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Gehalt des Katechismus einzuführen und diesen in lebensvoller Behandlung zu
erschließen.
(5) Durch den Unterricht in der Glaubenslehre und in der Sittenlehre auf Grund
der Heiligen Schrift und der hauptsächlichsten Bekenntnisse der Kirche sind die Schüler
zum rechten Verständnisse der wichtigsten Lehren der evangelisch-lutherischen Kirche
und ihres inneren Zusammenhanges und zur Wertschätzung ihrer Kirche zu führen.
Alle unnötige Systematik ist fernzuhalten. Besonders ist die Notwendigkeit und der
hohe Wert christlicher Lebens= und Weltanschauung in möglichst lebendigem Gedanken-
austausche mit den Schülern und unter Verwertung der im übrigen Unterrichte ge-
wonnenen Erkenntnisse zu erweisen; landläufige Einwände sind zu widerlegen und
Zweifel unter Heranziehung apologetischer Schriften zu lösen, Erwärmung des Ge-
mütes und Festigung des religiös-sittlichen Wollens zu erstreben.
(8) Gegenüber anderen Bekenntnissen und ernsten Überzeugungen sind die Schüler
zu gerechtem und maßvollem Urteile und zu einer mit der festen Wahrung des eigenen
evangelischen Standpunktes verträglichen Achtung anzuleiten.
(no) Auf allen Stufen ist nach festzustellendem Plane unter Befestigung des in
der Volksschule erworbenen Besitzes eine mäßige Anzahl von Bibelsprüchen und
Liedern zu behandeln und einzuprägen. Für die Auswahl ist bestimmend, daß die
Sprüche und Liedstrophen einer wichtigen Heilstatsache oder religiösen Erfahrung
oder dem wesentlichen Inhalte einer Unterrichtseinheit (auch eines biblischen Buches)
einen besonders angemessenen Ausdruck verleihen, und daß die innere Aneignung von
den Schülern vollzogen werden kann. In der Auswahl und Verteilung der Kirchen-
lieder ist möglichst Anschluß an das Kirchenjahr und den Gesangunterricht herzustellen.
Bei ihrer auf das Wesentliche zu beschränkenden Behandlung sind Züge aus dem
Leben ihrer bedeutendsten Dichter zu geben, namentlich wenn sie für die Entstehung,
das Verständnis und die Würdigung der Lieder Bedeutung haben (vergl. oben unter
Nr. 4).
(11) Die gelernten Sprüche, Katechismusstoffe und Liedstrophen sind bis in die
obersten Klassen hinauf öfter zu wiederholen und im Unterrichte sowie zum Teil bei
den Andachten (vergl. § 6 Abs. 9) zu verwerten.
(12) Bei Festsetzung der Religionszensur sind die Schüler darüber zu ver-
ständigen, daß nur die Religionskenntnisse beurteilt werden, nicht die religiöse Ge-
sinnung.
(12) Schließlich muß erwartet werden, daß der Religionsunterricht von dem im
Seminare herrschenden Geiste, insonderheit auch von der Pflege christlicher Sitte, unter-
stützt, und daß auch in anderen Fächern dazu beigetragen werde, die Einheit der
religiös-sittlichen Bildung der Schüler zu wahren und zu fördern.
1915. 12