Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1908. (35)

Nr. 69. 619 
2. Ist wegen Abwesenheit des Beschuldigten die vorläufige Einstellung des Strafverfahrens 
beschlossen, so kann von diesem Zeitpunkt an das Dienststrafverfahren eingeleitet oder fort- 
gesetzt werden. 
Artikel 116. 
1 Ist von den Strafgerichten auf Freisprechung erkannt, so findet wegen der Tatsachen, 
die in dem strafrechtlichen Verfahren Gegenstand der Aburteilung waren, ein Dienststraf- 
verfahren nur noch insofern statt, als diese Tatsachen an sich und ohne ihre Beziehung zu 
dem gesetzlichen Tatbestande der strafbaren Handlung, auf die das Strafverfahren sich er- 
streckte, ein Dienstvergehen enthalten. 
2 Die Freisprechung wegen Verjährung im strafrechtlichen Verfahren schließt die Ein- 
leitung oder Fortsetzung eines Dienststrafverfahrens nicht aus, solange die Strafverfolgung 
wegen Dienstvergehens noch nicht gemäß Artikel 113 ausgeschlossen ist. 
3 Ist in einem strafrechtlichen Verfahren eine Verurteilung erfolgt, die den Verlust des 
Amtes nicht zur Folge gehabt hat, so kann von diesem Zeitpunkt an das Dienststrafverfahren 
eingeleitet oder fortgesetzt werden. 
2. Ordnungsstrafverfahren. 
Artitel 117. 
1. Zur Verhängung der Ordnungsstrafen (Artikel 107) sind die vorgesetzten Behörden 
und Beamten zuständig. 
2 Vor der Verhängung einer Ordnungsstrafe ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, 
sich über die ihm zur Last gelegte Verletzung seiner Dienstpflicht zu äußern, sofern nicht die 
Ordnungsstrafe schon vorher für den Fall einer bestimmt bezeichneten Verfehlung angedroht war. 
à -Die Verhängung der Ordnungsstrafe erfolgt unter Angabe der Gründe durch schrift- 
liche Verfügung oder zu Protokoll. 
4 Die näheren Vorschriften über die Zuständigkeit der Behörden und Beamten zur 
Verhängung von Ordnungsstrafen und über das Beschwerdeverfahren werden von der Staats- 
regierung erlassen. 
3. istziplinarverfahren. 
Artikel 118. 
Zur Verhängung der Disziplinarstrafen sind die Disziplinargerichte zuständig. Für 
Dienstvergehen wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift des Artikel 16 sind sie auch 
zuständig, wenn das Dienstvergehen eine Ordnungsstrafe begründet.