Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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Trotzdem das Ansehen des Kaiserlichen Gouver= 
nements eine nachdrückliche Züchtigung der frechen 
Miangesen erforderte, wollte ich es doch noch einmal 
in Güte versuchen, die Leute zum Gehorsam zu 
bringen. Jch war durch die Missionsstation in 
Mangamba in Kenntniß gesetzt worden, daß der 
Häuptling Mbia mit dem Gonvernement in Friedens- 
unterhandlungen zu treten wünsche. Infolge dessen 
bot ich ihm Frieden unter der Bedingung der sofor- 
tigen Auslieferung der Hauptschuldigen Pens und 
Mbias und voller Entschädigung für die Beraubung 
der Herschellschen Faktorei in Miang. 
Als am dritten Tage, dem 1. Mai d. Is., keine 
Antwort eingetroffen war, ging am folgenden Morgen 
die Schutztruppe ab, geführt von Hauptmann 
Morgen als Oberbefehlshaber, Lieutenant Dominik, 
dem zur Zeit hier weilenden Lieutenant v. Mallink- 
rodt II., den Unteroffizieren Krause, Zimmer- 
mann und dem in gleicher Eigenschaft verwandten 
Lazarethgehülfen Seebe. S. M. Kanonenboot 
„Hyäne“ hatte in zuvorkommender Weise die mit 
einem Revolvergeschüb bewaffnete Stationspinasse zur 
Verfügung gestellt und den Lieutenant zur See 
Vleß sowie den Marinearzt Dr. Raß nobst einigen 
Matrosen kommandirt für den Fall, daß der Landung 
Widerstand entgegengesetzt werden solle. 
Dies war glücklicherweise nicht der Fall, denn 
die Miangesen erwarteten eine so prompte Eröffnung 
der Feindseligkeiten nicht, und die benachbarten Dörfer 
Koki und Fiko, welche mit Miang nicht auf gutem 
Fuße leben, hatten die Ankunft des „Soden“, wel- 
cher die Soldaten trug, nicht ausgetrommelt. So 
konnte denn am Strande von Miang die Landung 
unbemerkt von Statten gehen. Das Landungskorps 
betrug etwa 80 Sudanesen und 70 Weis. Rasch 
wurde nun nach dem ½ Stunde entfernt auf steiler 
Anhöhe liegenden Hauptdorfe Malende marschirt und 
die Miangesen, die, weil überrascht, nur geringen 
Widerstand leisteten, hinausgeworfen und bis nach 
dem Mungo hin verfolgt. Eine Mitwirkung der 
Kaiserlichen Marine bei der Aktion im Innern war 
nicht veranlaßt, und so konnte die Stationspinasse 
mit „Soden“ schon am dritten Tage hierher zurück- 
kehren, nachdem eine Militärstation in Malende er- 
richtet worden war. Hauptmam Morgen überließ, 
nachdem der Hauptschlag gegen die Miangesen geführt 
war, die weitere Verfolgung dem Lieutenant Dominik, 
der in Anbetracht des ausgedehnten Operationsfeldes 
wohl für längere Zeit Beschäftigung finden wird. 
Eine Anzahl der unruhigsten Elemente des Stammes 
ist im Kampse gefallen. Die Haltung der Schutz- 
truppe war eine vorzügliche. 
Regierungsarzt Dr. Plehn hatte mich gebeten, 
ihm die Theilnahme an der Expedition zu gestatten. 
Da nicht vorauszusehen war, daß die Miangesen sich 
würden überraschen lassen, und man wenigstens bei 
der Erstürmung Malendes auf einen verzweifelten 
Widerstand gefaßt sein mußte, glaubte ich seiner 
Bitte um so eher willfahren zu sollen, als mir auch 
  
von der Missionsstation Mangamba die Mittheilung 
zugegangen war, die Miangesen hätten sich ver- 
schworen, Jeden zu tödten, der fliehen würde. 
Welchen Eindruck schon dieser erste Schlag gegen 
Miang gemacht hat, zeigt die Thatsache, daß die 
Miangesen bereits zu benachbarten Stämmen zu 
fliehen beginnen, bei diesen jedoch aus Furcht vor 
dem Gonvernement keine Aufnahme finden, sowie daß 
entfernte Stämme nach dem Gonvernement kommen 
und um Flaggen bitten. Das Ansehen des Gonver- 
nements ist weit und breit wieder hergestellt. 
Die Zusammensehzung der Schutztruppe aus zwei 
Elementen erachte ich für sehr günstig. Die ernsten, 
kriegslustigen und absolut verlässigen Sudanesen 
werden überall den Stamm zu bilden haben, während 
die beweglichen Weis, welche mit dem westafrikanischen 
Busch und der Kampfweise der Eingeborenen wohl 
vertraut sind, ein vorzügliches Ergänzungsmaterial 
bilden. 
Ueber die Vorgänge bei der Expedition berichtet 
Hauptmann Morgen: 
Am 10. April war ich mit den 87 in Aegypten 
angeworbenen Sudanesen in Kamerun angelangt; 
einer der Angeworbenen war auf See an Lungen- 
entzündung gestorben. Da diese Leute theils durch 
ihre frühere militärische Thätigkeit, theils durch ein 
fünfwöchentliches, täglich 8 Stunden währendes 
Exerzitium auf dem Dampfer eine für den afrika- 
nischen Krieg genügende Ausbildung erhalten hatten, 
und auch die in Kamerun befindlichen etwa 70 West- 
afrikaner — meist Weyleute — einen äußerst 
günstigen Eindruck machten, konnte ich nach bereits 
14tägigem Aufenthalt in Kamerun dem Herrn Gou- 
verneur v. Zimmerer, der mir bereils von seiner 
Absicht, die Miangesen zu strasen, Mittheilung ge- 
macht hatte, die Meldung erstatten, daß die Truppe 
gefechtsbercit sei. « 
Daß eine erneute Bestrafung der Miangleute 
durchaus erforderlich war, darüber waren sich in 
Kamerun alle Europäer, einschließlich der Missionare, 
und sämmtliche Eingeborenen einig; denn nicht nur 
hatten sie eine am Abo gelegene Faktorei der Firma 
Herschel ausgeplündert und den schwarzen Faktorei- 
vorsteher getödtet, sondern auch sich dem nur vier 
Stunden enlfernt wohnenden Gouverneur gegenüber, 
wo sie nur konnten, unbotmäßig und widerspenstig 
gezeigt. Nachdem der Forderung des Gouverneurs, 
die beiden Hauptschuldigen Häuptlinge Pen und 
Mbia unter Garantie des Lebens auszuliesern, nicht 
Folge gegeben war, brach ich am 2. Mai früh (. 
den am Schluß wiedergegebenen Detachementsbefehl) 
von Kamerun auf. 
Ich hatte gehofft, das neben dem allen Miang- 
dorfe neu erbaute Hauptdorf Malende noch an dem- 
selben Tage stürmen zu können, da ich bei schnellem 
Erscheinen — wie ich von früher her aus Erfahrung 
weiß — auf Bestürzung und somit auf leichtere
	        
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