Full text: Um den Kaiser.

alles aus der Nähe der Majestäten perverse Neigungen nachzuweisen 
seien. Dem Fürsten Eulenburg wurde bedeutet, daß sein Erscheinen 
bei Hofe bis auf weiteres nicht erwünscht sei. General von Hahnke 
war sogar dafür, ihm sogleich den Schwarzen Adler zu entziehen. 
Der Stadtkommandant und der General à la suile Graf Wilhelm 
Hohenau wurden aufgefordert, Klage gegen Harden anzustrengen 
und sich vor Gericht zu rechtfertigen. Graf Hohenau zog es vor, es 
nicht auf gerichtliche Erörterungen ankommen zu lassen, sondern 
sofort zu verschwinden. Der Stadtkommandant ging in den einst- 
weiligen Ruhestand und erhob nach einem vergeblichen Versuche, 
durch einen verspäteten, den Weg der sachlichen Aufklärung ver- 
dunkelnden Ehrenhandel die Sache aus der Welt zu bringen, Beleidi- 
gungsklage bei dem bürgerlichen Gericht. 
Dieser Entschluß war begreiflich, aber in seinen Folgen äußerst 
verhängnisvoll. Kamen die bisher nur angedeuteten Enthüllungen 
erst unter Beweis vor Gericht, so war nicht abzusehen, welcher Nie- 
senskandal daraus entstehen würde, und niemand hatte mehr die 
Macht, im Kaiser= und Reichsinteresse die Aufwühlung des übelsten 
Schmutzes aufzuhalten. Es dauerte gut zwei Jahre, daß sich die 
Welt in einer Reihe von Prozessen immer wieder mit diesem Sumpf 
zu beschäftigen hatte. 
Ich denke natürlich nicht daran, noch einmal in den Pfuhl 
hineinzusteigen, und beschränke mich darauf, den äußeren Verlauf, 
mit Einschluß der wiederholt von der Justiz geleisteten Seltsamkeiten, 
zu skigzzieren. 
In dem ersten Verfahren Moltke gegen Harden vor dem 
Schöffengericht (Oktober 1907) ist der Verteidigung weitester Spiel= 
raum gelassen. Die Probe, die Harden von seinem auch von zünftigen 
Juristen anerkannten Scharfjsinn und von seiner forensischen Bered- 
samkeit ablegt, gelingt vollkommen. Das Tribunal wird zur Szene. 
Harden muß sich gefallen lassen, in der Tagespresse daran erinnert 
zu werden, daß er seine Laufbahn als Schauspieler begonnen hat. 
Schlußergebnis: Freispruch, Triumph des Angeklagten. 
Der Staatsanwalt, der vorher den Antrag Moltkes, Anklage 
im öffentlichen Interesse zu erheben, abgelehnt hat, greift nun ein, 
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