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immer bergauf und bergab zu marschiren hatten.
Schließlich kamen wir auf den Kamm von „Kette 5“,
und da uns „Kette 6“ hier nicht mehr begleitete,
sahen wir rechts in dic weile, durch keine Erhebung
unterbrochene Ebene. Dann begaun ein jäher wohl
70 gradiger Abstieg, den wir kletternd zurücklegen
musßten. Wir marschirten darauf noch eine kurze
Strecke weiter in der Nichtung Südwest und lagerten
dann an dem Flüßchen Tshaim. Dieser hatte, wie
alle anderen Wasserläufe der Ebene, die wir an den
folgenden Tagen überschritten, ganz lehmiges, grau
gesärbtes Wasser. Dieses Wasser war für mich
tagelang das einzige Getränk, da einer der zurück-
gebliebenen Träger auch meinen kleinen Vorrath an
Thee trug. Ehe uns unser Führer verließ, nahm er
noch einen meiner Leute mit und zeigte ihm den
morgigen Weg und gab ihm so genaue Anweisungen,
daß dieser erklärte, er würde jetzt nach Dambabi
finden.
Er hatte dabei nicht mit der großen Zahl der
Wildwechsel gerechnet, welche den Pfad fortwährend
kreuzten und uns leider nur zu bald vom richtigen
Wege abkommen ließen. Ich übernahm daher
schließlich selber die Führung und marschirte in meist
südwestlicher Richtung, ohne daß ich angeben konnte,
ob der schmale Weg ein Antilopenwechsel oder ein
wirklicher Weg sei.
Selten wohl nur durchstreist der Jäger diesen
Theil der Ebene. Der Baumbestand ist durchweg
ziemlich dicht, das hohe Gras läßt nur schwer den
Pfad erkennen. Hinter uns steigt das Gebirge un-
vermittelt aus der Ebene heraus, die sich meilenweit
ohne die geringste Erhöhung hinzieht. Hin und
wieder finden sich sumpfige Stellen; um einige trübe
Wasserlöcher hocken ein paar Nashornvögel. Ein
Sprung elchartig ungelenker Kuhantilopen geht vor
der schweigend dahinschreitenden Karawanc auf. Die
Hauptfrage für diese ist die, ob wir Wasser finden
werden. Mehrsach verdichtet sich der Baumbestand
der Savannc, man glaubt einen Bachwald vor sich
zu haben, aber ebenso oft sieht man sich getäuscht.
Die Sonne steigt höher und die Leute werden un-
lustiger, als wir endlich in den Galeriewald eines
tief eingeschnittenen, von Ost nach West fließenden
Flüßchens kommen, wo wir Biwak beziehen.
Abends spät — ich hatte mich schon zur Ruhe
begeben — kamen meine Leute in mein Zelt: Massa
you no hear? Aus der Ferne tönte Trommeln
und Schießen. Dort mußte ein Dorf sein, wo ver-
muthlich ein Todtenfest abgehalten wurde. Ich be-
schloß nun, am nächsten Morgen zunächst Leute ab-
zuschicken, die das Dorf aussuchen und uns dann
abholen sollten.
Am Morgen ging das Schießen und Trommeln
von Neuem los, und ich schickte auf beiden Bachusern
nun einige Leute vor, damit wir nicht Alle in der
Irre gingen. Stundenlang warteten wir auf die
Rückkehr der Leute, während uns einige Tansend
Bienen einen unwillkommenen Besuch abslatteten.
Erst mittags kamen die Kundschafter zurück: Keiner
hatte auch nur einen Weg gefunden! Ich brach nun
sofort auf. Ich hatte auf die Stelle, von der das
Schießen herzukommen schien, meinen Kompaß ge-
richtet und marschirte nun quer durch die Savanne
immer genau auf die schon tief stehende Sonne los.
Jeder einzige meiner Leute hatte natürlich eine ab-
weichende Meinung darüber, wo Dambabi läge, und
mit Gewalt mußte ich die Karawanc zusammenhalten,
aus der fortwährend das „fi moalo?“ „wo ist der
Weg?“ erklang. Nach 1 / Stunden stießen wir auf
einen breiten Weg, den ich sofort für den Weg
Dutukpenne—Dambabi erklären konnte. Die Freude
meiner Leute war groß. Eine Viertelstunde später
hielten wir an dem 15 Meter breiten Pellema, an
dessen Ufer einige Haussa-Karawanenhütten standen,
was uns die Gewißheit gab, daß wir uns auf dem
Wege Kete —Tribu befanden. Ich persönlich ging
noch in der Dämmerung einige Kilometer den Weg
weiter, in der Hoffnung, ein Dorf zu finden, was
sich aber nicht bestätigte. Obwohl sich einige flüchtige
Antilopen und Büffel, in dem Uferwald auch Affen
und Perlhühner zeigten, gelang es uns doch nicht,
zu Schuß zu kommen, und wir mußten den Tag
Alle ohne jede Nahrung bleiben; doch waren meine
Leute nun wieder guten Muthes.
Ich halte die Otiniederung mit ihren zum Theil
sumpfigen Grasstrecken für ungesund und glaube, daß
hierin vielleicht der Grund für die geringe Bevölke-
rungsdichtigkeit der Ebene zu suchen ist.
Am folgenden Morgen wurde zeitig aufgebrochen.
Der Weg führte durch Grassavanne, die ziemlich dicht
mit Akazien und Sheabutterbäumen bestanden und
häufig mit Termitenhaufen durchsetzt war. Fünf bis
sechs Kilometer zu unserer Linken erhob sich das
Gebirge. Wir marschirten in südwestlicher Richtung.
Eine frische Leopardenspur führte längs des Weges;
dichte Heuschreckenschwärme begleiteten uns. Nach
links führte ein Weg ab, es war der Weg nach
Dambabi. Wir aber behielten unsere NRichtung bei,
auf den Oti los. Endlich trafen wir einige Leute
und bekamen so einen Führer. Der rechts sich ab-
zweigende Weg geht über Banka nach Kralji, doch
behalten wir den alten Weg bei, der näher ist und
über Atasi nach Kratji führt. Hin und wieder
öffnen sich weite parkartig bestandene Wiesen mit
kurzem saftigen Gras, einige Wildgänse ziehen über
uns fort, und gegen Mittag erreichen wir den Otifluß.
Er ist tief eingeschnitten, mit nicht zu dichtem Ufer-
wald, so daß niches die Nähe des Stromes ankündet,
bis man unmittelbar an seinem Wasserspiegel hält.
Er ist etwa 100 Meter breit und so tief, daß mir
beim Durchreiten das Wasser bis über die Kniee
ging. Mehrere Meter hohe Sandufer fallen steil
zum Wasser ab. Hier verließ uns der Führer, denn
drüben am rechten Ufer sollte Atafi, die Stadt des
Ata, liegen. Trotzdem suchten wir stundenlang in
den Feldern am rechten Ufer, ehe wir Atafi fanden;
man muß im Fluß etwa 400 Meter stromauf gehen