Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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immer bergauf und bergab zu marschiren hatten. 
Schließlich kamen wir auf den Kamm von „Kette 5“, 
und da uns „Kette 6“ hier nicht mehr begleitete, 
sahen wir rechts in dic weile, durch keine Erhebung 
unterbrochene Ebene. Dann begaun ein jäher wohl 
70 gradiger Abstieg, den wir kletternd zurücklegen 
musßten. Wir marschirten darauf noch eine kurze 
Strecke weiter in der Nichtung Südwest und lagerten 
dann an dem Flüßchen Tshaim. Dieser hatte, wie 
alle anderen Wasserläufe der Ebene, die wir an den 
folgenden Tagen überschritten, ganz lehmiges, grau 
gesärbtes Wasser. Dieses Wasser war für mich 
tagelang das einzige Getränk, da einer der zurück- 
gebliebenen Träger auch meinen kleinen Vorrath an 
Thee trug. Ehe uns unser Führer verließ, nahm er 
noch einen meiner Leute mit und zeigte ihm den 
morgigen Weg und gab ihm so genaue Anweisungen, 
daß dieser erklärte, er würde jetzt nach Dambabi 
finden. 
Er hatte dabei nicht mit der großen Zahl der 
Wildwechsel gerechnet, welche den Pfad fortwährend 
kreuzten und uns leider nur zu bald vom richtigen 
Wege abkommen ließen. Ich übernahm daher 
schließlich selber die Führung und marschirte in meist 
südwestlicher Richtung, ohne daß ich angeben konnte, 
ob der schmale Weg ein Antilopenwechsel oder ein 
wirklicher Weg sei. 
Selten wohl nur durchstreist der Jäger diesen 
Theil der Ebene. Der Baumbestand ist durchweg 
ziemlich dicht, das hohe Gras läßt nur schwer den 
Pfad erkennen. Hinter uns steigt das Gebirge un- 
vermittelt aus der Ebene heraus, die sich meilenweit 
ohne die geringste Erhöhung hinzieht. Hin und 
wieder finden sich sumpfige Stellen; um einige trübe 
Wasserlöcher hocken ein paar Nashornvögel. Ein 
Sprung elchartig ungelenker Kuhantilopen geht vor 
der schweigend dahinschreitenden Karawanc auf. Die 
Hauptfrage für diese ist die, ob wir Wasser finden 
werden. Mehrsach verdichtet sich der Baumbestand 
der Savannc, man glaubt einen Bachwald vor sich 
zu haben, aber ebenso oft sieht man sich getäuscht. 
Die Sonne steigt höher und die Leute werden un- 
lustiger, als wir endlich in den Galeriewald eines 
tief eingeschnittenen, von Ost nach West fließenden 
Flüßchens kommen, wo wir Biwak beziehen. 
Abends spät — ich hatte mich schon zur Ruhe 
begeben — kamen meine Leute in mein Zelt: Massa 
you no hear? Aus der Ferne tönte Trommeln 
und Schießen. Dort mußte ein Dorf sein, wo ver- 
muthlich ein Todtenfest abgehalten wurde. Ich be- 
schloß nun, am nächsten Morgen zunächst Leute ab- 
zuschicken, die das Dorf aussuchen und uns dann 
abholen sollten. 
Am Morgen ging das Schießen und Trommeln 
von Neuem los, und ich schickte auf beiden Bachusern 
nun einige Leute vor, damit wir nicht Alle in der 
Irre gingen. Stundenlang warteten wir auf die 
Rückkehr der Leute, während uns einige Tansend 
Bienen einen unwillkommenen Besuch abslatteten. 
  
Erst mittags kamen die Kundschafter zurück: Keiner 
hatte auch nur einen Weg gefunden! Ich brach nun 
sofort auf. Ich hatte auf die Stelle, von der das 
Schießen herzukommen schien, meinen Kompaß ge- 
richtet und marschirte nun quer durch die Savanne 
immer genau auf die schon tief stehende Sonne los. 
Jeder einzige meiner Leute hatte natürlich eine ab- 
weichende Meinung darüber, wo Dambabi läge, und 
mit Gewalt mußte ich die Karawanc zusammenhalten, 
aus der fortwährend das „fi moalo?“ „wo ist der 
Weg?“ erklang. Nach 1 / Stunden stießen wir auf 
einen breiten Weg, den ich sofort für den Weg 
Dutukpenne—Dambabi erklären konnte. Die Freude 
meiner Leute war groß. Eine Viertelstunde später 
hielten wir an dem 15 Meter breiten Pellema, an 
dessen Ufer einige Haussa-Karawanenhütten standen, 
was uns die Gewißheit gab, daß wir uns auf dem 
Wege Kete —Tribu befanden. Ich persönlich ging 
noch in der Dämmerung einige Kilometer den Weg 
weiter, in der Hoffnung, ein Dorf zu finden, was 
sich aber nicht bestätigte. Obwohl sich einige flüchtige 
Antilopen und Büffel, in dem Uferwald auch Affen 
und Perlhühner zeigten, gelang es uns doch nicht, 
zu Schuß zu kommen, und wir mußten den Tag 
Alle ohne jede Nahrung bleiben; doch waren meine 
Leute nun wieder guten Muthes. 
Ich halte die Otiniederung mit ihren zum Theil 
sumpfigen Grasstrecken für ungesund und glaube, daß 
hierin vielleicht der Grund für die geringe Bevölke- 
rungsdichtigkeit der Ebene zu suchen ist. 
Am folgenden Morgen wurde zeitig aufgebrochen. 
Der Weg führte durch Grassavanne, die ziemlich dicht 
mit Akazien und Sheabutterbäumen bestanden und 
häufig mit Termitenhaufen durchsetzt war. Fünf bis 
sechs Kilometer zu unserer Linken erhob sich das 
Gebirge. Wir marschirten in südwestlicher Richtung. 
Eine frische Leopardenspur führte längs des Weges; 
dichte Heuschreckenschwärme begleiteten uns. Nach 
links führte ein Weg ab, es war der Weg nach 
Dambabi. Wir aber behielten unsere NRichtung bei, 
auf den Oti los. Endlich trafen wir einige Leute 
und bekamen so einen Führer. Der rechts sich ab- 
zweigende Weg geht über Banka nach Kralji, doch 
behalten wir den alten Weg bei, der näher ist und 
über Atasi nach Kratji führt. Hin und wieder 
öffnen sich weite parkartig bestandene Wiesen mit 
kurzem saftigen Gras, einige Wildgänse ziehen über 
uns fort, und gegen Mittag erreichen wir den Otifluß. 
Er ist tief eingeschnitten, mit nicht zu dichtem Ufer- 
wald, so daß niches die Nähe des Stromes ankündet, 
bis man unmittelbar an seinem Wasserspiegel hält. 
Er ist etwa 100 Meter breit und so tief, daß mir 
beim Durchreiten das Wasser bis über die Kniee 
ging. Mehrere Meter hohe Sandufer fallen steil 
zum Wasser ab. Hier verließ uns der Führer, denn 
drüben am rechten Ufer sollte Atafi, die Stadt des 
Ata, liegen. Trotzdem suchten wir stundenlang in 
den Feldern am rechten Ufer, ehe wir Atafi fanden; 
man muß im Fluß etwa 400 Meter stromauf gehen
	        
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