinz
Sachsen, was folgt:
Erster Titel.
Von den öffentlichen Wegen im Allgemeinen.
F. 1.
Oeffentliche Wege sind solche, welche zu allgemeinem Gebrauche dienen und
demselben nicht kraft Privatrechts entzogen werden können.
Beschränkungen des allgemeinen Gebrauchs nach der Eigenschaft der Wege
als Fahr- oder Fußwege oder nach der besonderen Bestimmung derselben als
Mühlen--, Kirchen., Schul., Waldzufuhrwege u. s. w. heben die Eigenschaft der
Wege als öfentliche nicht auf.
S. 2.
Dadurch, daß Wege als Koppel--, Feld., Holzwege u. s. w. einer Mchr-
heit (Genossenschaft, Interessentenschaft u. s. w.) zustehen, oder der feldflur= und
forstpolizeilichen Aufsicht unterliegen, wird die Eigenschaft derselben als öffentliche
nicht begründet.
S. 3.
Oeffentliche Fahrwege dürfen von Jedermann zum Gehen, Reiten, Fahren
und zum Viehtransport, öffentliche Fußwege unbeschadet privatrechtlicher Befugnisse
zu einer anderweiten Benutzung derselben nur zum Gehen benutzt werden. Auch
kann durch Beschluß der Wegepolizeibehörde die Benutzung öffentlicher Fußwege
zum Fahren mit Schubkarren, kleineren Handwagen und dergleichen, zum Reiten
oder zum Führen von Vieh gestattet werden.
Gegen die Verfügung der Wegepolizeibehörde finden die Rechtsmittel nach
§ 56 dess Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 statt.
Beschränkungen der Benutzung der öffentlichen Fahr- und Fußwege können
im Interesse der Sicherheit durch Polizeiverordnung angeordnet werden. Dieselben
sind thunlichst durch Warnungstafeln zur öffentlichen Kenntniß zu bringen.
S. 4.
Die Wegebaulast begreift, vorbehaltlich der näheren Bestimmungen dieses
Gesetzes, die Verpflichtung in sich:
1) die Wege anzulegen, zu verlegen und einzuziehen;
2) die Wege dem Verkehrsbedürfniß entsprechend zu unterhalten, zu ver-
breitern und zu verbessern;