Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

mch lediglich sein an Tollkühnheit grenzender Muth, 
slets jedoch begleitet von richtiger Beurtheilung der 
Lage und infolge dessen von Erfolg, für ihn selbst 
besorgt. 
Ich werde in den nächsten Tagen von hier auf- 
brechen und hoffe bestimmt, den am 6. Dezember d. Is. 
in Chinde fälligen Woermanndampfer zu treffen. 
(gez.) v. Wissmann, 
Kaiserlicher Kommissar in Ostafrika, 
Major à la suite der Armee. 
  
Die Schwefelauellen bei Canga. 
Die Entdeckung der in Nummer 3 des „Deutschen 
Kolonialblatts“ erwähnlen Schwefelquellen bei Tanga 
in nicht neuesten Datums. Diese Quellen sind bereits 
im Mai 1890 dem Herrn Hauptmann Richelmann 
bekannt gewesen und von ihm einer Prüfung unter- 
zogen worden. Sie sollen sich einige Hundert Meter 
wesllich der bei Amboni gelegenen Fähre in der Nähe 
des Sigiflusses befinden. 
Ramerun. 
Auswanderung Eingeborener aus Ramerun. 
Die im amtlichen Theile dieses Blattes abgedruckte 
Verordnung des stellvertretenden Gonverneurs von 
Komerun vom 11. Dezember v. Is., durch welche 
die Auswanderung der dortigen Eingeborenen von 
einer Erlaubniß des Gouvernements abhängig ge- 
macht wird, entspricht einem seit längerer Zeit fühl- 
baren Bedürfniß. Einerseits wird durch sie die un- 
lontrolirte Ansfuhr landwirthschaftlicher und ander- 
weitiger Arbeiter aus dem Schutzgebiete verhindert, 
andererseits soll die Verordnung auch eine geseß- 
liche Handhabe geben, um dem Uebelstande abzu- 
helsen, daß, wie bisher der Fall, ein großer Theil 
der in Bildung vorgeschritteneren Eingeborenen in 
das Ausland gebracht, dort in einer nichtdeutschen 
Sprache unterrichtet und so der Kultur der Kolonie 
und einem für das Gouvernement wichtigen Zwecke, 
nämlich dem Dienste als Dolmetscher und Unter- 
beamte, welche der Eingeborenensprache und des 
Deutschen mächtig sind, entfremdet werden. Besonders 
nachtheilig sind in dieser Beziehung die Bestrebungen 
des Reverend Hughes von der Kongo-Mission, der 
die jungen Leute nach der Erziehungsanstalt in 
Colwyn Bay (England, Grafschaft Wales) schickt, um 
sie später als Missionare im Kongogebiete, also im 
Auslande, zu verwenden. 
Von Interesse ist, wie sich über diesen Punkt der 
mit den Verhältnissen von Kamerun und insbesondere 
mit den dortigen Unterrichtsverhältnissen durch lange 
Erfahrung wohl vertraute Lehrer Theodor Chri- 
staller in einem an den stellvertretenden Gouver= 
neur gerichteten Berichte äußert. Er schreibt: 
111 
  
„Es sind bis jetzt von hier nach Colwyn Bay 
abgegangen: Die beiden Söhne des schwarzen Pfarrers 
Dibundu, Alfred und Samuel. Beide waren früher 
Schüler der hiesigen Regierungsschule. Alfred war 
wegen Unbotmäßigkeit schon länger ausgewiesen. — 
Er ist überhaupt der hochmüthigste Kamerunjunge, 
der mir je vorgekommen ist, und erging sich in 
den gröbsien Schmähungen gegen alles Deutsche; 
er wird auf seine zukünftigen Mitschüler in 
Colwyn Bay jedenfalls von dem schlimmsten Ein- 
fluß sein. Der Andere, Samuel, ist gut geartet, 
doch verschwand auch er ohne ein Wort des Dankes 
nach genossenem dreijährigen Unterricht, ja sogar 
ohne irgend welche Abmeldung. Zur Zeit, als das 
Verbot der Auswanderung erfolgte, waren zehn 
Knaben bei Herrn Dibundu in „Vorbereitungs- 
unterricht" für England und zwar, wie ich heute 
von Frau Missionar Steffens erfuhr, fast lauter 
Schüler der Oberklassen beider Regierungsschulen. 
Von dem einen, Lotin Ewane, der neuerdiugs in 
der Kanzlei angestellt ist, ist Euer Hochwohlgeboren 
bekannt, daß er nur auf die Erlaubniß zur Abreise 
wartet, um den Gouvernementsdienst zu verlassen. 
Mit einem anderen meiner Schüler, Muen, hat Herr 
Postsekretär Geyger bereits eine Abmachung ge- 
troffen, bei ihm als Postgehülfe einzutreten, wozu 
er sich gut eignen dürfte; aber auch dieser wird, 
sobald die Möglichkeit vorhanden, nach Colwyn Bay 
abreisen. 
Mr. Hughes sprach hier von 50 Knaben, die 
er haben wolle, und da die Kongo-Missionare infolge 
schlechter Erfahrungen mit dem Institut sich weigern, 
weitere Knaben zu liefern, so wird Mr. Hughes 
seine Zöglinge fast ausschließlich von Kamerun be- 
ziehen müssen. 
Das Experiment, das Mr. Hughes anstellen 
will, ist durchaus nicht neu. Es ist, ich darf wohl 
sagen, von jeder der hiesigen Missionen schon ange- 
stellt worden, aber mit dem gleichen negativen Er- 
solg, welcher z. B. bei der Basler Mission, die 
schon 50 Jahre an der Küste arbeitet, zu der Be- 
stimmung geführt hat, daß kein Eingeborener mehr 
nach Europa mitgenommen werden darf. Dasselbe 
haben mir Bremer Missionare (Keta) gesagt. Das 
Kaiserliche Gouvernement selbst hat mit den in 
Europa angeblich „erzogenen" Schwarzen nicht immer 
gute Erfahrungen gemacht. In Viktoria war be- 
reits ein Zögling des Kongo-Instituts, Namens 
Kofele Mbesa, der eine „Art von Doktor“ vorstellen 
wollte, aber nicht einmal einen englischen Brief 
schreiben konnte, und von Mr. Wilson in Viktoria 
als vollständig unbrauchbar bezeichnet wurde, wes- 
halb ihn Mr. Hughes nach Calabar mitnahm, um 
ihn der dortigen Mission zu überlassen. 
Die Weigerung der Kongo-Missionare, dem 
Institut weitere Knaben zur Verfügung zu siellen, 
läßt ebenfalls einen Schluß auf den Werth der er- 
wähnten Anstalt ziehen und bewelst zugleich, daß
	        
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