Begriff und Umfang der vollziehenden Gewalt. 59
Diese aus dem preußichen Verfassungsrecht entlehnte Begriffs-
bestimmung ist nun natürlich nicht etwa auf Preußen beschränkt
in der Weise, daß bei Erklärung des reichsrechtlichen Kriegs-
zustandes in anderen Bundesstaaten deren Verfassungsgesetze
oder sonstigen authentischen Begriffsbestimmungen maßgebend
sind. Dadurch, daß Art. 68 R. Verf. das preußische Gesetz als
provisorisches Reichsgesetz übernommen hat, hat es dessen Be-
griffe und die Voraussetzungen derselben übernommen. Auch
in den außerpreußischen Bundesstaaten haben daher die ent-
sprechenden Artikel der Verfassungsurkunde insofern Bedeutung,
als sie die Auslegung und die Erläuterung des B. Z. G. bilden
(ähnlich Adam Pr. Verw. Bl. Bd.36 S. 501). Im übrigen entspricht
diese Begriffsbestimmung auch der, die man im allgemeinen
der vollziehenden Gewalt oder der Verwaltung im Deutschen
Reiche gibt (vgl. Mayer, D. Verwalt. Recht 1895 Bd. I S. ff.).
2. a) Eine weitere Erläuterung des Begriffs nach der positiven
Seite ergibt sich aus der Fassung des § 4. Dieser spricht nicht von
der vollziehenden Gewalt irgendeiner Behörde, sondern läßt
ganz allgemein die vollziehende Gewalt auf den Militärbefehls-
haber übergehen. Daraus, in Verbindung mit der Erläuterung
zu 1, ergibt sich, daß auf den Militärbefehlshaber die voll-
ziehende Gewalt in dem Umfange übergeht, wie sie in der
Verfassung dem König selbst beigelegt ist. Sie umfaßt urter
der allgemeinen Einschränkung, daß der Machtbereich des Militär-
befehlshabers auf den ihm zugewiesenen militärischen Bezirk
beschränkt ist, die vollziehende Gewalt aller Behörden, mag ihr
Machtbereich innerhalb desjenigen des Militärbefehlshabers
liegen oder darüber hinausgehen oder mit ihm zusammenfallen:
sie ergreift daher für seinen Bezirk auch die vollziehende Gewalt
der sogenannten Zentralbehörden, der Ministerien, ja sogar die
des Landesherrn und der Senate der freien Städte (so auch
R. G. Entsch. i. Str. Bd. 49 S. 2 und 5, Haenel S. 437, Conrad
Leipz. S. 1915 S. 467, Siebert D. Str. Z. 1915 S. 101 ff., Adam
a. a. O. und Szymanski S. 5; die von letzterem hervorgehobene
Schwierigkeit, die sich beim Ortskommandanten ergeben soll,