Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

einiger Zeit eingestellt, aber kein Frieden geschlossen. 
Infolge dessen fühlten die Eingeborenen sich nicht 
hinreichend sicher und unterließen es, ihre Wohnungen 
wieder zu beziehen sowie die Arbeiten auf den 
Pflanzungen aufzunehmen. Ebenso wenig war die 
Station in der Lage, von den lästigen Vorsichts- 
maßregeln, insbesondere von dem ermüdenden Wache- 
gehen, abzusehen. Die Märkte blieben nach wie vor 
unbesucht, und die einheimischen Nahrungsmittel mußten 
von den Eingeborenen am Simpsonhafen gekauft 
werden. 
Der Landeshauptmann ließ den feindlichen Stäm- 
men alsbald seine Ankunft mittheilen und eine Ver- 
handlung auf einem im Inland gelegenen Higel, der 
eine weite Umschau gestatiet und deshalb Sicherheit 
gewährte, vorschlagen. Seine Bedingungen waren, 
daß fortan wieder Ruhe gehalten und der friedliche 
Verkehr hergestellt werden sollte. Zum Zeichen der 
Unterwerfung und des Friedensschlusses sollten die 
drei großen Stämme Tinenavuddu, Ulagunan und 
Malagunan je 100, die beiden kleinen Stämme 
Palnapullu und Bitavebbavebbeve zusammen 50 Faden 
Diwarra zohlen. Eine solche Zahlung ist unerläßlich, 
da nur durch solche unter gleichzeitiger Zusendung 
von Tegetteblättern (eine Art Dracaene) der Frieden 
nach der nationalen Sitte geschlossen werden kann, 
anderenfalls aber ein Zustand des Auflauerns und 
der Blutrache bestehen bleibt. Die festgesezten Be- 
träge waren aber so gering als möglich bemessen. 
Die Häuptlinge nahmen den Vorschlag an und 
versprachen, am 26. Oktober v. Is. auf Giregire- 
baluakavur zur Verhandlung zu erscheinen. Der 
Landeshauptmann begab sich deshalb in Begleitung 
von Herrn und Frau Parkinson, welch leßtere 
den größten Einfluß über die Eingeborenen besitzt, 
mit nur wenigen Gewehren nach der verabredeten 
Stelle, woselbst die Häuptlinge indeß trotz ihrer Zu- 
soge nicht erschienen. Der Platz war in dem Busche 
und in den angrenzenden Thälern gefüllt mit Em- 
geborenen; aber erst nach stundenlangen Bemühungen 
gelang es, drei wohlbekannte, aber einflußlose Leute 
zum Erscheinen zu bewegen. Es wurde dadurch er- 
reicht, daß der Stamm Bitavebbavebbeve einige Tage 
später um Frieden bat und seine Buße einsendete. 
Auf diesem Stande sind die Dinge vor der Hand 
geblieben. Die Häuptlinge sind lediglich aus Angst 
nicht erschienen. 
Die Eingeborenen sind gegenwärtig so einge- 
schüchtert, daß sie selbst vor Frau Parkinson zurück- 
wichen und sich nur auf Zurufe aus der Ferne ein- 
ließen. Die größere Menge ist dem Frieden und 
der Verkehrsaufnahme geneigt. Einige streben aller- 
dings danach, alle Beziehungen zu den Weißen ab- 
zubrechen, was aber im Sande verlaufen wird, da 
die Stämme bereits derartig an die Tauschartikel 
gewöhnt sind, daß sie die Weißen nicht mehr ent- 
hren können und thatsächlich schon unter dem 
Mongel an Tabak u. s. w. erheblich litten. Nur 
Tinenavuddu, von je her der Herd aller Unruhen und 
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die Sammelstelle der schlechtesten Elemente, verlangt 
nach Fortsetzung des Kampfes und hat auch mir 
Drohungen sagen lassen. 
Hoffentlich wird es den Bemühungen der Euro- 
päer in Ralum gelingen, den Frieden zu fördern. Der 
Stationsvorsteher Kolbe ist angewiesen, sich lediglich 
auf eine elwa nothwendig werdende Vertheidigung zu 
beschränken. Eine gute Wirkung wurde von dem be- 
vorstehenden Besuche eines Kriegsschiffes im Archipel 
erwartet, der inzwischen erfolgt sein dürfte. 
  
Aus dem Bereiche der Missiovnen und 
der Antisklaverei-Bewegung. 
1. Die Mission der Brüdergemeinde 
(Herrenhuter), welche im Frühjahr vier Brüder, von 
denen einer leider dem Fieber erlag, später noch zwei 
Andere entsandte, hat in der Nähe des 9000 Fuß 
hohen Rungwe-Berges die Station Rungwe ge- 
gründet, wo jetzt fünf Brüder das Missionswerk 
betreiben. Die 5000 Fuß hoch gelegene Station 
liegt sehr gesund, und die Eingeborenen zeigen sich 
freundlich und entgegenkommend. Die Missions- 
gesellschaft der Freischotten hat ferner den Herren- 
hutern die von ihr früher besetzte Station Kararamuke 
überlassen. 
2. Die Berliner Missionsgesellschaft, deren 
Sendboten am 6. Juli 1891 in Kilimane gelandet 
waren, hat außer der damals begründeten Station 
Wangemannshöhe am Fuße des Livingstone-Gebirges 
im Jahre 1892 die Station Manow am Abhange 
des Kigö-Berges, 4500 Juß hoch, neuerdings die 
eben so hoch gelegene Station Muakarere am Lufira- 
Fluß und eine vierte, nahe bei der von Major 
v. Wissmann angelegten Station Langenburg am 
Nyassa-See, auf der Halbinsel Ikombe gegründet. 
Das Missionswerk hat einen guten Fortgang. Der 
Leiter sämmtlicher Stationen im Kondeland ist seit 
der Heimkehr des Superintendenten Merensky 
Missionar Nauhaus in Wangemannshöhe, der die 
Sprache bereits so beherrscht, daß er schon mit 
Uebersebungsarbeiten beschäftigt ist. 
  
Die rheinische Abtheilung des evangelischen Afrika- 
vereins hat vor Kurzem eine Versammlung in Coblenz 
abgehalten. Der Verein besißt gegenwärtig 831 Mit- 
glieder, die sich auf 77 Orte vertheilen. 
Der Leiter der rheinischen Mission, Missions- 
inspektor D. Schreiber, der demnächst eine Neise 
nach Südwestafrika antritt, wurde beauftragt, zu er- 
mitteln, auf welche Weise der evangelische Afrika- 
verein die dortige Mission am wirksamsten unterstüten 
könne. An eine Debatte über die beste Art des Vor- 
gehens des Vereins schlossen sich Vorträge des Ge- 
neralsuperintendenten D. Baur über „Sklaverei und 
Mission“ und des Missionsinspektors D. Schreiber
	        
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