Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

die Weltgeschichte und das Gesangbuch und das Ge- 
meindeblatt und den Wandkalender. 
Ein zweites Geschenk, das unsere Gesellschaft den 
Eoheern hat bringen dürfen, ist die Schule. Sie 
war nicht leicht zu gründen, denn die Eoheer sahen 
gar nicht ein, warum sie ihre Kinder in die Schule 
senden sollten. So ist es nur sehr langsam gegangen; 
wir hatten schon 30 Jahre lang gearbeltet, und 
unsere Schulen hatten doch nur 139 Schüler. Zehn 
Jahre später waren es 199 geworden, und jetzt am 
Ende des Jahres wurden 873 Schüler in 34 Schulen 
unterrichtet. Die Zunahme der Schülerzahl in 1896 
beträgt 146, mehr als die gesammte Schülerzahl 
Ende 1876 nach 30 jähriger Arbeit. Es ist übrigens 
nicht so, daß alle Schulen zugenommen haben; einige 
sind im letzten Jahre zurückgegangen. Die große 
Vermehrung in 1896 stammt aus zwei Quellen. 
Ein Haupttheil fällt auf die Mädchenschulen. Auf 
den Stationen und Außenstationen, die keine beson- 
deren Mädchenschulen haben, kommt auf vier Schüler 
immer nur eine Schülerin. Die beiden Mädchen- 
schulen in Ho und Keta haben allein mehr Schüle- 
rinnen als alle anderen Schulen. Die andere Zu- 
nahme kommt daher, daß eine ganz neue Art von 
Schulen in der Schätzung des letzten Jahres erscheint. 
Sie sind da „Heidenschulen“ genannt. Der Name 
ist nicht ganz zutreffend, denn eigentlich sind unsere 
Schulen alle Heidenschulen. Neben 353 Christen- 
kindern sind 520 heidnische Schüler in unseren 
Schulen. Dieselben sind also auch Missionsanstalten; 
durch die Schulen wird missionirt. Diese neuen 
Schulen sind Freischulen in dem Sinne, daß in 
freierer Weise in ihnen gelehrt wird. Im Kreise 
der Station Amedschovhe ist ein großes Verlangen, 
lesen zu lernen, erwacht, und dem sollen diese freier 
gehaltenen Schulen entgegenkommen. Vier solcher 
Schulen mit 81 Schülern sind eröffnet. 
Die Gesellschaft hat in den ersten zehn Jahren 
vier Stationen angelegt. Zwei, Anyako und 
Waya, nachdem sie zu ihrer Zeit als Haupt- 
stationen gedient haben, sind von den Europäern 
verlassen. Zu Keta und Ho ist dann nach 
längerer Pause eine neue dritte Station, Amed- 
schovhe, auf den Bergen gekommen, und vor dem 
Schluß des halben Jahrhunderts haben wir im Sep- 
tember letzten Jahres Lome beginnen können. Da- 
neben sind Außenstationen von dem Volke selbst 
erbaut worden. Im Jahre 1880 haben wir die 
erste dieser Außenstationen gegründet; drei Jahre 
später solgte die zweite. Nach wieder drei Jahren 
entstanden zwei weitere, und damn ist fast jedes Jahr 
eine, auch wohl zwei, 1892 sind sogar fünf solcher 
Außenstatlonen angelegt worden. Auch in 1896, 
nach unserem Jahresfest, Ananse im Volostamme, in 
diesem Jahre 1897 Chochoe in Gbedschigbe im Nor- 
* Stdame an der Küste besetzt und andere noch 
ant.“ 
469 
Am 10. Juni sind die Missionare Worms und 
Hosbach mit dem Dampfer „König“ von Darees- 
Salaäm zur Erholung nach Deutschland abgefahren. 
Die Reise ging anfangs ganz gut; im Mittelmeer 
bekam Missionar Worms perniziöses Fleber, er 
mußte in Neapel ins deutsche Hospital gebracht wer- 
den, wo er so weit genesen ist, daß er gegenwärtig 
außer Gefahr zu sein scheint. Uebrigens bekam im 
Mittelmeer ein großer Theil Passagiere Fieber; einer 
erlag demselben. 
RAus fremden Kolonien. 
andelsbericht von Mozambique für das Jahr 3896.-) 
Die allgemeine Geschäftslage hat sich nicht ge- 
bessert. Namenklich macht sich die von Jahr zu Jahr 
wachsende Konkurrenz der indischen Handelsleute dem 
europäischen Kaufmann fühlbar. Während bis zum 
Jahre 1893 die Einfuhr aus Indien und euro- 
päischen Ländern sich auf gleicher Höhe hielt, ist seit 
diesem Zeitpunkte ein stetes Zunehmen der indischen 
Einfuhr auf Kosten der europäischen wahrzunehmen. 
Der Grund liegt hauptsächlich in den Zöllen für 
gefärbte Baumwollenwaaren, welche im Jahre 1893 
eingeführt wurden, während weiße Stoffe um etwa 
50 péCt. niedriger besteuert werden. Leßtere werden 
nun fast ausschließlich in Indien angefertigt zu 
Preisen, denen die europäische Konkurrenz machtlos 
gegenübersteht. Infolge des hohen Einstandes ge- 
färbter Waaren gewöhnt sich der Neger daran, sich 
mit den billigen indischen Fabrikaten zu begnügen. 
In der geringen Einfuhr europäischer Waaren nehmen 
deutsche Fabrikate zwar den ersten Platz ein, bilden 
aber nur einen geringen Prozentsatz der Gesammt- 
einfuhr. 
Die Ausfuhr fällt den europäischen Kaufleuten 
zu, und unter ihnen nehmen die Deutschen den ersten 
Platz ein. 
Infolge anhaltend ungünstiger Konjunkturen euro- 
päischer Märkte und des großen Wettbewerbs unter 
den in Mozambique ansässigen Häusern findet der 
Exporteur nur einen geringen Nutzen bei diesen Ge- 
schäften, die noch dazu mit einem großen Risiko ver- 
knüpft sind. 
Der Außenhandel gestaltete sich in den Jahren 
1895 und 1896, wie folgt: 
Einfuhr: 
Werth: Reis Mark 
1896 526 591 542 = 1 755905 
1895 571 805 401 = 1 906 018 
Ausfuhr: 
Werth: Reis Mark 
1896 356 511 061 = 1 188 370 
1895 222 735 3822 = 742 451 
  
7*) Aus dem Deutschen Handels-Archiv 1897, S. 309 ff.
	        
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