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doch ein bedeutender geworden, denn wie sich
immer deutlicher herausstellt, halten die rebellischen
und prahlerischen Reden Kandis doch bei den
mit der Regierung wenig befreundeten Theilen des
Waniamwesilandes (so in Tindi, Mangope, Lipi
u. s. w., als unserem ehemaligen Kriegsschauplatze)
zündend gewirkt, und wenn auch heute von allen
Seiten Abgesandte mit den wärmsten Freundschafts-
betheuerungen herbeikommen, so habe ich doch An-
haltspunkte, welche die Gerüchte bestätigen, nach
welchen alle diese Gebiete gerüstet gewesen waren,
um bei einem etwaigen Erfolge Kandis mit diesem
gegen die Regierung zu Felde zu ziehen. Die jett
eingelegten Steinbomas Kandis galten allgemein für
uneinnehmbar und hätten dieselben im Falle einer
energischen Gegenwehr auch sicher viele Opfer von
uns gefordert.
Um etwaigen noch im Lande vorhandenen Re-
bellionsgelüsten anderer Waniamwesihäuptlinge vor-
zubengen, mußte ein Beispiel an Kahama statuirt
werden. Ich habe daher den Sultan Kandi, der
jetzt mit echter Waniamwesiunverschämtheit Gesandte
mit leeren Händen und mit den urnschuldigsten
Mienen geschickt hatte, um von der Regierung
Freundschaft zu erbitten, da ja der Krieg zu Ende
wäre und ihr Sultan keine Nguvu (Krast) mehr
hätte, abgesetzt und Landes verwiesen sammt seiner
Familie. Der am 12. April 1891 mit ihm ab-
geschlossene Vertrag ist annullirt und das Gebiet
Mkahama an die kandifeindlichen Nachbarsultane ver-
theilt worden. Auf diese Weise hoffe ich die Kara-
wanenstraße nach dem Victoria-Nyansa, welche seiner-
zeit von den Wangonis blockirt und neuerdiugs durch
Kandi bedroht war, auf dieser Strecke für immer
gesichert zu haben, da sich die Sultane von Msalala
Gagi, Wimu und Sundi sowie der Sultan von
Upera Igulu als stets regierungsfreundlich bewährt
haben und durch die Belehnung mit den einzelnen
Theilen des reichen, außerordentlich fruchtbaren Ge-
bietes Kahamas gewiß noch mehr an die Regierung
gefesselt worden sind.
Der Bericht des Lieutenants v. Bothmer über
adie zur Bestrafung des Sultans Kandi von Mkahama
in der Zeit vom 8. bis 25. Dezember 1893 unter-
nommene Expedition lautet, wie folgt:
Tabora, den 28. Dezember 1893.
Infolge Requisition des hiesigen Keiserlichen
Stationschefs, dem rebellischen Sultan Kandi von
Mkahama eine gründliche Züchtigung zu bereiten,
marschirte ich am 8. d. Mts. in folgender Stärke
von Tabora ab:
Sieben Europäer: Stationschef Sigl, welcher
auf seinen Wunsch als Zugführer eintrat; Lieutenant
Halliersch; Arzt Arning; Unteroffiziere: Spiegel,
Gregeraßki, Oppermann. 115 Askaris, zwei
Geschütze (47 cm und 3,7 cm). Pro Mann
250 Patronen (davon 150 am Leibe), pro Geschütz
120 Schuß. 120 Träger.
Der Marsch ging in nördlicher Richtung über
Umgurukku — Gombefluß — Uniambewa—Igonda —
Ujomba — Iguru nach Ukamba, wo ich am 13. d.
Mts. eintraf. Dieser Ort liegt unweit der Grenze
von Mkahama, die Entsernung bis zum Quikuru des
Kandi wurde auf 1½ bis 2 Stunden angegeben.
Nach eingezogenen Erkundigungen sollte die feindliche
Boma sehr stark mit Steinmauern, Pallisaden und
Euphorbienhecken befestigt sein, auch sollte Kandi noch
eifrig an der Verstärkung der Werke arbeiten und
entschlossen sein, Stand zu halten. Als ein dem
Angreifer günstiger Umstand erschien die Angabe,
daß ein Berg ganz in der Nähe liege, von dem
man volle Einsicht ins Quikurn habe. Darauf
gründete sich mein Plan:
Besetzung dieser Höhe, vorbereitende Beschießung
durch die Artillerie, alsdann Sturm.
Die Nachmittagsstunden des 13. wurden mit den
nöthigen Vorbereitungen ausgefüllt. Im Laufe des
Tages sammelten sich eine Menge „Hülfsvölker“,
meistens Leute des Sultans von Iguru. Etwa zwölf
Wangoni waren schon von Tabora aus mitgegangen,
dieselben erwiesen sich später als recht nüilich.
Am 14. früh 4 Uhr stand die Kompagnie zum
Abmarsch bereit. Der dritte Zug mit den Wangoni
bildete den Vortrupp, die Kompagnie nobst kleiner
Vagage folgte auf 100 Meter. Die große Bagage
unter Bedeckung des Sol mit sechs Mann und den
Hülfsvölkern sollte langsam folgen. Der Marsch
ging — bei völliger Dunkelheit — zunächst ohne
Weg durch lichten Busch. Eiwa um 5½ Uhr
wurden einige Hütten sichtbar, deren Bewohner von
den Wangoni ohne Lärm zu Gefangenen gemacht
wurden. Dann bog sich der Weg um eine Bergnase,
man hörte Warnungsrufe, und es fiel auf feindlicher
Seite ein Schuß. Der Vortrupp schwärmte aus,
verstärkte die Spitze und erstieg einen zur Rechten
liegenden felsigen, buschbewachsenen Hügel. Oben an-
gekommen, sah man das Quikurn auf 300 Meter im
Thal vor sich liegen. Dasselbe, mit hohen Bäumen
bestanden, machte den Eindruck eines geschlossenen
Parks. Der Einblick war durch die dichten Baum-
kronen dem Auge völlig entzogen. Ein hoher Euphor-
bienbaum ließ nur an einer oder zwei Stellen die
dahinter liegende äußere Umfassung als Pallisaden
erkennen. An der Südwestecke bemerlte man ein
Stück Steinmauer. Jenseits des Quikurn befand sich
auf weite Entfernung offenes, sanft ansteigendes Ge-
lände. Auf etwa 1200 Meter waren einige Stroh-
hütten sichtbar.
Das Erscheinen der Truppe kam dem Gegner
offenbar überraschend; Leute und einzelnes Vieh be-
fanden sich außerhalb der Boma und flüchteten als-
bald in dieselbe. Ganz kurz nach dem Vortrupp war
auch das 3,7 cm Geschütz zur Sielle und günstig
aufgestellt. Ich ließ sofort mit demselben das Feuer-