205] 8 19. Die Feststellung des Budgetgesetzes. 301
Abänderung oder Ausserkraftsetzung der zu Grunde liegenden
Gesetze beabsichtigt oder thatsächlich herbeiführt. Der Bun-
desrath ist nicht berechtigt, das mit einer solchen Absetzung
oder Herabsetzung amendirte Budget zu verwerfen.
Der Grund der rechtlichen Unmöglichkeit der Verwerfung
liegt hier wie in allem Vorhergehenden auf der Hand.
Das Zustandekommen des Budgetgesetzes ist verfassungs-
mässige Nothwendigkeit. Dasselbe darf daher, wenn die Ver-
fassung nicht im Sinne eines vollen und unlösbaren Wider-
spruchs ausgelegt wird, nicht einseitig an Bedingungen ge-
knüpft werden, deren Erfüllung von der andern Seite nicht
als verfassungsmässige Pflicht gefordert werden kann.
So wenig es für das Budgetgesetz ein freies Amen-
dirungsrecht und damit ein freies Bewilligungsrecht
des Reichstages giebt, so wenig giebt es verfas-
sungsmässig ein freies Verwerfungsrecht des
Bundesrathes.
3. Was von den einzelnen Einnahmen und Ausgaben
gilt, das gilt von dem Budgetgesetz im Ganzen.
Es giebt nach dem unbedingten Wortlaut des Artikel 69
weder für den Reichstag noch für den Bundesrath ein Recht
der Verweigerung oder der Verwerfung des Budgets
als solchen und im Allgemeinen, d. h. aus Gründen,
welche sich nicht auf Verletzung der besondern Pflichten
des andern Theiles, deren Einhaltung eigenes verfassungsmässi-
ges Recht ist, stützen können und wollen.
Allerdings, das ist auch auf dem Boden des strengsten
Rechtes unzweifelhaft, dass ein Staatsorgan, das zu seinem
Machtvortheile einen Theil der Verfassung bricht, niemals und
gegenüber Niemand ein Recht auf verfassungsmässigen Gehor-
sam gegen die andern Theile der Verfassung beanspruchen
kann, die ihm Schutz und Mittel zur Begehung oder Auf-
rechterhaltung seines Verfassungsbruches gewähren. Aber die
Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Wir-
kungen es auch ein Recht staatsrechtlicher Nothwehr giebt,
ist schlechterdings keine Frage, die aus der Eigenthümlichkeit