Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

geordnet. Die hierauf bezügliche Verordnung, welche 
unter der Bezeichnung „Matabeleland Order in 
Council 1894“ in der „London Gazette“ vom 
27. Juli d. Is. veröffentlicht wird, läßt die dem 
High Commissioner durch die oben erwähnten Vor- 
schriften übertragene Machtvollkommenheit vollständig 
unberührt, beschäftigt sich vielmehr lediglich mit den 
ihm unterstellten Behörden und dem Verfahren vor 
denselben. 
Ihr Geltungsbereich ist dasjenige Gebiet südlich 
vom Zambesi, welches begrenzt wird von den portu- 
giesischen Besibungen, der südafrikanischen Republik, 
von dem Shashiflusse, den Territorien des Häupt- 
lings Khama von Bamangwato bis zum Zambesi 
und von diesem Flusse bis an die portugiesische 
Grenze, unter Einschluß eines Gebietes von zehn 
Meilen im Radius um das Fort Tuli und unter 
Ausschluß des Distrikts von Tati. 
Die Verwaltung dieses so umgrenzten Gebietes 
liegt in den Händen der British South Africa 
Company. Diese hat an die Spitze einen Ad- 
ministrator und ihm zur Seite die nöthigen Unter- 
beamten zu stellen und zu besolden. Vor Anstellung 
des Administrators hat sie die Genehmigung des 
Staatssekretärs einzuholen. Eine gleiche Zustimmung 
ist erforderlich bei Festsetzung seines Gehaltes. Die 
Amtsdauer des Administrakors beträgt drei Jahre, 
eine Wiederanstellung ist zulässig. Wenn nach Ab- 
lauf dieser Zeit oder sonst im Falle der Vakanz 
nicht innerhalb neun Monaten die Neubesetzung dieser 
Stelle durch die Company erfolgt, ernennt der 
Staatssekrelär einen Administrator. Aus dem Amte 
kann ein solcher nur unter Zustimmung des Staats- 
sekretärs entlassen werden. Gesetzlicher Vertreter 
des Administrators ist der richterliche Beamte. 
Dem Administrator zur Seite steht ein „Council“, 
bestehend aus dem Richter und drei Mitgliedern. 
Letttere werden von der Company unter Zustim- 
mung des Staatssekrelärs bestellt. Alle zwei Jahre 
muß eines dieser drei Mitglieder ausscheiden und 
zwar immer dasjienige, welches am längsten im Amte 
war. Ausgeschiedene Mitglieder können wieder be- 
stellt werden. 
Dieser „Rath“ hat zusammenzukommen, so oft 
ihn der Administrator beruft. Letßterer führt den 
Vorsitz, und seine Stimme giebt bei Stimmengleichheit 
den Ausschlag. Im Uebrigen entscheidet Stimmen-= 
mehrheit. In allen wichtigen Angelegenheiten soll 
der Administrator die Ansicht des „Raths“ einholen. 
Dies schließt jedoch nicht aus, daß Ersterer in drin- 
genden Fällen allein die Entscheidung trifft. Er 
hat aber dann nachträglich, und zwar sobald dies 
geschehen kann, die getroffenen Maßregeln der Be- 
gutachtung des „Nathes“ zu unterbreiten. In allen 
Fällen, in welchen ein Rathsmitglied widerspricht, 
kann es verlangen, daß der Widerspruch mit den 
Gründen zu Protokoll genommen und der Company 
vorgelegt wird. Letztere kaun die Mahnahmen des 
Administrators stets abändern und aufheben. 
  
458 — 
Die Company kann durch Verordnung (ordinance), 
der Administrator unter Mitwirkung des Rathes durch 
Regulativ (regulation) — Beides jedoch unter Auf- 
sicht des Staatssekretärs — im öffentlichen Interesse 
Verordnungen erlassen und für den Fall der Zu- 
widerhandlung Geldstrafe bis zu 10 F androhen, 
auch Abgaben erheben. Steuern und Einfuhrzölle 
können jedoch nur durch die Company angeordnet 
werden, und nur soweit dies zur Deckung der Ver- 
waltungskosten erforderlich ist. Diesbezügliche Ver- 
ordnungen bedürfen gleichfalls der Zustimmung des 
Staatssekretärs. 
Weder die Company noch der Administrator 
darf den Eingeborenen Bedingungen, Einschränkungen 
u. s. w. auferlegen, die nicht auch in gleicher Weise 
für die Europäer bestehen. Ausnahmen werden nur 
hinsichtlich des Handels mit Waffen, Munition und 
Spirituosen zugelassen. Die Eingeborenen können 
in gleicher Weise wie die Europäer Land erwerben, 
belasten und veräußern. Die hierauf bezüglichen 
Verträge haben aber nur dann Gültigkeit, wenn sie 
vor einem Beamten abgeschlossen und mit dem Attest 
des Letzteren versehen sind, daß die Kontraktsbedin- 
gungen angemessene und vernünstige sind. Für den 
Fall einer Revolte gegen die Company oder bei sonst 
schlechter Führung eines Häuptlings oder Stammes 
kann der Administrator unter Zuziehung des „Nathes"“ 
den Schuldigen eine angemessene Strafe auferlegen. 
Der High Commissioner kann dieselbe ganz oder theil- 
weise erlassen. 
Was nun die Justizverwallung anlangt, so ist 
als ordentliches Gericht erster Instanz der sogenannte 
High Court of Matabeleland mit voller Straf= und 
Civilgerichtsbarkeit eingerichtet. Civilprozesse unter 
Eingeborenen werden nach Eingeborenenrecht ent- 
schieden, soweit dasselbe nicht mit dem natürlichen 
Rechte, dem Rechte der Moral und den soust er- 
lassenen Vorschristen im Widerspruch steht. In 
diesen Eingeborenenprozessen hat die Zuziehung eines 
oder zweier eingeborener Beisitzer zu erfolgen, welche 
den Gerichtshof über das Recht und Herkommen 
bei den Eingeborenen zu belehren haben. Im 
Uebrigen soll das bei den Gerichtshöfen in der 
Kapkolonie bestehende Versahren beobachlet werden. 
In denjenigen Fällen, in welchen bei Beurtheilung 
von Ciwvilrechtsfällen das Eherecht zu berücksichtigen 
ist, sind die auf polygamischer Grundlage geschlossenen 
Ehen als rechtsgültig anzusehen, sofern die Polygamie 
durch das Eingeborenenrecht anerkannt wird. 
Die Richter werden von der Company unter 
Zustimmung des Staatssekretärs angestellt. Ihres 
Amtes entsetzt können sie nur von Lehterem werden. 
Das Richtergehalt wird wie dasjenige des Admi- 
nistrators von der Company festgesebt. Dessen Höhe 
unterliegt der Genehmigung des Staatssekretärs. 
Todesurtheile müssen vom High Commissioner bestätigt 
werden. Derselbe kann auch im Uebrigen Urtheile 
des High Court abändern oder aufheben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.