Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

eines Monats bezw. weiterer 14 Tage mit halbem 
Gehalt. Niemals darf mehr als ein Fünftel des 
Personals gleichzeitig einen solchen Urlaub erhalten. 
— Reisekosten werden bei Urlaubsreisen in keinem 
Falle gewährt. Wird ein Kolonialbeamter mit einer 
Mission ins Innere betraut, so erhält er außer 
seinem Gehalt und sonstigen Bezügen noch die Hälfte 
des Gesammtgehaltes mehr; doch darf die Dauer 
einer solchen Reise nicht 8 Monate üÜbersteigen. 
Außerdem erhält er die Kosten der Hin= und Rück- 
reise ersetzt. 
Dienstliche Sendungen nach Spanien sollen nur 
in dringlichen Fällen erfolgen; auch dürfen Kolonial- 
beamte nicht der Centralstelle oder einer anderen 
Verwaltung in der Heimath aggregirt werden. — 
Stellvertreter von beurlaubten oder sonst verhinderten 
Beamten erhalten die Funktionszulage bezw. die 
Repräsentationsgelder des Vertretenen. 
Was die Rangordnung der einzelnen Beamten- 
kategorien anlangt, so ist bestimmt, daß die An- 
zahl der Dienstjahre und in deren Ermangelung das 
Lebensalter entscheidet. Ranglisten sollen vom 
30. Juni 1892 ab im Juli jedes Jahres aus- 
gegeben werden, welche den Zustand der Rangver- 
hältnisse vom jedesmaligen 30. Juni darstellen. Bei 
Beförderungen ist folgender Turnus innezuhalten: 
Bei der ersten Vakanz hat der Dienstälteste der nächst 
niederen Klasse Anspruch auf Beförderung; bei der 
zweiten die inaktiven Beamten der gleichen oder 
nächst niedrigeren Klasse, falls solche vorhanden; bei 
der dritten kann ein aktiver Beamter der nächst 
niedrigeren Klasse gewählt werden, der gewisse Be- 
dingungen erfüllt; bei der vierten ein inaktiver Be- 
amter der gleichen oder nächst niedrigeren Klasse; 
für die Besetzung der fünften Vakanz bestehen be- 
sondere Bestimmungen über die Auswahl der zu er- 
nennenden Persönlichkeit. Die Versetzung und Zur- 
dispositionsstellung wird von derselben Stelle verfügt 
wie die Ernennung, doch kann der Minister der über- 
seeischen Angelegenheiten die Zurdispositionsstellung 
der Beamten 5. Klasse ohne Weiteres verfügen, womit 
dieselben sodann mit den anderen zur Disposition 
stehenden Beamten rangiren. Wenn diese Inakti- 
virung auf einer groben Vernachlässigung der amt- 
lichen Pflichten des Beamten beruht, so wird er 
event. degradirt auf Grund eines Urtheils einer 
Jury und der für diese in dieser Verordnung fest- 
gesetzten Bestimmungen. - 
Zu der Familie des Kolonialbeamten, welche auf 
Staatskosten mit ihm die Ueberreise nach den Kolo- 
nien antritt, gehören außer der Ehefrau und den 
Kindern die verwittwete Mutter, wenn sie von dem 
Sohne unterhalten wird. Dabei zahlt der Staat an 
die konzessionirte Dampferlinie für jedes Kind 25 pCt. 
des Platzpreises der Kategorie, der der Beamte an- 
gehört, für die Frau und die Mutter 50 pCt. Kinder 
unter 5 Jahren haben hierbei freie Fahrt. Für 
Kinder zwischen 5 und 10 Jahren bezahlt der Be- 
amte aus seiner Tasche noch 25 pCt. des vollen 
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Fahrpreises und für Kinder über 10 Jahren 75 pCt. 
desselben, so daß also mit Einrechnung des staatlichen 
Zuschusses für Kinder unter 10 Jahren der halbe, 
für Kinder über 10 Jahre der volle Fahrpreis 
gezahlt wird. Für die Ehefrau und die Mutter 
zahlt der Beamte aus seiner Tasche 50 pCt. Diese 
Vergütungen des Staates erhalten die Beamten je- 
doch nur bei Benutzung der staatlich konzessionirten 
Postpacketfahrtlinie. Für die Abreise nach dem Be- 
stimmungsort wird den Beamten, die nach Cuba 
oder Puerto-Rico geschickt werden, eine Frist von 
45 Tagen, denen, die nach den Philippinen und 
nach dem Golf von Guinea gehen, eine solche von 
60 Tagen gewährt. Diese Fristen laufen von der 
betreffenden Ernennung an. 
Bezüglich der Vergehen der Kolonialbeamten und 
der Disziplinarbestrafungen bestimmt Art. 81, daß 
Vergehen gegen die Disziplin mit Einbehaltung 
des Gehalts für einen halben Monat bestraft werden. 
Fünf disziplinare Vergehen können eine Zurück- 
berufung des Beamten zur Folge haben. Schwere 
Dienstvergehen können mit einer Kürzung des Ge- 
halts von 1 bis 3 Monaten, selbst mit Dienstent- 
lassung bestraft werden. Drei solche Gehaltskürzungen 
für schwere Vergehen haben immer ohne Weiteres 
die Dienstentlassung zur Folge. In gewissen Fällen 
tritt zur Aburtheilung über Dienstvergehen auch eine 
Jury zusammen, welche gebildet wird aus dem 
höheren Dienstvorgesetzten, zwei Chefs des Büreaus, 
wo der Betreffende arbeitet, und zwei Angestellten 
der im Verhältniß zu der Klasse des Angeklagten 
nächsthöheren Beamtenklasse. Diese Jury tritt stets 
zusammen bei öffentlichen, gegen den Beamten er- 
hobenen Denunziationen, wenn die Chefs der Beamten 
dies beantragen, und in einigen anderen Fällen. 
Das Verfahren ist ein mündliches und die Ent- 
scheidung wird durch die Mehrzahl weißer oder 
schwarzer Kugeln bestimmt. Ergeben die Unter- 
suchungen, daß es sich um ein kriminelles Delikt 
handelt, werden die Akten sofort den ordentlichen 
Gerichten unterbreitet. Die Entscheidungen der Jury 
werden immer dem Ministerium für überseeische 
Angelegenheiten vorgelegt; hält diesesdie Entscheidung 
nicht für genügend streng, so kann es selbst die 
sofortige Dienstentlassung verfügen. Zwei Arten 
Belohnungen für Beamte werden in dieser Ver- 
ordnung bestimmt: 1. eine prozentuale Belohnung 
für den Beamten, durch den die Entdeckung einer 
Entwendung und Unterschlagung erfolgte, wenn 
diese zum Ersatz der Summe führte. 2. Für außer- 
gewöhnliche Dienste haben die Beamten Anrecht auf 
ehrenvolle Erwähnungen, Dekorationen, Ehrenbe- 
zeigung, die nur der sonst übergeordneten Kategorie 
von Beamten zustehen, auch pekuniäre Gratifitionen, 
zeitliche und lebenslängliche, die jedoch den zehnten 
Theil ihres persönlichen Diensteinkommens nicht über- 
steigen dürfen. Als erste Pflicht der Beamten wird 
verlangt elne tadellose Haltung in ihrem Ver- 
halten gegenüber Publikum, ihren Kollegen und in
	        
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