durch Gründung von Werkstätten, Filialen hervor-
treten, soweit eine tropische Kolonie dies überhaupt
gestattet; selbständigen Handwerkern werden sich zu-
nehmende Erwerbsaussichten eröffnen — kurz und
gut, das Land selbst wird zur Befriedigung vieler
Bedürfnisse die Möglichkeit bieten. um deren Willen
man sich noch heute nach Europa wenden muß.
Das wirkt nothwendigerweise auf den Inlandver-
kehr zurück, und entlegene Binnenstriche werden auf
eine prompte Küstenverbindung um so größeren Werth
legen, je mehr Europäecr dort ansässig sind. Diesem
Bedürfniß kommt der Telegraph in wirksamster Weise
entgegen; der Kilimandjaro dürfte für ihn wohl am
ehesten von allen Binnengebieten in Betracht kommen.
Die Usambara-Eisenbahngesellschaft baut schon
aus eigenen Betriebsrücksichten bis Korogwe eine
Telegraphenleitung. Die Fortsetzung derselben wäre
zweckmäßig in der Weise zu führen, daß sie sich
immer an die Hauptverkehrsstraße hält, weil dort
sowohl der Transport der nöthigen Materialien wie
die Beaussichtigung der Anlage am leichtesten fällt.
Statt der Postroute Buiko—Opui via Hedarn,
wird die Telegraphenlinie, wenn sie sich dadurch ouch
etwas verlängert, besser dem Pangani folgen, soweit
die Bodenverhältnisse es gestatten. Für eine ober-
irdische Anlage sind dort die nöthigen Hölzer vor-
handen, welche in der Steppe gänzlich fehlen.
Außerdem wird eine sich am User entlang ziehende
Hochleitung nicht in demselben Maße Störungen
ausgesetzt sein wie im offenen Lande. Von unter-
irdischer Kabellegung wäre der Kosten halber wohl
abzusehen.
Am Kilimandjaro endet die Leitung natürlich
am Centralsitz der dortigen Unternehmungen, wo die
Einrichtung eines selbständigen Postamtes nothwendig
wird. Ob diese Zukunftsstätte in der eben im Bau
begriffenen Moschistation zu erblicken ist, scheint mir
fraglich. Für die Lage der Leßteren waren aus-
schließlich militärische Gründe maßgebend; wirthschaft-
lich muß man sie als ungünstig bezeichnen. Wo
aber auch die spätere Landesverwaltung ihren Siß
aufschlagen mag, jedenfalls wird es sich empfehlen,
die zerstreuten Kulturstätten des Berges durch ein
telephonisches Neß mit dieser und dadurch mit der
eivilisirten Welt zu verbinden.
Schluß.
Es ist dem Vorstehenden wenig mehr hinzuzu-
fügen. Wir haben versucht, in folgerichtiger Ent-
wickelung die Nothwendigkeit einiger kulturellen Maß-
nahmen darzuthun, welche das Kilimandjarogebiet
seiner praltischen Verwerkhung näher bringen. Wir
sahen, daß die Selbständigkeit dieses Berglandes eine
andere Art der Nugung bedingt, als sie sonst in
unseren überseeischen Gebieten räthlich erscheint. Die
klimatische Eigenart fordert zu einer Besiedelung mit
deutschen Kolonisten auf. Um über die Aussichten
eines solchen Unternehmens ein Urtheil zu gewinnen,
prüften wir die wesentlichen Vorbedingungen des-
657 —
selben, soweit sie im Lande selbst liegen. Einen
dieser Kardinalpunkte, die wichtige Frage der Küsten-
verbindung, fanden wir gänzlich ungeklärt und
wandten uns daher ihrer Untersuchung zu. Dabei
stellten sich die derzeitigen Verhältnisse als sehr un-
günstige heraus. Die Kostspieligkeit des Verkehrs
überhaupt, dazu unsere Unfähigkeit, mit der Linie
einer anderen Nation zu konkurriren, ergaben die
Nothwendigkeit einer durchgreifenden Reform. Wir
erkannten, daß das punctum saliens in dem Be-
förderungsmittel liege, daß das bisher ausschließlich
verwandte, der Mensch, das theuerste sei und eine
Rentabilität ausschließt. Daher sahen wir uns nach
anderen Beförderungsarten um und unterzogen die
in Kolonialländern anwendbaren einer Fystematischen
Untersuchung. Es ließen sich zwei Gruppen unter-
scheiden, Verkehrsmittel 1. und 2. Grades, oder
solche, welche die centralen Stämme bilden, und
andere, die den Anschluß an diese herstellen. In
beiden Gruppen kamen wir zu günstigen und un-
günstigen Resultaten. Wir mußten Unternehmungen,
die daheim ohne Keuntniß unserer Lokalverhälknisse
für zweckmäßig gehalten werden, zurückweisen, andere,
die bisher nicht oder kaum in Brtracht gezogen
waren, für aussichtsvoll erklären, weil ihre Bedin-
gungen mit dem Charakter des Landes harmoniren.
Nachdem wir im Allgemeinen die Frage entschieden
hatten, welche Beförderungsmittel für eine Verbesse-
rung unserer Küstenverbindung in Betracht kommen,
suchten wir das zweckmäßigste System zu eruiren,
wie sich der Verkehr im Einzelnen zu gestalten habe.
Wir wurden dabei vielleicht spezieller, als es nach
der lückenhaften Kenntniß mancher Vorbedingungen
gerechtfertigt erscheint, allein es schien mir ange-
bracht, zu Nutz und Frommen derartiger Unter-
nehmungen die Gedanken einmal auszuspinnen, welche
eine längere Beschäftigung mit der Materie im
Lande selbst in mir angeregt hatte.
Wir wollen noch einen Schrikt weitergehen und
die Frage aufwerfen, wem die etwaige Ausführung
der hier gemachten Vorschläge zufällt. Im Allge-
meinen lassen sich alle Verkehrsmittel in zwei Gruppen
theilen, in solche, deren Betricb im Bereich und der
Macht von Privatpersonen liegt, und andere, zu
deren Herstellung und Betrieb öffentliche Mittel und
die Antorität des Staates erforderlich sind. Zur
ersten Klasse gehören Lastthiere, Wagen, Benutzung
der natürlichen Wasserstraßen, zu letzterer Land-
straßen, Kanäle, Eisenbahnen.
Es geht nun nicht an, auf Kolonialgebiete ohne
Weiteres Institutionen zu übertragen, die sich in
Kullurländern im langen Lauf der Entwickelung
unter wesentlich anderen Bedingungen herausgebildet
haben. Wo dies geschieht, wird den Landes-
verhältnissen ein Zwang angethan, der sich früher
oder später rächt. Wenn wir den uns hier be-
schäftigenden Gegenstand unter diesem Gesichtspunkt
prüfen, so ergiebt sich von vornherein der wesentkliche
Unterschied gegenüber heimischen Zuständen, daß die