Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Loitaplateau fielen alle Esel, wie es schien, durch 
tödlich wirkende Fliegenstiche. Von den fünf Ka- 
melen mußten schon zwei in Tanga dem Metzger über- 
antwortet werden, eins starb schon auf dem Marsch 
nach Muhoga, eins auf dem tödlichen Marsch, 
50 Stunden ohne Wasser, vom Borgo nach Ngaruka, 
und das letzte mußte ich am Abend des 6. Mai am 
Ostufer des Dabash schlachten lassen, weil keine 
Möglichkeit war, es hinüber zu bringen. Die Laune 
der Träger fiel jetzt bei dem Nahrungsmangel unter 
Null. Schon lange gab es keine andere Chakula 
(Essen), als was durch meine Büchse fiel, und trotz- 
dem dies immer reichlich war, so konnte es doch 
einen Trägermagen nicht füllen. Es stieg bis zur 
offenen Empörung, der ich nur ein Ende machte, 
als ich mit dem Revolver unter sie trat und befahl, 
die Lasten niederzulegen. Sie seien sämmtlich entlassen 
und ich würde mit den Askaris allein weitergehen. 
Nach einer halben Stunde Schauri war die ganze 
Safari (Karawane) vollzählig im Marsch. Am 
10. Mai erreichten wir die ersten Anpflanzungen in 
Urege. Ein wahrer Höllenlärm erhob sich bei den 
Trägern, als sie die erste Mtamaschambe sahen, und 
zwei Tage war ich marschunfähig. Die Warege und 
Wanjabassi sind ein sehr zahlreicher und kriegerischer 
Stamm. Ich habe später überall durch ruhiges Schauri 
mit den Leuten auch bei den Wagagas Essen be- 
kommen. Wie ich überhaupt meinen Stolz darin 
setzen wollte, ohne Streit meine Reise zu beendigen. 
Die Wareges und Wanjabassis, später noch einige 
andere Stammesnamen führend, sind auch abgefallene 
Massais, mit diesen in Feindschaft lebend, aber 
Kimassai tupn sprechend und ganz ihre Manieren 
zeigend. Schöne, kräftige Leute! Die Warege schätze 
ich auf 500 bis 1000, die Wanjabassi auf 1000 
bis 2000. Sie leben in stetem Krieg mit den Be- 
wohnern der Seeküste. Ich war, da ich ohne Führer 
weitergehen mußte, sehr neugierig, wo ich am See 
landen würde, und glaubte mich am 17. Mai früh, 
von einer Höhe ein tiefes Thal mit Nebel angefüllt 
für den See haltend, zu früh am Ziel. Erst am 
18. erreichte ich die Moribucht. 
Am See stieß ich zunächst auf einen Wagaga- 
stamm, die Bassoba. Sie wurden durch meine Safari 
vollständig überrascht, einzelne Wciber stürzten aus 
den Schamben in die Dürfer, die in die Felsen des 
hohen Ufergebirges eingebaut sind, und in den Dör- 
fern entstand ein großes Kriegsgeschrei. Ich ließ 
aber meine Karawane halten und ging mit meinem 
ersten Führer Ferugi an das erste Dorf heran und 
sorderte auf, zum Schauri zu kommen. Sie sprachen 
Kikavirondo, wie an der ganzen Küste bis zu den 
Washomas, wo das Kisukuma anfängt, und sind 
richtige Wagaga. Ihren Sultan Ribogo suchte ich 
am nächsten Tage an der Shiratibucht auf. 
Am 22. Mai zog ich mit meiner kleinen Heeres- 
macht an die Ugayabucht. Warum sie Kavirondo- 
bucht heißt, ist mir ein Räthsel. An der Buchtspitze 
641 
  
mitten im Sumpf, der die ganze Bucht umngiebt, 
sitzt die Sultanin Manyana, eine Dame von etwa 
40 bis 45 Jahren. Sie empfing mich sehr zuvor- 
kommend und bat mich, längere Zeit bei ihr zu 
bleiben. Am Pfingstsonntag, der mit dem Ramazan 
zusammenfiel, blieb ich an der Shiratibucht und 
marschirte dann am Ostufer entlang, mit großen 
Schwierigkeiten über den Mara setzend, nach Süden, 
in der Absicht, auf Majita zu gehen und von dort 
nach Ukerewe und um den Spekegolf herum nach 
Muanza zu kommen. Ich richtete meinen Marsch 
nach Baumanns Karte und rechnete etwa drei Tage 
auf die Strecke Maramündung —Höhe von Majita, 
befand mich aber am Abend des zweiten Tages so 
weit südlich, daß ich die Richtung auf Katoto am 
Spekegolf einschlug und am Nordrand des Spekegolfs 
entlang bei Rugedzi nach Ukerewe überging und am 
13. Juni auf der neuen französischen Mission eintraf. 
Von der Einäscherung der Gebäude in Neuwied 
wußte ich nichts, auch nichts von der Verlegung der 
Mission. Dies erfuhr ich erst belm Uebergang, der 
übrigens über die Begriffe übel ist. Ich bin über 
eine Stunde bis an die Arme im Wasser gegangen, 
Bussole, Routenbuch, Tabakbeutel und Streichhölzer 
hoch in der Luft tragend. Das abgebrannte Neuwied 
zeugt von verschwundener Pracht. Ein Gebäude- 
komplex wie für ein Infanterie-Regiment! 
Von Ukerewe setzte ich am 16. nach Mcjita über. 
Es waren, um meine zehn Askaris und drei Lasten 
herüberzubringen, 16 Boote und 100 Mann erfor- 
derlich. Ich erstieg den Majitaberg, von wo ich einen 
wundervollen Einblick in die Land= und Wasser- 
verhältnisse des großen Majita-Archipels hatte. Ich 
war durch den Uebergang bei Rugedzi und durch die 
4½ stündige Ueberfahrt in dem wasserreichen Boot 
etwas mit meiner Gesundheit in Konflikt gerathen, 
so daß ich den Gedanken, die Insel Ukerewe ganz 
aufzunehmen, aufgab und mich am 20. von Neuwied, 
wo mich der Lieutenant Kollmann am 19. erwar- 
tete, im Stokesschen Boote nach Muanza einschiffte. 
Nach zwölfstündiger Ueberfahrt, während der ich vom 
Fieber geschüttelt wurde, trafen wir dort ein. Hier 
habe ich meine Karten beendigt, den Bischof in Bu- 
kumbi besucht und dort Alles auf das Schönste in 
Ordnung gefunden. Am 1. Juli gedenke ich nach 
Bukoba aufzubrechen. 
Wissenschaftliche Lammlungen. 
Mit dem Reichspostdampfer „Bundesrath“ ist 
eine im Bezirk von Mpapua durch den Lieutenant 
Glauning zusammengebrachte Sammlung ethno- 
graphischer Gegenstände für das Museum für Völker- 
kunde eingetroffen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.