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Kindes als pflichtmäßig geboten erscheint. Das Einschreiten kann nicht-
bloß gegen Unarten und Ungezogenheiten nötig sein; es soll das Kind
auch an Gehorsam, an Gewissenhaftigkeit und pflichtmäßiges Verhalten in
den ihm befohlenen Verrichtungen gewöhnt werden, und auch für eine
solche Gewöhnung dürfen die Mittel der väterlichen Zucht angewandt
werden. Wie der Vater freventliches und mutwilliges Verhalten des.
Kindes bei Ausführung der demselben aufgetragenen Dienste ahnden wird,
nicht bloß des angerichteten Schadens wegen, sondern um das Kind vor
weiteren Verfehlungen zu bewahren, so darf dies auch der Dienstherr tun.
Die Wahl der richtigen Zuchtmittel ist Sache des Ermessens. Auch
die Anwendung körperlicher Züchtigung gehört zu den Mitteln väterlicher
Zucht. Dabei ist selbstverständliche Bedingung, daß sie ohne Uebermaß.
also in der Art und Weise geschieht, wie es der Sitte väterlicher Zucht
gemäß ist. «
Das unterzeichnete Ministerium hält für die zweckmäßigste Weise
der Veröffentlichung der vorstehenden Verordnung, von welcher je vier
Exemplare hiebei erfolgen, den Abdruck in den Amts-Anzeigern, giebt
dies jedoch dem Ermessen der Domanial-Aemter anheim. (Vgl. Nr. 132.)
92. Reskript des Unterrichts-Ministerium vom 26. November 1887,
betr. Religionsunterricht und schulfreie Tage.
Die katholischen Schulkinder sind nicht zu verpflichten, in den
Stunden, in welchen evangelisch-lutherischer Religionsunterricht erteilt.
wird, in der Schule anwesend zu sein; vielmehr entspricht es ihrem Be-
kenntnisstande, daß sie erst nach dem Schlusse der Religionsstunde ein-
treten, und, wenn dieser Unterricht nicht in die erste Unterrichtsstunde
fällt, vorher entlassen werden. Sollten jedoch dadurch, daß sie erst nach.
Schluß des Religionsunterrichts in die Schule eintreten, Uebelstände herbei-
geführt werden, so ist ihnen, das Einverständnis ihrer Eltern vorausgesetzt,
zu gestatten, auch während des Religionsunterrichts in der Schulstube an-
wesend zu sein. In diesem Falle liegt dem Lehrer ob, sie durch Stellung
angemessener Aufgaben stille zu beschäftigen.
Daß der zwischen einem auf einem Freitag fallenden Bettage und
dem folgenden Sonntage liegende Sonnabend als schulfrei behandelt wird,
entspricht den gesetzlichen Vorschriften über die Ferien und die sonstigen
schulfreien Tage nicht, kann nur als ein Mißbrauch angesehen und darf
nicht geduldet werden.
93. Revisionsurteil des Strafsenats des Oberlandesgerichts zu Rostock
vom 11. Januar 1890, betr. Schulversäumnisse pp.6
1. In dem vom Angeklagten mittelst frist= und formgerecht ein-
gelegter und gerechtfertigter Revision angefochtenen Urteil des Berufungs-
gerichts der ersten Strafkammer des Großherzoglichen Landgerichts zu S.
vom 9. November v. J., ist Nachstehendes tatsächlich festgestellt. Der
Sohn des Angeklagten C. W., lutherischer Konfession, ist am 24. Sept.