Die Nachfolger Chlodwigs. 19
Könige nahmen zunächst 3000, bald auch die meisten anderen Franken
das Christentum an. Daß es noch sehr roh aufgefaßt wurde, ersieht
man z. B. aus der Erzählung, wonach Chlodwig auf die Vorlesung
von Christi Leidensgeschichte geäußert haben soll: „Wenn ich mit
meinen Franken dabei gewesen wäre, so würde ich ihn gerächt haben!“
Durch diesen Übertritt erhielt aber das neue Reich einen festen Be—
stand; denn alle seine Bewohner, Germanen und Romanen, bekannten
sich hier zu derselben katholischen Kirche, die Ordnung und gute
Sitte verbreitete und eine geistige Verschmelzung der beiden Nationen
herbeiführte.
[Vereinigungaller Franken.] Sehr hinterlistig und grausam
war auch die Art, mit der Chlodwig alle übrigen Könige der Salier
und Ripuarier aus dem Wege räumte und sich selbst zum alleinigen
Beherrscher sämtlicher Franken machte.
Die Nachfolger Chlodwigs. [Außere Mehrung, innerer
Verfall des Reiches.] Unter den Nachfolgern Chlodwigs, zunächst
unter seinen vier Söhnen, wurde das Frankenreich noch bedeutend
vergrößert, und zwar 1. durch das südliche Thüringen!), 2. durch
Burgund, 3. durch Alemannien, über das fränkische Herzöge ge-
setzt wurden, und 4. durch Bayern, das aber seine erblichen Volks-
herzöge 2) behielt. Trotz dieser großen äußern Macht sank das An-
sehen der Merowinger immer mehr, denn 1. wurde das Reich jedesmal
unter allen männlichen Erben geteilt und nur zweimal noch auf kurze
Zeit vereinigt; 2. herrschten zwischen den Gliedern des Königshauses
beständige Fehden, die namentlich unter den Königinnen Fredegunde
(in Soissons) und Brunhilde (in Metz) zu einem furchtbaren Rache-
kriege ausarteten; 3. fielen die verschiedenen Landesteile immer mehr
nach ihren Nationalitäten auseinander: Austrasien (Ostland) war
überwiegend germanisch, Neustrien (Westland) dagegen und Burgund
überwiegend romanisch.
Die Derfassung und Derwaltung. König und Volk.] Aus
dem ursprünglichen Volkskönigtum hat sich bei den Merowingern das
Reichskönigtum entwickelt, das über mehrere germanische Stämme
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1) Das nördliche Thüringen erhielten die Sachsen, die bei der Unter-
werfung Hilfe geleistet haiten.
2) Diese Volksherzöge sind nicht etwa die im 8 2 Abs. 1 erwähnten Ober-
könige, sondern vielmehr Unterkönige, die zur Heeresfolge verpflichtet sind, sonst
allerdings fast volle Selbständigkeit genießen.
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