Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

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luftigen Scheune zur Verschickung bereit. Auch sah 
ich einige hübsche Theesträucher. 
Die Pflanzung Mgambo der R. H. P. G. zeigte 
sich mir in ihren allernenesten Anfängen. Es ist 
anzunehmen, daß bei den gerade dort recht aus- 
reichenden europäischen Arbeitskräften — ein Leiter 
und drei Gehülfen — die Arbeit rüstig fortschreiten 
wird. Gerodet sind bereits 160 ha; in, den Samen- 
beeten kommen 160 000 Pflänzchen eben hervor. 
Dieselben wurden zunächst auch ohne Bedeckung ge- 
halten; man wird sich nun aber doch noch entschließen, 
ihnen Sonnenschutz zu geben. Es sollen noch in 
diesem Jahre 70 000 davon ausgesetzt werden. Die 
Pflanzung arbeitet mit 60 Vertragsarbeitern und 
60 bis 70 Tagelöhnern. Die Baulichkeiten sind zu- 
nächst noch recht ursprünglich. Ein Aufstieg zu der 
oberhalb der Pflanzung gelegenen umfangreichen 
Hochweide mit üppigstem Graswuchs ließ es mir 
unzweifelhaft erscheinen, daß hier Viehwirthschaft in 
großem Maßstabe getrieben werden kann. 
Die letzte Pflanzung, die ich besuchte, ist das 
auf dem steilen, Usambara vorgelagerten und von 
seinen Höhenzügen durch den Zigi getrennten Mlinga- 
berg gelegene Magrotto der W. H. P. G. 
Bei der Anlage der europäischen Gebäude scheint 
hier am wenigsten gespart zu sein; dadurch ist denn 
auch eine große Zweckmäßigkelt und Bequemlichkeit 
erzielt worden: auf drei getrennten Hügeln werden 
der Direktor, der verheirathete Leiter und die beiden 
unverheiratheten Gehülfen ihre selbständige Häuslich- 
keit haben. Namentlich das im Bau begriffene Haus 
des Direktors dürfte auch weitgehenden Ansprüchen 
genügen; es wird aus europäischem Holz, aber nach 
hiesigen Entwürfen errichtet. Da Magrotto in der 
fruchtbaren Magillaebene gelegen ist, sind die Nah- 
rungsmittel außerordentlich billig, was wieder selnen 
günstigen Einfluß auf die Arbeiterverhältnisse ausübt: 
500 bis 600 Mann sind stets zu haben; den Stamm 
bilden 50 Chinesen. Dadurch ist es möglich gewesen, 
fast ein Drittel der Bodenfläche, nämlich 300 ha zu 
roden; auch macht man sich Hoffnung, noch im lau- 
senden Jahre von der halben Million in den vor- 
züglichen Samenbeeten stehenden Pflänzchen 300 000 
auszusetzen. Es wird arabischer Kaffee gepflanzt, 
mit Liberia wird nur ein Versuch gemacht. Der 
besseren Uebersicht und Aufsicht wegen sind je 2 ha 
durch Feldwege getrennt, nach Bulwas Vorbild, wo# 
die Felder sogar nur je 1 ha fassen. Dadurch allein 
ist in genaue Berechnung der stehenden Bäume 
möglich. · 
Ueber den Boden kann selbstverständlich ein 
Urtheil noch nicht gefällt werden; bietet er aber 
dasselbe, was die Usambaraberge hergeben, so muß 
Magrotto in Anbetracht des Arbeiterüberflusses und 
der nur zwei Stunden entfernten Bahnstelle Muheza 
die größten Aussichten haben. 
Wenn ich hier am Schlusse meine Eindrücke zu- 
sammenfassen soll, so muß ich gestehen, daß ich von 
dem Gesehenen in hohem Grade überrascht und be- 
  
friedigt bin. Es mögen hier und da Irrthümer und 
versehlte Versuche zu beklagen sein: wie wäre es in 
einer jungen Kolonie des jüngsten Kolonialvolkes anders 
möglich? Man denke an das Mißgeschick, das vor 
zwanzig Jahren das älteste Kolonialvolk auf Ceylon 
ereilte, wvo man sich mit einem Schlage genöthigt 
sah, den das Land bedeckenden Kaffeebau aufzugeben 
und mit Thee von Neuem zu beginnen; und zwar 
mit dem Erfolge, daß die Theeausfuhr von 1877 
bis 1887 von 3500 auf 22 Millionen Pfund stieg! 
In Mexiko zeitigte der Kaffeebau anfangs nur Miß- 
erfolge. Die Arbeiterfrage in den westlichen Theilen 
des Landes war brennend, zum mindesten viel bren- 
nender als in Usambara. Schon begann man an 
dem Beruf Mexikos zum Kaffeebau zu zweifeln, als 
es wie mit einem Schlage gleichzeitig überall glückte- 
es war der Punkt eingetreten, wo die Zeit der Ver- 
suche ihren Abschluß erreicht hatte, und die Erfolge 
traten wie über Nacht ein. Heute ist Mexiko eines 
der ersten Kaffeeländer der Welt. 
Was ich in Usambara gesehen habe, erfüllt mich 
mit Hochachtung vor der deutschen Arbeit. Die 
Bevölkerung beginnt überall die Scheu vor den Euro- 
päern mehr und mehr abzulegen; als ich mich Ma- 
gilla näherte — Bezirk des Akida Abdallah von 
Sega —, strömten aus jedem Dorfe die Männer 
mit Trommel= und Paukenschlag herbei, geführt von 
dem Jumben, welcher sich die schwarz-weiß-rothen 
Farben mit Stolz vorantragen ließ. Die Frauen 
hatten sich mit den kleinen Kindern überall am Wege 
aufgestellt und riefen freundlich ihr Jambo Bana. 
Gegen Magilla und Muheza zu mag der mich be- 
gleitende Zug auf einige Hundert mit 50 Fahnen 
angeschwollen sein. Der Neger begeistert sich leicht, 
aber immerhin sieht man, daß er hier weiß, unter 
deutscher Herrschaft zu stehen. Ob er, oder ob er 
bald einen brauchbaren Arbeiter abgiebt, ist aller- 
dings eine offene Frage, welche meines Erachtens 
von der Wurzel aus nur gelöst werden kann, wenn 
ein Mittel gefunden wird, ihn zur Arbeit zu erziehen, 
das heißt zu zwingen. Auf welche Weise das zu 
erreichen ist, wird demnächst Gegenstand eingehender 
Ermittelungen sein. Daß er das Zeug hat, einen 
tüchtigen Arbeiter abzugeben, wird von den Pflanzern 
nicht bestritten. Immerhin muß es schon als großer 
Fortschritt gelten, daß wir bereits in der Lage sind, 
die Ostasiaten nach und nach ganz durch Afrikaner, 
wenn auch zunächst Wanyema, Wasukuma und Wanyam- 
wesi, zu ersetzen. Einige Pflanzer sind bereits ent- 
schlossen, nach Ablauf der Verträge Chinesen und 
Malayen nicht mehr anzunehmen. Die Wasukuma 
werden, von den Fleischtöpfen Usambaras gelockt, 
zurückkehren und sich allmählich an längeres Aus- 
harren gewöhnen. Die erwerbsamen Wanyamwesi 
arbeiten gern auf den Pflanzungen in der Zwischen- 
zeit zwischen Ankunft und Rückkehr der Trägerkara- 
wanen, nach und nach werden sie immer mehr 
Stammesgenossen auf die Plantagen bringen. Die 
energischen und anstelligen Wanyema, welche in der
	        
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