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raumes wurden dann die Zahlen 1 bis 7 zugezählt
und abgezogen. Diese Uebungen wurden mündlich und
schriftlich betrieben. Singen und Turnen nahmen
insofern eine eigenartige Stellung den anderen Unter-
richtsgebieten gegenüber ein, als beide erst im Laufe
des Unterrichtsjahres in den Stundenplan ausgenommen
wurden. Durch den Singunterricht wurden die Schüler
gleich zu Anfang mit der beim Singen richtigen
Körperhaltung und Mundstellung bekannt. Dann
wurde zu Gehörübungen — im Auffassen und
Wiedergeben eines gesungenen oder gespielten Tones
— geschritten, und daran reihte sich von selbst die
Einübung ganzer Melodien; von deutschen Melodien
mit deutschen Worten: „Heil dir im Siegerkranz!“
und mit Uebersetzung ins Suaheli: „Ich hatt' einen
Kameraden“ (Nalikuwmm na mwenzangu). Das
Turnen lernten die Schüler in der ersten Zeit nur
in Form von Turnspielen kennen, im Wetllauf, im
Kettensangen, im Bocksprung, im Kreis-, Wurf= und
Königsball. Nach und nach aber bildete das Alles
nur den Schluß der Turnstunde, während der eigent-
liche Turnunterricht aus Uebungen im Stillstehen,
Richten, Kopf rechts und links drehen, Arme vor-
und hochstoßen, im Gehen an Ort mit Vorspreizen
und im Gehen an Ort mit Knieheben bestand. Der
Unterricht im Deutschen endlich — für beide Ab-
theilungen in gemeinsamen Stunden ertheilt — be-
wegte sich im Allgemeinen in denselben Bahnen, in
denen sich die Aneignung der Sprache überhaupt
vollzieht: von der einfachen, nächsten Umgebung hin
zu verwickelteren, geistig entsernteren Verhältnissen.
Der Stoff wurde so behandelt, daß die Schüler
nicht bloß auf die Fragen des Lehrers die richtige
Antwort zu geben wissen, sondern daß auch die
Schüler untereinander in rein deutschen Gesprächen
das Gelernte anzuwenden verstehen.
Was schließlich das Lernen überhaupt betrifft,
so kann man auf allen Unterrichtsgebieten mit dem
Erreichten ganz wohl zufrieden sein, insbesondere bei
den Schülern, die sich eines regelmäßigen Schul-
besuches befleißigen.
Die in dem vorstehenden Bericht gemachten Vor-
schläge wegen Einführung eines Schulzwanges er-
scheinen nach Ansicht der Verwaltungsbehörden im
Schutzgebiele zur Zeit nicht durchführbar. Das bei
den Eingeborenen vorhandene Mißtrauen gegen die
Schule, welche sie sich nach dem Muster ihrer hei-
mischen Schulen als Religionslehranstalt vorstellen,
muß nach und nach überwunden werden. Die Er-
fahrung hat gelehrt, daß die Ausübung eines Schul-
zwanges die Leute veranlaßt, fortzuziehen, so daß
eine derartige Maßregel das Gegentheil des ange-
strebten Zweckes zur Folge haben würde. Es sieht
zu hoffen, daß ein ruhiges Fortschreiten auf der
von dem Lehrer Barth zur Bekämpfung des vor-
handenen Mißtrauens bisher eingeschlagenen Bahn
von mit der Zeit stets wachsendem Erfolge begleitet
sein wird.
Plantagenbau im Dinterlande von pangani.
Im November v. Is. hatte der Kanzler Eschke
seitens des Gouvernemenks den Auftrag erhalten, die
im Hinterlande von Pangani und Tanga gelegenen
Plantagen zu besichtigen und sich über die dortigen
Verhältnisse zu informiren. Es schloß sich ihm der
Regierungsassessor Freiherr v. Oppenheim an,
welcher die kurze Zeit seines dortigen Aufenthaltes
benutzen wollte, um einen interessanten Theil des
Schutzgebietes kennen zu lernen. Dem Reiseberichte
des Herrn Eschke entnehmen wir Folgendes:
Am 10. November verliessen wir in Begleitung
des stellvertretenden Bezirksamtmannes Dr. Neu-
haus, welcher sich uns behufs Besichtigung der in
seinem Bezirke gelegenen Plantage Lewa anschloß,
die Stadt Pangani und fuhren auf dem Flusse bis
Tschogwe, wo wir in einem von der Plantage Lewa
dort für diesen Zweck errichteten Holzhause über-
nachteten. Die Träger hatten wir mit dem Befehle,
am nächsten Vormittage in Lewa einzutreffen, über
Land geschickt. Am nächsten Morgen erreichten wir
nach zweistündigem Marsche Lewa und benutzten
den Tag zur Besichtigung, wobei der Verwalter
Herr Friedrich Schröder in der zuvorkommendsten
Weise den Führer machte. Soviel ich als Laie zu
beurtheilen vermag, stand der Tabak ganz vorzüglich.
Die Blätter waren groß und zum weitaus größten
Theile gänzlich fehlerfrei. Man war gerade in der
eifrigsten Erntearbeit begriffen, die Trockenscheunen
hingen fast zur Hälfte schon voll und doch war noch
lange nicht der erste Schnitt eingebracht. Ein Sturm
hatte die auf dem höchsten Punkte gelegene Schenne
umgerissen, und deshalb wurde auch die Fermentir-
scheune zur Hälste als Trockenschenne benußzt. Der
Verwalter sprach die Befürchtung aus, daß er bald
an Raum werde Mangel leiden, und dies leuchtete
ein, wenn man die Felder betrachtete, auf denen der
Nachwuchs nach dem ersten Schnitt so gediehen war,
daß man ihn kaum von diesem unterscheiden konnte.
Ueber die Arbeiterverhältnisse äußerte sich Herr
Schröder durchaus zufrieden. Die Pflanz= und
Erntearbeiten werden durch die Chinesen besorgt, die
Erd= und Bauarbeiten durch die Javanesen. Die
Eingeborenen werden nur als Träger verwendet und
zwar nur noch in Akkord, und Herr Schröder
meinte, daß er sich hierbei vorzüglich stände.
Am folgenden Morgen, den 12. November, ver-
ließen wir Lewa und marschirten bis Magila, wo
wir bei der englischen Mission so wenig Entgegen-
kommen fanden, daß wir vorzogen, im Dorfe unser
Zelt aufzuschlagen und dort zu lagern. Schon an
diesem Tage hatten wir sehr starke Regengüsse wäh-
rend des Marsches gehabt, am nächsten Tage wieder-
holten sie sich, so daß wir, da wir nun in die Berge
kamen und die Wege außerordentlich schlüpfrig waren,
den schon bei gutem Wetter recht anstrengenden Tage-
marsch bis Derema hinauf nicht bewältigen konnten
und in Punga Mingi Lager bezogen. Am nächsten