Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

156 Otto Schwarz, Die öffentlichen Kredite. BE 
  
Bisher ist es in der Tat gelungen, die reichsgesetzlich angeordnete Tilgung in den Etats 
aufrecht zu erhalten, und es ist zu hoffen, dass dies auch in der Zukunft geschehen könne. 
Neuerdings haben sogar noch über dieses Mass hinaus erhebliche ausserordentliche 
Tilgungen aus Überschüssen im Reichsetat und bei den Überweisungssteuern stattgefunden. 
S. dazu R.G. vom 15. Juli 1909 $ 3 (RGBl. S. 743), v. 21. 3. 1910 $ 6 (RGBl. S. 525) 
u. RG. v. 7. 4. 1911 $ 4 (RGBl. S. 113). — 
Die Übernahme (Emission) von Anleihen erfolgt in Deutschland in der Regel durch ein 
Konsortium auf eigene Rechnung. Dabei hät sich im Laufe der Zeit, beginnend 
mit den 50er Jahren, für preussische und später auch für die Reichsanleihen eine gewisse feste 
und dauernde Gruppe von Banken gebildet, die regelmässig die Staats- und Reichsanleihen zu 
übernehmen pflegen. Es ist das sog. „Preussenkonsortium“, welches im Laufe der 90er Jahre 
erheblich erweitert wurde. 
Die Verwaltung der Reichsschulden lässt sich nur zugleich mit der Verwaltung der 
preussischen Staatsschuld darstellen. Für Preussen fungiert auf Grund des Ges. v. 24. 2. 1850 
(GS. S. 57) als Verwaltungsorgan für die Verwaltung der Staatsschulden die Hauptver- 
waltung der Staatsschulden, welche als eine von der allgemeinen Finanzverwaltung 
abgesonderte, selbständige Behörde unbedingt verantwortlich ist für An- und Ausfertigung, sowie 
Ausgabe der Staatsschuld hreibungen (Konsols) und Zinsscheine, für die regelmässige Ver- 
zinsung, für die vorgeschriebene Tilgung, für Löschung, Kassation und Aufbewahrung der ein- 
gelösten sowie der behufs Eintragung ins Staatsschuldbuch eingereichten Schulddokumente, 
endlich dafür, dass sie nicht über den Betrag der gesetzlich genehmigten Anleihedokumente hinaus 
ausgegeben werden. Nur soweit es mit dieser unbedingten Verantwortlichkeit vereinbar ist, unter- 
liegt die H. d. St. der oberen Leitung des Fin. Min. (Ges. v.24.2.50 881,6 u. v. 20. 7. 83 8 23). 
Im übrigen ist ihre Aufgabe Verwaltung der Staatsschuld und der zu diesen Zwecken ihr 
überwiesenen Mittel, An- und Ausfertigung, Ausweisung, Wiedereinziehung der Schulddokumente, 
Einrichtung von Staatsgarantien, Ermittelung und Verfolgung von Fälschungen pp. und endlich 
Führung des Staatsschuldbuchs. 
Sie ist eine kollegiale Behörde. Präsident und Mitglieder werden vom König ernannt und 
leisten vor dem Ob.Verw.Ger. einen Eid auf die besonderen Pflichten ihres Amts nach gesetzlich 
bestimmter Formel. Als nachgeordnete Organe sind ihr unterstellt 1. Die Kontrolle der Staats- 
papiere 2. die Staatsschuldentilgungskasse, 3. das Stastsschuldbuchbureau. 
Die parlamentarische Kontrolle über die Hauptverw. d. Staatssch. bezieht sich nur auf die 
ihrer eigenen Verantwortlichkeit unterliegenden Geschäfte und ist eine fortlaufende, 
durch die Stastsschuldenkommission ausgeübte. Letztere besteht aus je 3 auf 3 Jahre gewählten 
besonders vereidigten Mitgliedern der beiden Häuser des Landtags und dem Präsidenten der O.R.K. 
Alljährlich hat sie dem Landtag über ihre Tätigkeit und die Verwaltung des Schuldenwesens 
schriftlichen Bericht zu erstatten. 
Unter dem Titel „Reichsschuldenverwaltung“ hat die H. d. St. zugleich auch die 
Reichsschuld zu verwalten. Die Funktionen des Fin. Min. hat hier der Reichskanzler, 
diejenigen der Staatsschuldenl ission die Reichsschuldenl ission zu übernehmen, welche 
letztere aus dem Vorsitzenden des Ausschusses des Bundesrats für das Rechnungswesen oder 
einem Stellvertreter des Vorsitzenden und 5 vom Bundesrat alljährlich gewählten Mitgliedern des 
Rechnungsausschusses, 6 vom Reichstag gewählten Mitgliedern und den Präsidenten des Reichs- 
rechnungshofes besteht. Ihr Bericht ist dem Bundesrat und demReichstage zu erstatten. (Reichs- 
schuldenordnung v. 19. März 1900 $$ 9—15). 
Zur Zuständigkeit der Hauptverwaltung der Staatsschulden in Preussen und der Reichs- 
schuldenverwaltung gehört auch die Verwaltung des preussischen Staats- und des Reichs- 
schuldbuches. 
Hinsichtlich der Einrichtung des Schuldbuchs sind für Preussen die Gesetze v. 20. 
7.83 (GS. S. 120) v. 21.4. 86 u. 8.6.91 (GS. S. 124 bezw. 105) v. 24.7.04 (GS. 8. 167) und v. 
22.6. 1910 (GS. 8.47), für das Reich die R.Gesetze v. 31. 5. 91 (RGBI. S. 321) v. 28. 6.04 (RGBI. 
8. 251) und v. 6. 5. 1910 (RGBl. S. 665) massgebend.
	        
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