Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Amnestie und Abolition. Er hat das Recht zur 
Dispensertheilung in den besonders erlaubten Fällen, 
in Rechtsangelegenheiten jedoch nur nach eingeholtem 
Gutachten des Hochgerichtshofes. 
Im Namen des Königs stellt er Seebriefe für 
Schiffe europäischer Bauart aus, während inländische 
Fahrzeuge mit Jahrespässen versehen werden. 
Als eine seiner wichtigsten Pflichten ist im Re- 
gierungs-Reglement der Schutz der eingeborenen Be- 
völkerung gegen jede Willkür bezeichnet. So werden 
von ihm für jeden Regierungsbezirk in Ueberein- 
stimmung mit den bestehenden Gebräuchen und Be- 
dürfnissen genaue Bestimmungen über die persönlichen 
Dienstleistungen, zu welchen die Eingeborenen bei den 
Regierungskulturen verpflichtet sind, getroffen und alle 
fünf Jahre erneuert. Im Wege der Verordnung 
stellt er die Grundlagen für die Einschätzung zur 
Landrente, einer Ertragsabgabe von landwirthschaft- 
lichen Grundstücken der Eingeborenen, fest und wacht 
darüber, daß auf den Märkten der Eingeborenen 
keine Auflagen erhoben werden. 
Er hat seine besondere Aufmerksamkeit den im 
Eigenthum des Staates stehenden Djatiholz-(Teakholz-) 
wäldern und ihrer sachgemäßen Ausbeutung zu widmen. 
Zu Kronländereien darf er, abgesehen von kleineren 
Stücken, zur Ausbreitung von Städten oder Errichtung 
gewerblicher Anlagen nichts verkaufen, dagegen kann 
er unter Beobachtung bestimmter Grundsätze solche 
Ländereien in Erbpacht für nicht länger als 75 Jahre 
abtreten. 
Dem Generalgouverneur steht der Rath von 
Indien zur Seite, der sich aus elnem Präsidenten 
und vier Mitgliedern zusammensetzt, die vom Könige 
ernannt werden. Ersterer ist zur Einholung des 
Gutachtens des Raths in allen Angelegenheiten von 
allgemeinem oder besonderem Interesse berechtigt, 
verpflichtet dazu ist er hinsichtlich: 
a) aller die Verwaltung betreffenden Instruktionen 
und Reglements, 
b) jeder Regelung der politischen Beziehungen zu 
den indischen Fürsten und Völkern, 
des Voranschlags der jährlichen Einnahmen und 
Ausgaben, 
aller allgemeinen Maßregeln der Civilverwaltung 
bei Krieg oder Aufstand, 
e) außergewöhnlicher Maßregeln wichtiger Art, 
4) aller Vorschläge bei Ernennung zu wichtigen, 
vom Könige zu besetzenden Aemtern, 
schließlich hat er in Uebereinstimmung mit dem 
Rath zu handeln, sobald die Feststellung, Aen- 
derung, Auslegung, Außerkraftsetzung oder Auf- 
hebung allgemein verbindlicher Vorschriften in 
Frage steht. « 
Die verschiedenen Zweige der Verwaltung werden 
durch Direktoren als Chefs der Departements ge- 
leitet. Es giebt deren sieben, das Departement des 
Krieges, der Marine, Justiz, der inneren 
Verwaltung, der Finanzen, für Unterricht, 
Kultus und Gewerbe, der öffentlichen Ar- 
. 
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8. 
  
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beiten. Zur besonderen Verfügung des General- 
gouverneurs steht das Kabinet des General- 
gouverneurs, welchem ein Generalsekretär und zwei 
Regierungssekretäre vorstehen und eine Anzahl wei- 
terer Beamten beigegeben ist. 
Die Oberaussicht über Verwaltung und Verant- 
wortung der Staatsgelder und Güter führt die 
Allgemeine Rechenkammer in Batavia; sie 
besteht aus einem Präsidenten und sechs Mitgliedern, 
die vom Könige ernannt werden. Die Thätigkeit 
derselben ist ähnlich der der preußischen Ober= 
rechnungskammer. 
II. Die Einrichtung der inneren Verwaltung. 
1. Die europäischen Behörden. 
Niederländisch-Indien ist, soweit es unter der 
unmiktelbaren Verwaltung der niederländisch-indischen 
Regierung steht, in Regierungsbezirke eingetheilt, die 
wieder in Abtheilungen (Kreise) zerfallen. An der 
Spitze der Regierungsbezirke stehen Gouverneure 
oder Residenten.) 
Dieselben vertreten in ihrem Amtsbezirk die Re- 
gierung in allen Zweigen der Verwaltung. Zur 
Führung ihres Amtes sind ihnen ein Sekretär und 
ein oder mehrere Kommis sowie das erforderliche 
europäische und eingeborene Personal beigegeben. Der 
Sekretär oder ein Kommis ist im Nebenamt Standes- 
beamter für die Europäer und die mit diesen Gleich- 
gestellten und nimmt an Orten, wo kein besonderer 
Notar ist, auch dessen Amt wahr. In einigen Be- 
zirkshauptstädten, nämlich Batavia, Samarang, Soera- 
baya, Makassar, Palembang und Padang, stehen den 
Vorständen der Regierungsbezirke für die Ausübung 
der Polizei besondere Assistent-Residenten zur Seite, 
die an den genannten Orten auch das oberste Organ 
der Lokolverwaltung sind. 
Wie alle Verwaltungsbeamten, so werden auch 
die Gouverneure und Residenten vom General- 
gouverneur ernannt und entlassen. 
Die Zuständigkeit der Vorstände dieser Bezirks- 
verwaltungen ist durch die im Jahre 1859 zunächst 
nur für Java und Madura erlassene, später auf die 
übrigen unter der unmittelbaren Verwaltung der 
niederländisch-indischen Regierung stehenden Theile 
der Kolonie ausgedehnte Instruktion geregelt. 
Danach üben die Bezirksvorstände die höchste 
Regierungsgewalt in den ihrer Verwaltung anver- 
trauten Bezirken aus. Der Vorstand darf sich ohne 
Ermächtigung oder Urlaub seitens des General- 
gouverneurs aus seinem Bezirk nicht entfernen. Er 
hat das Recht des Erlasses von Polizeireglements 
und Verfügungen, soweit sie sich nicht auf Gegen- 
stände des gemeinen Strafrechts oder von den höheren 
Behörden bereits geregelte Materien beziehen, nach 
  
*) Gouverneure giebt es nur drei, und zwar für Celebes 
nebst zugehörigen Gebieten, Sumatras Westküste und Atjeh 
nebst zugehhrigen Gebieten. Es giebt auch eine selbständige 
Assistent-Residentschaft, die Insel Billiton
	        
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