Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

finden, während der bei weitem größere Theil 
der Ländereien unbebaut ist und im Natur- 
zustande belassen wird. Auch wird Weberei, 
Töpserei und etwas Schmiedearbeit, selbst im 
Innern des Landes von den Leuten betrieben, 
während an der Küste durch den Verkehr mit 
den dort seit langer Zeit angesessenen enro- 
päischen Kaufleuten Zimmerleute, Böltcher, 
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Gründung einer lebensfähigen und rentablen 
Schneider 2c. mit ziemlichem Geschick ihr Hand- 
werk treiben. Wie bei fast allen Negervölkern, 
so macht sich auch bei den Ewe-Leuten eine 
start ausgeprägte Neigung für den Handel 
bemerkbar. 
Obgleich wie gesagt der bei weitem größere 
Theil der Ländereien vollständig brach liegt, 
so giebt es herrenloses Land im wahren Sinne 
des Wortes doch nicht, indem die Häuptlinge 
allen unbebauten Grund und Boden als ihr 
Eigenthum in Anspruch nehmen, wenigstens 
sobald von irgend einer Seite darauf reflettirt 
wird. Es sind also mit diesen die Abmachungen 
wegen Ueberlassung von Land zu tressen, und 
zwar in Form von Pachtverträgen, da der 
thatsächliche Erwerb von Grund und Boden 
für Fremde den Rechtsgewohnheiten des Negers 
meistens widerspricht. Diese Pachtverträge, 
versehen mit der Bestimmung, daß dieselben 
zwar von Seiten des Pächters, aber niemals 
von Seiten des Verpächter s§ aufgehoben werden 
können, lassen ersteren in den uneingeschräntten 
Besitz des Landes treten, und zwar ohne daß 
derselbe eine namhafte Summe als Aulage- 
lapital zu opfern braucht. Die Pacht oder 
besser gesagt Rente ist so gering, daß sie in 
dem Unlostentonto einer Plantagenwirthschaft 
gar leine Nolle spielt. 
Wenn sich nun auch der Grund und Boden 
seiner Fruchtbarleit halber ganz vorzüglich zur 
Ackerwirthschaft eignet, wenn serner auch das 
Klima dem Europäcr bedingungsweise den 
Aufenthalt in diesem Tropenlande gestattet, so 
ist doch vor der Hand an eine Kolonisirung 
durch europäische Einwanderer nicht zu denken, 
indem dieselben erstens eine ganz veränderte 
Lebensweise annehmen müßten und zum Andern 
eine angestreugte Thätigkeit — die Haupt- 
bedingung im Kleinbetriebe der Landwirthschaft 
— für sie ausgeschlossen ist. Es lann also von 
der Nutzbarmachung dieser Kolonie durch den 
Ackerbau nur in Verbindung mit der Betheili- 
gung des Großlapitals die Rede sein. Es soll 
indeß hiermit leineswegs gesagt sein, daß zum 
Betriebe des Ackerbaues hierselbst die Bildung 
großer Gesellschaften unbedingt nothwendig ist, 
genügt vielmehr Kapital, welches einen 
Wirthschaftsbetrieb im größeren Maßstabe ge- 
es 
stattet. Wenn ich auch nicht in der Lage bin, 
dies ziffernmäßig nachzuweisen, so halte ich zur 
Plantagenwirthschaft 50 bis 60 Tausend Mark 
für hinreichend. 
Eine der wichtigsten Fragen im Betriebe 
eines Plantagenunternehmens ist die Arbeiter- 
frage. Für das Togo= Gebiet ist dieselbe 
entschieden dahin zu beantworten, daß die 
Verhältnisse in dieser Beziehung hier günstiger 
liegen als in irgend einem anderen Tropen- 
lande: da der Ewe-Neger eben selbst etwas 
Ackerbau treibt, so erübrigt nur, demselben die 
allerdings von der seinen bei weitem ab- 
weichende enropäische, d. h. vollkommenere Art 
des Ackerbaues beizubringen. Daß sich die 
Leute gern in den Dienst des Europäers 
stellen, beweist, daß die Faltoreiverwaltungen 
an der Küste nie Mangel an Arbeitskräften 
haben, obgleich der durchschnittliche Lohnsatz 
nur 75 Pfennige pro Tag beträgt, welcher sich 
noch um 20 pCt. durch Auszahlung in Waaren 
verringert. Es liegt allerdings im Volks- 
charatter der Leute, wieder eine Zeit lang zu 
bummeln und das Verdiente in aller Beschau- 
lichkeit zu verzehren, nachdem sie eine Zeit lang 
gearbeitet haben, indeß giebt es doch auch 
Ausnahmen von dieser Regel, so daß sich im 
Lause der Zeit ein guter Stamm von Arbeitern 
auf einer Plantagenwirthschaft heranbilden läßt. 
Um jedoch einem plötlichen und vollständigen 
Mangel an Arbeitskräften, welcher aus an- 
geführtem Grunde doch einmal eintreten könnte, 
vorzubengen, sov würdc es sich empfehlen, sich 
nicht allein auf die Annahme von Ewe-Negern 
zu beschränlen, sondern gleichzeitig eine Kolonne 
von „Wei Leuten“ — einem Vollsstammc an der 
liberianischen Küste — zu engagiren. Dieselben 
sind ganz vorzügliche Arbeiter, namentlich für 
Plantagenbau. Sie verdingen sich stets auf 
ein Jahr, und zwar in der Regel gegen Be- 
löstigung und 12 bis 16 Mark baar pro 
Monat. Ta sie den Lohn erst nach Ablauf 
ihres Dienstverhältisses zu beanspruchen haben, 
so ist ein Bruch ihres Engagements nie zu 
befürchten. Außerdem arbeiten die Leute nicht 
aus eigenem Antriebe, sondern sie verdiugen 
sich auf Anordnung ihres Häuptlings, an 
welchen sie einen Theil ihres Verdienstes, ge- 
wöhnlich den Lohn für zwei Monate, abgeben 
müssen. Daß in Folge dieses Verhältnisses 
eine gewisse Disziplin in einer solchen Kolonne 
besteht, was ihre Brauchbarkeit wesentlich er- 
höht, liegt auf der Hand. 
Beim Engagement von älteren Leulen ist 
eine gewisse Vorsicht besonders geboten, indem 
dieselben einen ganz unglaublichen Einfluß auf 
jüngere haben und je nach ihren Eigenschaften 
vortheilhaft oder unvortheilhaft durch gegebene 
Beispiele auf dieselben eimoirken. Wenn auch
	        
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