Full text: Der neue Kurs.

ausblieb, setzte sich das Geraune über die geheime Fondsgeschichte 
weiter fort, bis endlich im Oktober 1895 der wahre Sachverhalt 
in einer von sämtlichen Mitgliedern des preußischen Staatsmini- 
steriums unterzeichneten Erklärung dargelegt wurde. Daß die Ge- 
schichte in Friedrichsruher Gesprächen angerührt worden war, ist 
sicher, wenn auch die Hamburger Nachrichten nichts mit der Ver- 
öffentlichung im Wiener Tagblatt zu tun haben wollten. Fürst 
Bismarck selbst verhielt sich passio und ließ auch die heftigen Vor- 
würfe, die ihm selbst als Verwalter des Welfenfonds gemacht 
wurden, stillschweigend vorübergehen. 
So gering auch der Wert dieser Menschlichkeiten für die 
Würdigung der historischen Persönlichkeit Bismarcks sein mag, so 
dürfen sie doch nicht vergessen werden, wenn man die Lage und 
das Verhalten seines Nachfolgers mit einiger Billigkeit beurteilen 
will. Auf der einen Seite standen die alten Gegner des Altreichs- 
kanzlers, viele durch den Vorwurf der Neichsfeindschaft Verwun- 
dete, die froh waren, den Druck des Kolosses loszusein, auf 
der anderen die Getreuen, beklommen in dem Gefühle, nun nicht 
mehr unter seinen Riesenbeinen zu wandeln. Die Getreuen aber 
schieden sich allmählich in zwei Gruppen: Die einen stritten, die 
anderen litten, und diese waren nicht die schlechtesten Patrioten. 
Dreizehn Monate nach dem Bruch zwischen Kaiser und Alt- 
reichskanzler trauerte die Nation an der Bahre Moltkes, des anderen 
ganz Großen aus der geit der Begründung des Reiches. Er war 
glücklicher und hat es der Nation leichter gemacht, seine Person 
und seine Verdienste einmütig zu verehren und zu preisen. Für 
Moltke gab es keine politischen Aufregungen, sein indioviduelles 
Leben floß in beneidenswertem Gleichmaß dahin, es war ein reines, 
der Wissenschaft seines Berufs ganz hingegebenes Forscherleben. 
Wie bezeichnend ist es, daß die wenigen Anekdoten, die von dem 
großen Schweiger existieren, von dem Gleichmut seiner Seele in 
den großen Momenten der Schlacht Zeugnis ablegen! Für ihn 
galt nur die Leistung, nur die Tat, nicht die Person. Manche 
seiner Untergebenen haben sich zuweilen im stillen beklagt, daß 
sie in kein nahes persönliches Verhältnis zu ihm kommen konnten 
12
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.