Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

s) Dampfer „Pfeil“, 
8) verschiedene Leichter und kleinere Boote. 
Die meisten der Dampfer beschränken sich aber 
nicht auf den Verkehrsweg Chinde—Schirc, sondern 
gehen auch nach dem Sambesi (bis Tete), wenn 
Frachten vorhanden sind. 
  
Wissenschaftliche Erforschung des Schutzgebietes. 
Herr Dr. Stuhlmann berichtet unterm 25. April 
d. Is. über seine Thätigkeit: 
„Bis jetzt sind abgegangen an Materialien: 
im Jannuar 1894 3 Kisten botanischer und 
anthropologischer Sammlungen, 
im April 1894 11 Kisten botanischer, ethno- 
graphischer und zoologischer Sammlungen, und jetzt 
slehen neue 13 Kisten anthropologischer und botanischer 
Gegenstände bereit. 
Am meisten werde ich für ethnographische und 
botanische Sammlungen Zeit haben, da diese weniger 
eigene Arbeit beanspruchen. Zoologische werde ich 
kaum im selben Umfange wie früher liefern können, 
wenigstens nicht, was niedere Thiere, die ein genaues 
und zeitraubendes, mikroskopisches Studium erfordern, 
anbelangt. Ich werde mich dort auf das Zusammen- 
tragen von Bälgen, Spirituspräparaten und Junsekten 
beschränken müssen. 
An Pflanzen liegen bereits etwa 1900 Herba- 
rienexemplare und eine Anzahl Sämereien, an 
Ethnographica mehrere große Kisten mit Sammlungen 
aus Usaramo, an anthropologischem Material 40 Gips- 
abdrücke von Gesichtern und Zähnen sowie eine 
Menge von photographischen Platten, und an zoolo- 
gischen Sammlungen etwa 200 Vogelbälge, 45 Säuge- 
thierbälge, eine Sammlung von Fischen aus dem 
Kingani und eine große Zahl von Insekten vor.“ 
  
Reise des Dr. G. volkens nach MWoschi. 
Nachdem ich die östlichen Dschaggastaaten bis hin 
nach Rombo kennen gelernt, war es naturgemäß 
mein Wunsch, nun auch den westlichen einen Besuch 
abzustatten. Leider sollten Monate vergehen, bevor 
an eine Erfüllung dieses Wunsches zu denken war. 
Erst mußte Meli besiegt sein und die feindliche 
Stimmung seiner Unterthanen und Anhänger sich 
so weit beruhigt haben, daß man auch ohne Mimahme 
einer bewaffneten Macht sich frei nach allen Seiten 
bewegen durfte. Mitte Dezember kam heran, als ich 
endlich mit 12 Trägern nach Westen aufbrach. 
Von der wissenschaftlichen Station geht es den 
breiten, schnurgeraden Weg hinab zur Boma, dem 
etwa 120 Meter tiefer gelegenen Marangufort. Vor 
mehr als einem halben Jahre hatte ich zwei Monate 
hier als Gast geweilt, und wenn auch der Chef 
und seine Offiziere, ihre eigene Bequemlichkeit opfernd, 
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alles nur Mögliche gethan, um mir und meinen Ge- 
fährten den Aufenthalt zu einem angenehmen zu ge- 
stalten, so hatte ich doch nie den Eindruck loswerden 
können, mich in einem abscheulichen Gefängniß zu 
befinden. Da hausten, aus militärischen Gründen 
auf kleinstem Raum zusammengedrängt, 8 Europäer 
und 150 Sudanesen, dazu ein nicht zu übersehender 
Troß von Weibern, Trägern und Boys. Die zahl- 
losen, mit trockenen Bananenblättern gedeckten Erd- 
häuser waren rings im Geviert von einem hohen, 
mit Bastionen versehenen Steinwall umgeben, der es 
nur durch seine Schießlöcher gestattete, einen Blick ins 
Freie zu gewinnen. Dabei tagtäglich Regen und 
drinnen in den Zimmerchen, die wir zu Zweien mit 
all unseren Kisten und Kasten bewohnen, eine Moder- 
luft und Nässe, daß man befürchten mußte, am 
lebendigen Leibe zu verfaulen. Jetßzt ist Alles anders, 
besser geworden. Da der größte Theil der Be- 
satzung nach Moschi übergesiedelt ist, hat man mit dem 
Niederlegen einer Reihe von Häusern nicht nur Licht 
und Luft mehr Zugang gewonnen, es herrscht auch 
statt des früheren sinnverwirrenden Getriebes die 
beschauliche Stille einer Residenz weiter Güte“. 
Auf der Bank vor dem Wachtlokal am Eingang hockt 
ein schwarzer Kerl und entlockt einem primitiven 
Saiteninstrument leise surrende Töne. Auf meine 
Frage, ob der Bana Kuba zu Hause sei, hält er es 
für überflüssig, sein doch so schön breites — Mund- 
werk zu öffnen, sondern schüttelt nur schweigend das 
Wollhaupt. Da will mir auch ein längeres Ver- 
weilen überflüssig erscheinen und ich ziehe mit meinen 
Leuten weiter gen Kilema. 
Die Straße dahin, nach dem Kriege theils von 
Soldaten, theils von Eingeborenen gebaut, wendet sich 
gleich hinter der Station, an deren reich mit euro- 
päischen Gemüsen bepflanztem Garten vorbei, einem 
kleinen Thale zu, das an den Hängen mit Bananen, 
an der Sohle mit Colocasien bestanden ist. Ehe man 
hinuntersteigt, zweigt sich links ein Weg ab, der zu dem 
Verkaufsladen eines Griechen, weiterhin zu der Boma 
Mareales führt. Nicht ohne Absicht hat man den- 
selben so tracirt, daß die Kanonen des Forts freies 
Schußfeld nach der Kuppe haben, auf der wir von 
der Wegzweigung aus die Hütten des Schulzenhofes 
— etwas Anderes ist Mareales Festung nicht — in 
einer Zahl von sechs oder acht über eine quadratische 
Steinmauer hinwegragen sehen. Wir lassen sie links 
liegen, gehen bald durch Schamben, bald über ge- 
büschreiches Brachland fort, bis wir nach einer 
halben Stunde etwa an den Einschnitt lommen, in 
dem sich der Mondjobach brausend über Steine dahin- 
wälzt. Hier, wie später noch mehrfach, hat man die 
Steilheit des Abstiegs dadurch zu überwinden ge- 
sucht, daß man Treppenstufen in das Erdreich ge- 
schlagen und in roher Weise durch vorgelagerte 
Holzschwellen verfestigt hat. Nur der Gedanke: „der 
gerade Weg ist der beste“ kann zu einer solchen 
Konstruktion geführt haben. Meine Leute ver- 
mieden stets lieber die „Kunststraße“ und bogen in
	        
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