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Gallenwege erkrankt. Ich behandelte ferner
zwei schwere Fälle von Rheumatismus, welche
Krankheit die Leute für mehrere Monate arbeits-
unsähig machte. Die Erkranlungen durch den
Guineawurm sind unter den Popo Arbeitern
häufig; sie haben aber ihren Ursprung siets
an der Küste oder auf dem Wege. Ebenfalls
auf früheren Ursprung sind einige häßliche Fälle
von Yaws zu schreiben, wie auch manche der
großen Unterschenkelgeschwüre. Indessen sind
Yaws und tiese Geschwürc auch unter der ein-
heimischen Bevölkerung häufig. Zu Anfang
dieses Jahres herrschten im benachbarten Jegge
die Pocken, ohne indessen größere Ausdehnung
oder bösartige Form anzunehmen. Bei mehreren
schweren Fällen von Ruhr mußte ich helfend
einschreiten. Mehrmals traf ich auf ausge-
sprochen lungenkrante Leute, wie überhaupt
Erkrankungen der Athmungsorgane häufig ge-
ung sind. Kontu, unser bester Freund, hatte
Monate lang mit einer schweren Lungenent-
zündung zu lämpfen.
Die Geschichte dieser Krankheit verdient ein
eigenes Kapitel. Schon bald nach der Ketschenli-
Asfaire ausgebrochen und aller Behandlung
trotzend, wurde sie von Kontus Familie, be-
sonders seinen älteren Brüdern, Abötri von
Perön und Akontu von Odomi, sowic dem
zu Kontu haltenden Theil der Adcli-Bevölke-
rung einer durch dic beiden obersten Fetisch-
leute, Nunu Elisi von Pereu und Cojö
von Ketschenli, bewirkten Vergiftung zuge-
schrieben. Als Letzterer dann unvorsichtig geung
war, sich in der Betrunkenheit Kontu gegen-
über den Anschein zu geben, als wisse er etwas
über dessen Krankheit, forderte die Partei des
Leßteren stürmisch vom alten Cojö den Beweis
seiner Unschuld an diesem Krankheitsfall.
Als aber der alte Abötri mit den be-
waffneten Jegge= und Odomi-Leuten bereits
auf dem Wege war, dieser Forderung in Ket-
schenki Nachdruck zu geben, schritt ich ver-
mittelnd ein. Cojc vermochte sich in öffent-
licher Versammlung auf der Station ziemlich
von dem Verdacht zu reinigen, die Fetischfrau
Nunu trank später — ohne daß ich davon
wußte — Nkassagist. Um den damals schwer-
kranken Kontu vor seinen Feinden zu schützen,
behielt ich ihn auf der Station, ihn sorgsam
pflegend, was auch nach Wochen von bestem
Erfolg gekrönt war. Als er dann aber, trotz
meiner dringenden Abmahnungen, nach „Jegge
zurückkehrte, dort seinen Opferpflichten obzu-
liegen, trat sofort eine derartige Verschlimme-
rung ein, daß er wiederum als letzte Rettung
die Station aufsuchte. Er erschien mir zur
damaligen Zeit nahezu hoffnungslos, und so
war ich auch nicht erstaunt, bei meiner Rück-
kehr von Scogode zu ersahren, daß Kontu
dic Station verlassen, um nach eigenem Willen
in Peréu, in dessen Fetischwald sich der Sit
des Adeli-Gottes Nüjo befindet (während
Avurstö im Hain von Dipongo wohnt), zu
sterben. Ich suchte Kontu sofort auf und
fand seinen Zustand gegen früher ziemlich un-
verändert. Trotz der Entsernung wurde die
Behandlung, vorzüglich mit Ipecacnuanha und
Ozuonwasser, sortgesetzt, und zu meiner eigenen
sowie Jedermanns Ueberraschung ist die Monate
lange Krankheit endlich gewichen. Nach Kontus
eigener, wie allerdings auch meiner Meinung
wäre er längst ein todter Mann — ohne die
Station. Das Verdienst der letzteren dürfte
im Wesentlichen, wobei wir freilich durch Kontus
eigene Verständigkeit unterstützt wurden, im
möglichsten dernhalten der unsinnigen Behand-
lungsweise mit Waschungen und landesüblicher
Medizin, sowie der ewigen Aufregung durch
Fetischpalawer und Giftbesprechungen, und end-
lich in geeigneter Ernährung des Kranken
liegen.
Die Reinigung der Fetischfrau Nunn Elisi
von dem Verdacht der Vergiflung durch Aus-
brechen des Gifttrankes (der hier ebenfalls
Erythrophloenm ist — Stücke liegen den
Sammlungen bei) wurde Adeli durch Gewehr-
salven von Perchu aus verkündet. Späler hat
dann Kontu Nunn zu dem glücklichen Aus-
gang beglückwünscht und ihr ein Geschenk ge-
sendet. Jetzt scheint ja voller Friede zwischen
den seit Jahrgehnten so feindlichen oberslen
Häuptern des Adeli-Landes zu sein.
Seit dem Gifttrunk Nunus sind mir noch
mehrere andere Fälle der vollzogenen Giftprobe
bekaunt geworden. Während meiner Reise
nach Scogods war dem alien Akontu von
Odomi ein Sohn gestorben, ein großer, statt
licher, auf der Station wohlbekannter Mann.
Bei meiner Rückkehr ließ mir der mehr als
70jährige Vater voller Freude mittheilen, daß
zwei des Zaubers verdächtige Männer bereits
durch den Gifttod ihre Schuld bewiesen hätten.
Ein sehr böser Fall ereignete sich in Ketschenki
wo des alten Anyangarula Pferd einen
Knaben durch einen Hufschlag tödtete. Die
Haare und Nägel des Todten, auf einer Bahre
durch das Dorf getragen, wiesen auf vier Dors-
leute, die den Knaben durch Zauber veranlaßt
hätten, sich auf das Pferd zu setzen, welches
ihn abgeworfen. Zum Glück war dieses Mal
die Gistprobe ohne tödtlichen Ausgang ver-
laufen. Ich konnte nur noch die Entfernung
des wilden Thieres aus dem Dorfe veranlassen.
— Auf den Tod eines Mannes in Konkoa
mußte letzthin wieder ein Bewohner desselben
Dorfes in Ketschenki Nkassa trinken. Als der