Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

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Gallenwege erkrankt. Ich behandelte ferner 
zwei schwere Fälle von Rheumatismus, welche 
Krankheit die Leute für mehrere Monate arbeits- 
unsähig machte. Die Erkranlungen durch den 
Guineawurm sind unter den Popo Arbeitern 
häufig; sie haben aber ihren Ursprung siets 
an der Küste oder auf dem Wege. Ebenfalls 
auf früheren Ursprung sind einige häßliche Fälle 
von Yaws zu schreiben, wie auch manche der 
großen Unterschenkelgeschwüre. Indessen sind 
Yaws und tiese Geschwürc auch unter der ein- 
heimischen Bevölkerung häufig. Zu Anfang 
dieses Jahres herrschten im benachbarten Jegge 
die Pocken, ohne indessen größere Ausdehnung 
oder bösartige Form anzunehmen. Bei mehreren 
schweren Fällen von Ruhr mußte ich helfend 
einschreiten. Mehrmals traf ich auf ausge- 
sprochen lungenkrante Leute, wie überhaupt 
Erkrankungen der Athmungsorgane häufig ge- 
ung sind. Kontu, unser bester Freund, hatte 
Monate lang mit einer schweren Lungenent- 
zündung zu lämpfen. 
Die Geschichte dieser Krankheit verdient ein 
eigenes Kapitel. Schon bald nach der Ketschenli- 
Asfaire ausgebrochen und aller Behandlung 
trotzend, wurde sie von Kontus Familie, be- 
sonders seinen älteren Brüdern, Abötri von 
Perön und Akontu von Odomi, sowic dem 
zu Kontu haltenden Theil der Adcli-Bevölke- 
rung einer durch dic beiden obersten Fetisch- 
leute, Nunu Elisi von Pereu und Cojö 
von Ketschenli, bewirkten Vergiftung zuge- 
schrieben. Als Letzterer dann unvorsichtig geung 
war, sich in der Betrunkenheit Kontu gegen- 
über den Anschein zu geben, als wisse er etwas 
über dessen Krankheit, forderte die Partei des 
Leßteren stürmisch vom alten Cojö den Beweis 
seiner Unschuld an diesem Krankheitsfall. 
Als aber der alte Abötri mit den be- 
waffneten Jegge= und Odomi-Leuten bereits 
auf dem Wege war, dieser Forderung in Ket- 
schenki Nachdruck zu geben, schritt ich ver- 
mittelnd ein. Cojc vermochte sich in öffent- 
licher Versammlung auf der Station ziemlich 
von dem Verdacht zu reinigen, die Fetischfrau 
Nunu trank später — ohne daß ich davon 
wußte — Nkassagist. Um den damals schwer- 
kranken Kontu vor seinen Feinden zu schützen, 
behielt ich ihn auf der Station, ihn sorgsam 
pflegend, was auch nach Wochen von bestem 
Erfolg gekrönt war. Als er dann aber, trotz 
meiner dringenden Abmahnungen, nach „Jegge 
zurückkehrte, dort seinen Opferpflichten obzu- 
liegen, trat sofort eine derartige Verschlimme- 
rung ein, daß er wiederum als letzte Rettung 
die Station aufsuchte. Er erschien mir zur 
damaligen Zeit nahezu hoffnungslos, und so 
war ich auch nicht erstaunt, bei meiner Rück- 
  
kehr von Scogode zu ersahren, daß Kontu 
dic Station verlassen, um nach eigenem Willen 
in Peréu, in dessen Fetischwald sich der Sit 
des Adeli-Gottes Nüjo befindet (während 
Avurstö im Hain von Dipongo wohnt), zu 
sterben. Ich suchte Kontu sofort auf und 
fand seinen Zustand gegen früher ziemlich un- 
verändert. Trotz der Entsernung wurde die 
Behandlung, vorzüglich mit Ipecacnuanha und 
Ozuonwasser, sortgesetzt, und zu meiner eigenen 
sowie Jedermanns Ueberraschung ist die Monate 
lange Krankheit endlich gewichen. Nach Kontus 
eigener, wie allerdings auch meiner Meinung 
wäre er längst ein todter Mann — ohne die 
Station. Das Verdienst der letzteren dürfte 
im Wesentlichen, wobei wir freilich durch Kontus 
eigene Verständigkeit unterstützt wurden, im 
möglichsten dernhalten der unsinnigen Behand- 
lungsweise mit Waschungen und landesüblicher 
Medizin, sowie der ewigen Aufregung durch 
Fetischpalawer und Giftbesprechungen, und end- 
lich in geeigneter Ernährung des Kranken 
liegen. 
Die Reinigung der Fetischfrau Nunn Elisi 
von dem Verdacht der Vergiflung durch Aus- 
brechen des Gifttrankes (der hier ebenfalls 
Erythrophloenm ist — Stücke liegen den 
Sammlungen bei) wurde Adeli durch Gewehr- 
salven von Perchu aus verkündet. Späler hat 
dann Kontu Nunn zu dem glücklichen Aus- 
gang beglückwünscht und ihr ein Geschenk ge- 
sendet. Jetzt scheint ja voller Friede zwischen 
den seit Jahrgehnten so feindlichen oberslen 
Häuptern des Adeli-Landes zu sein. 
Seit dem Gifttrunk Nunus sind mir noch 
mehrere andere Fälle der vollzogenen Giftprobe 
bekaunt geworden. Während meiner Reise 
nach Scogods war dem alien Akontu von 
Odomi ein Sohn gestorben, ein großer, statt 
licher, auf der Station wohlbekannter Mann. 
Bei meiner Rückkehr ließ mir der mehr als 
70jährige Vater voller Freude mittheilen, daß 
zwei des Zaubers verdächtige Männer bereits 
durch den Gifttod ihre Schuld bewiesen hätten. 
Ein sehr böser Fall ereignete sich in Ketschenki 
wo des alten Anyangarula Pferd einen 
Knaben durch einen Hufschlag tödtete. Die 
Haare und Nägel des Todten, auf einer Bahre 
durch das Dorf getragen, wiesen auf vier Dors- 
leute, die den Knaben durch Zauber veranlaßt 
hätten, sich auf das Pferd zu setzen, welches 
ihn abgeworfen. Zum Glück war dieses Mal 
die Gistprobe ohne tödtlichen Ausgang ver- 
laufen. Ich konnte nur noch die Entfernung 
des wilden Thieres aus dem Dorfe veranlassen. 
— Auf den Tod eines Mannes in Konkoa 
mußte letzthin wieder ein Bewohner desselben 
Dorfes in Ketschenki Nkassa trinken. Als der
	        
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