Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

würde auch den Schulknaben zu gute kommen, die 
bisher an den schlechten Wasserplätzen ihr Wasser 
holen mußten. 
RKus fremden RKolonien. 
Ueber Brilisch= Meu. Guinea. 
Britisch-Neu-Guinea ist durch Patent vom 4. Sep- 
tember 1888 der Herrschaft der englischen Krone 
unterstellt worden, dabei wurde aber zwischen der 
englischen Regierung und den drei australischen Kolonien 
Viktoria, Neu-Südwales und Queensland eine Ver- 
einbarung dahin getroffen, daß letztere sich verpflich- 
teten, jährlich 5000 Pfd. Sterl. zu den Verwaltungs- 
losten beizustenern und die Hälfte des Unterhalts des 
Regierungsdampfers „Merrie England“ zu tragen, 
zudem aber eine gewisse Mitwirkung in der Ge- 
schäftsführung erhielten. Die neue Besitzung wurde 
daher nicht dem Kolonialamt in London direkt, son- 
dern in erster Stelle dem Gouverneur von Queens- 
land unterstellt, welchem ein „Executive Council“ in 
allen Angelegenhciten Britisch-Neu-Guineas als Organ 
zur Seite steht. Die ordentlichen Verwaltungskosten 
betrugen im letzten Rechnungsjahre 15.000 Pfd. Sterl., 
denen eine Einnahme von etwa 6000 Pfd. Sterl. 
gegenübersteht. 
Die Regierung ist seit der Besitzergreifung stelig 
in der Befsestigung ihrer Stellung und in der 
Schaffung von Verwaltungseinrichtungen vorgegangen. 
Ihre allgemeine Politik bezweckt die Wahrung des 
Besitzstandes der Eingeborenen an Grund und Boden 
und die Heranziehung derselben zu einer geordneten 
Produktion; sie hat daher die Ausfuhr der Einge- 
borenen als Arbeiker auch nach Qucensland verboten 
und sich den Verkauf des freien Landes und die 
Negelung der Besiedelungsfrage vorbehalten. Für 
die Europäer bemüht sich die Regierung, gesicherte 
und gute Verbindungen zu den Eingeborenen herzu- 
siellen und ihnen, soweit möglich, mit Hülfsmitteln 
bei der Aussuchung der Leßteren an die Hand zu 
gehen. Die verwaltende Thätigkeit der Regierung 
hat nun in Kurzem folgenden Verlauf genommen: 
Den ersten Besuchen der Beamten gegenüber verhielt 
sich die Bevölkerung völlig unzugänglich; es kam 
auch zu ofsenen Feindseligkeiten, in denen diese hart 
mitgenommen wurden. Die Zeit der Kämpse war 
aber bald vorüber, die Eingeborenen begannen sich 
der englischen Verwallung und Rechtsprechung zu 
sügen. Gefängnisse wurden errichtet, eine Polizei- 
truppe gebildet, das Land in vier Verwaltungsbezirke 
mit besonderen Unterbeamten zur Wahrnehmung der 
Geschäfte getheilt und eine geregelte Postverbindung 
eingerichtet. Die Durchforschung des Landes wurde 
lebhaft betrieben, die Küste in ihrem Verlaufe karto- 
graphisch sestgestellt. Ein Hauptaugenmerk richtete 
die Regierung weiter auf die Bepflanzung großer 
Flächen mit Kokosnußbäumen und auf die Anlegung 
von Versuchsfeldern für fremde und einheimische Nutz- 
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pflanzen, auf den Bau von Wegen, Trockenlegung 
von Sümpfen u. s. w. Nach den gemachten Erfah- 
rungen haben sich die errichteten Gesängnisse als eine 
besondere Schule für die Verbreitung der Gesittung 
unter den Eingeborenen erwiesen; sie werden darin 
an regelmäßige Arbeit und Lebensführung gewöhnt 
und haben Gelegenheit, mit Europäern und An- 
gehörigen der verschiedensten, für sie fremden Stämme 
zu verkehren, Sprachen zu lernen, neue Einrichtungen 
und Gewohnheiten zu sehen und anzunehmen. Aus 
den entlassenen Sträfliugen gehen denn auch die besten 
Polizeisoldaten, sowohl der Polizeitruppe als in den 
Dörfern hervor. 
Eine bedeutende Unterstützung wird der Regierung 
von den im Lande thätigen vier Missionen zu Theil; 
es sind dies die Brüder vom Heiligen Herzen, die 
Wesleyaner, die Londoner Missionsgesellschaft und 
die anglikanische Mission. Wünschenswerth erscheint 
im Interesse der kulturellen Erschließung des Landes 
eine erhebliche Verstärkung der Zahl der Laienbrüder, 
um tüchtige Arbeitskräfte zu erlangen. 
Mit der Verwaltungsthätigkeit hielt die Gesetz- 
gebung auf allen Gebieten gleichen Schritt. Als 
allgemeiner Grundsatz gilt, daß die Gesetze der Kolonie 
Qucensland entsprechend zur Anwendung zu bringen 
sind, soweit nicht Sonderbestimmungen getroffen 
wurden. 
Verboten ist die Einfuhr von Feuerwaffen, Schieß- 
bedarf, Pulver, berauschenden Getränken und Opium 
zum Handel mit den Eingeborenen; verboten ist 
weiter die Ausführung von Eingeborenen als Ar- 
beiter; die Bergwerlsverhältnisse und der Landkauf 
wurden geregelt. 
Zur Förderung der Rechtspflege wurden für die 
bürgerliche und Strafgerichtsbarkeit ordentliche Ge- 
richte bestellt und ein Instanzenzug geschaffen. In 
Civilsachen hat der Centralgerichtshof für Neu-Guinea 
denselben Kreis sachlicher Zuständigkeit wie der oberste 
Gerichtshof von Queensland: in Strassachen dagegen 
ist noch in gewissen Fällen Berufung vom Ersteren 
an den Letzteren zulässig. 
Die Gesetzgebung hat auch in die Regelung der 
Verhältuisse der Eingeborenen eingegriffen. Besondere 
Bestimmungen sind erlassen über Diebstahl und dessen 
Bestrafung, über die Todtenverbrennung, über Ver- 
leumdung und Bedrohung, Ehebruch, Schaffung einer 
Polizeitruppe in den Dörfern, über Zauberei, Wegebau, 
über Anpflanzung von Kolosnüssen. Erwähnung ver- 
dient, daß der rechtlichen Anschauung der Eingeborenen 
insosern Nechnung getragen worden ist, als die an- 
gedrohte Strafe häufig in einer an den Geschädigten 
zu zahlenden Buße besteht. 
Die Ausführung der Gesetze wird sorgfältig 
überwacht. Die Zahl der weißen Bevölkerung be- 
trägt bis jenzt etwa 300 Meonschen. 
Das Land selbst ist in Anbetracht seiner Lage 
nicht ungesund; es ist frei von Scharlach, Blattern, 
Friesel, Masern, Keuchhusten, dem gelben Fieber und 
Typhus. Dusenterie ist fast unbekannt; Aussat
	        
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