122 Anthoine — Antichrefis.
ist : oder konnte er es wenigstens leicht voraussehen, was erfolgte? Dabei muß
man sich hüten vor Annahme einer kulposen A. 5) Wenn Jemand einen An-
deren zu einem Verbrechen anstiftet, welches der Anstifter selbst gar nicht als
Thäter begehen könnte, weil ihm die hierzu nöthigen Eigenschaften fehlen, also
wenn z. B. ein Nichtbeamter einen Beamten zu einem Amtsverbrechen, eine
Frau einen Mann zur Nothzucht anstiftet, so wollen manche Schriftsteller in dieser
A. irriger Weise nur intellektuelle Beihülfe erblicken (so Marezoll, Köstlin,
Krug, Geib u. A.). Der „geistige Vater der That“ ist aber kein bloßer Gehülfe.
Die persönlichen Verhältnisse des Thäters, welche sich in dem Verbrechen objek-
tiviren (die „objektiv-persönlichen Verhältnisse“), wirken also auch auf den Anstifter,
während die rein subjektiven Verhältnisse (z. B. Jugend, Rückfall, Gewohnheit
u. dgl.) bei Thäter und Anstifter (wie bei jedem Theilnehmer) besondere selbst-
ständige Würdigung finden müssen. — Endlich heben wir noch zwei Begriffe
hervor: Mittelbare A. — A. zur A., und Mitanstiftung, gewöhrlich
Miturheberschaft im engeren Sinne oder intellektuelle Miturheberschaft genannt, —
gemeinschaftliche, durch bewußtes Zusammenwirken Mehrerer geschehende A.
Lit.: Stübel, Ueber die Theilnahme mehrerer Personen an einem Verbr., 1828. —
Kitka, Ueber das Zusammentreffen mehrerer Schuldigen bei einem Verbr., 1840. — Berner,
Die Lehre von der Theilnahme am Verbr., 1847. — v. Buri, Zur Lehre von der Theil-
nahme 2c., 1860. — Geyer, Erörterungen über den allgem. Thatbestand 2c., 1862, bef. S. 102 ff.
— v. Bar, Zur Lehre von Versuch und Theilnahme am Verbr., 1859. — Langenbeck,
Die Lehre von der Theilnahme am Berbr., 1868. — Schütze, Die nothwendige Theilnahme
am Verbr., 1869. — Geyer in v. Holtzendorff's Handb. II. S. 335 ff. und IV. S. 142 ff.
— Herzog in der D. Strafrechtszeitung, 1871 S. 259 ff., 1872 S. 220 ff. und im Gerichts-
saal 1872, 1874 und 876; ferner Gamp ebd. 1875, Ortmann und v. Buri edd.
1876, G. Herbst ebd. 1877. — J. Köhler, Bad. Ann., 39 und 40. — Ortmann in G.
A. 1874. — v. Buri ebd. 1876. — v. Wächter, Sächs. G.-Z. 1876, S. 1 ff. — Neuestens
ist der Begriff der Theilnahme, insbesondere die Annahme, daß Theilnahme von Thäterschaft
zu trennen sei, in scharfsinniger Weise bekämpft von Getz, Om den saakaldte Delagtigheit ie
Forbrydelser (Ueber die sogenannte Theilnahme an Verbr.), Christiania 1875, und von
J. Forsman, Grunderna for laran om delakdigheit i drott., Helsingfors 1879.
Straf GBB.: D. Straf GB. §s#§ 48, 50. — Oesterreich. §§8 5, 9, 44 litt. d. u. e, 239,
269 k. —. Oesterr. Entw. I. §§ 173, 226; II. 171, 221, Abf. 1. A. Geyer.
Anthoine de St. Joseph, 5 1794 zu Marseille, 1834 juge au tribunal
de la Seine, y 1853.
Schriften: Concord. entre les codes civils étrangers et le Cod. Nap., 1841. (2) 1856;
entre les lois hypothéc., 1847; entre les codes de commerce, 1851.) — Manuel de
Pétranger en Angleterre, 1852. — Revue de droit franç. et étranger, IV. 47. 222.
Lit.: Rerue de Lgislation 1853, III. 1033—1035. Teichmann.
Antichrefis, eigentlich Austausch von Nutzungen überhaupt, bezeichnet nach
gemeinrechtlicher Terminologie speziell die dem Darlehnsgläubiger als Aequivalent
für die Kapitalnutzung anstatt der Zinsen eingeräumte Nutzung bestimmter Ver-
mögensobjekte. Sie bildet in der Regel den Inhalt einer Nebenverabredung beim
Piandvertrage, ist aber auch unabhängig von eigentlicher Verpfändung einer Sache
denkbar und zulässig. Streng davon zu unterscheiden ist die dem Gläubiger
übertragene Einziehung der Früchte eines Pfandes, mit der Maßgabe, sich die-
selben auf die in Geld festgesetzten Zinsen anrechnen zu lassen, während der Ueber-
schuß entweder herauszugeben oder vom Kapital abzuziehen ist. Hier erfolgt der
Fruchtbezug in Vertretung und für Rechnung des Schuldners, bei der A. aus-
schließlich im Interesse des Gläubigers, der etwa die Stellung eines Usufruktuars
einnimmt und von Rechnungslegung befreit ist. Die sog. a. tacita, das Recht des
Gläubigers, auch bei ursprünglich zinslosem Darlehn den Pfandvertrag bis zur
Höhe der gesetzlichen Zinsen innezubehalten, gehört deshalb nicht hierher. Eine
generelle Verpflichtung des antichretischen Gläubigers zur Rechnungslegung hat
man ganz unzulässiger Weise aus den gesetzlichen Zinsbeschränkungen deduziren
wollen: für Anfechtung wegen verdeckten Wuchers können bei der A. nur dieselben
Regeln gelten, wie bei jedem anderen Geschäfte. — Auch in den neueren Gesetz-