9
hat. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob es sich um eine bürgerliche Rechts-
streitigkeit handelt, sei der Umstand, daß die Verpflichtung, zu deren Erfüllung die Beklagte
angehalten werden soll, nicht im öffentlichen Interesse sondern im individuellen rechtlichen
Interesse einzelner Personen zu erfüllen sei. Es sei selbstverständlich, daß die Verpflichtung
einer Gemeinde, einen von ihr geschlossenen Pachtvertrag zu erfüllen, nicht das öffentliche
Interesse, das Gemeinwohl, sondern nur die individuelle Rechtssphäre der Gemeinde als
juristischer Person einerseits und des angeblichen Pächters andererseits berührt. Da es keine
gesetzliche Bestimmung gebe, die die Entscheidung darüber, ob eine Gemeinde einen Pacht-
vertrag und insbesondere einen Jagdpachtvertrag zu erfüllen hat, den Verwaltungsbehörden
oder Verwaltungsgerichten zuweist, seien die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechts-
wegs nach § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes erfüllt. Allerdings erfordere die Entscheidung
darüber, ob die Gemeinde zur Erfüllung des Vertrags verpflichtet ist, auch die Entscheidung
darüber, ob der Vertrag besteht oder nicht. Aber auch bei dieser Frage handle es sich aus
den nämlichen Gründen um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. Folglich hätten, wenn zum
Zustandekommen eines solchen Vertrags die Zustimmung gewisser staatlicher Aufsichtsbehörden
erforderlich ist, die bürgerlichen Gerichte auch darüber zu entscheiden, ob die Zustimmung
erteilt ist oder nicht, denn diese Frage berühre ebenfalls nur die individuelle Rechtssphäre der
Vertragschließenden. Bloß die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die Zustimmung hat
erteilen oder versagen sollen, berühre, da dies von gewissen polizeilichen und finanziellen Rück-
sichten abhänge, nur das öffentliche Interesse; die Entscheidung darüber stehe daher nicht den
bürgerlichen Gerichten sondern den Verwaltungsbehörden zu.
Das Landgericht hatte übrigens schon vor der Fällung des Urteils die Zuständigkeit
der Gerichte für die Entscheidung des Rechtsstreits dadurch in Anspruch genommen, daß es
am 22. Juni 1908 auf Antrag der Kläger eine einstweilige Verfügung erließ, durch die
es „der Gemeinde Z unter Androhung einer Geldstrafe von 100 —X verbot, bis zur rechts-
kräftigen Entscheidung des zwischen den Parteien anhängigen Rechtsstreits ihre Jagd weiter-
zuverpachten“ und „den Klägern gestattete, bis zu diesem Zeitpunkt einstweilen gegen Zahlung
des vereinbarten Pachtpreises die Jagd auszuüben.“
In einer an das Landgericht N gerichteten Entschließung vom 1. Dezember 1908
erklärte die Regierung, Kammer des Innern, der Pfalz, daß sie für die Entscheidung
darüber, ob auf Grund des Vertrags vom 8. Februar 1908 über die Verpachtung der
Gemeindejagd von Z die Kläger zur Ausübung der Jagd im Bezirke der Gemeinde be-
rechtigt sind, ob ihnen daher die Ausübung dieser Jagd zu gestatten ist, den Rechtsweg für
unzulässig erachte. In der der Entschließung beigefügten Denkschrift ist folgendes ausgeführt:
Für die Entscheidung darüber, ob eine nach § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes vor die
ordentlichen Gerichte gehörende bürgerliche Rechtsstreitigkeit vorliegt, komme es darauf an,
3*