Jagdherr Graf Philipp Eulenburg standen im Verdacht, gegen
Caprivi beim Kaiser mit Hilfe des Artikels der Kölnischen Zei-
tung intrigiert zu haben. Aber der Artikel lag in Liebenberg noch
nicht vor und kam dem Kaiser erst nach seiner Rückkehr nach
Berlin zu Gesicht. Der Kladderadatsch brachte in seiner nächsten
Nummer ein Bild, auf dem jene beiden als Giftmischer darge-
stellt n#en Holstein, der Dritte im Bunde, fehlte, weil er nicht
mit in Liebenberg war. Es wäre aber auch schwer gewesen, ihn
bildlich darzustellen, da überhaupt keine Photographie von ihm
eristierte, und das einzige Konterfei von ihm, auf dem Kongreß-
bilde von Anton v. Werner, sehr veraltet und dem Zeichner wahr-
scheinlich unbekannt war. Erst zur Zeit der Holstein-Krisis ist es
einem verwegenen Knipser auf der Straße gelungen, die graue
Eminenz auf die BMlatte und in ein illustriertes Blatt zu
bringen.
Bei seinem Abschied erhielt Graf Caprivi die Brillanten zum
Schwarzen Adlerorden als geichen der Dankbarkeit für treue
Dienste, wie es in dem begleitenden Handschreiben hieß. Auf
die Veröffentlichung des Schreibens legte er keinen Wert, weshalb
sie unterblieb. Nach seiner Abreise von Berlin habe ich den Grafen
Capxrivi nicht wieder gesehen und von ihm außer einem Gruß
aus Montreur nichts mehr gehört. Er hinterließ viele Gegner,
manchen Verehrer, wenige Freunde und gewiß keinen persönlichen
Feind. Sein einfaches, aufrechtes, offenes Wesen mußte jeden,
der ihm nähertrat, für ihn einnehmen. Mit dem scharfen Ver-
stand, der dem Juristensohn eigen war, und seinem ungewöhn-
lichen Fleiß konnte er alles Neue rasch erfassen und sich in jede
Aufgabe rasch einarbeiten. Er hatte viel gelesen und verfügte na-
mentlich über einen reichen Vorrat geschichtlicher Kenntnisse. Sein
Lebtag hatte er ein einfaches Leben geführt und war stolz darauf.
Als die Fabel von den 400 000 Mark, die er bei einem Bank-
bruch eingebüßt haben sollte, wieder in der ihm feindlichen Presse
auftauchte, schickte er mir mit Bleistift auf ein Folioblatt hin-
geworfene Notizen, die im Wortlaut folgen mögen, da sie seine
Sinnesart kennzeichnen:
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