Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1910. (76)

Stundung. 
Erlaß. 
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§ 1. (1) Die Bezirkssteuereinnahmen und die Gemeindebehörden werden er- 
mächtigt, auf Antrag im Falle besonderen Bedürfnisses Einkommen= und Ergänzungs- 
steuerbeträge, für die ihnen die Anordnung der Zwangsvollstreckung zusteht, bis zur 
Höchstdauer von vier Monaten von jedem Steuertermine, bei Nachforderungen von 
der Bekanntgabe der darauf gerichteten Verfügung ab zu stunden. Über den Zeit- 
punkt des Abschlusses der Ortsrechnung (§ 96 der Verordnung vom 25. Juli 1900, 
G.= u. V.-Bl. S. 620) hinaus dürfen Gemeindebehörden Stundung nicht be- 
willigen. 
(2) Bei Ausübung der Stundungsbefugnis durch Gemeindebehörden darf das 
Gemeindeinteresse nicht vor dem staatlichen Interesse bevorzugt werden. Ins- 
besondere sollen die Gemeindebehörden wegen der Staatseinkommensteuer Stundung 
nur bewilligen, wenn wegen der zur Zeit der Bewilligung fälligen Gemeindeein- 
kommensteuer eine entsprechende Stundung gewährt wird. Gemeindebehörden, die 
diesen Vorschriften zuwiderhandeln, kann die Stundungsbefugnis durch Verfügung 
des Finanzministeriums entzogen werden. 
§2. Die Bezirkssteuereinnahmen werden ermächtigt, auf Antrag Erlaß von 
Einkommen= und Ergänzungssteuer in Fällen eines außergewöhnlichen Notstandes 
und wegen individueller Verhältnisse bis zum Betrage von 50 M auf die Jahres— 
steuer oder auf einen Nachzahlungsbetrag zu bewilligen. 
§ 3. Den Gemeindebehörden, denen die Anlegung der Kataster und die An- 
ordnung der Zwangsvollstreckung wegen der direkten Staatssteuern übertragen ist, 
kann auf Ansuchen die Befugnis verliehen werden, in Fällen eines außergewöhn- 
lichen Notstandes und wegen individueller Verhältnisse auf Antrag Erlaß von Ein- 
kommen= und Ergänzungssteuer bis zum Betrage von 25 MK auf die Jahressteuer 
oder auf einen Nachzahlungsbetrag zu bewilligen. 
8 4. (1) Jahressteuer im Sinne von §§ 2 und 3 ist der Gesamtbetrag an Ein- 
kommen= und Ergänzungssteuer, der auf grund der allgemeinen Einschätzung oder 
einer Nachschätzung für ein Steuerjahr zu entrichten ist. 
(2) Besteht die Beitragspflicht nicht für die ganze Jahressteuer, so beschränkt sich 
die Erlaßbefugnis auf einen verhältnismäßigen Teil der in 9§ 2 und 3 bezeichneten 
Beträge. 
(s) Einkommen= und Ergänzungssteuerbeträge, die im Nachzahlungsverfahren 
gleichzeitig abgefordert werden, bilden zusammen einen Nachzahlungsbetrag im 
Sinne von §§ 2 und 3.
	        
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