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Leber die Rautschukfrage
veröffentlicht Dr. Warburg im „Tropenpflanzer“
Nr. 3 Folgendes:
Neuerdings macht sich im Auslande, namentlich
in England und seinen Kolonien, aber auch in Nord-
amerika, Frankreich, Deutschland und Centralamerika,
in wachsendem Maße das Bestreben geltend, Kaut-
schulpflanzungen anzulegen. Große Gesellschaften sind
im vorigen Jahre zu diesem Zwecke gegründet wor-
den, so z. B. in England die India-Rubber Co. of
Mexico mit einem eingezahlten Kapital von 406 000
Pfd. Sterl. und 200 000 Pfd. Sterl. Obligationen,
die Colonial Rubber Estates (Limited) mit 100 000
Pfd. Sterl. Kapital, die ihren Wirkungskreis in West-
afrika sucht, die Columbian India Rubber Exploration
Company (Limited) mit einem Kapital von 1½/ Mill.
Dollars für Bolivien, dagegen ist die British India
Rubber and Exploration Company (Limited) mit
200 000 Pfd. Sterl. Kapital, die nördlich von Cape
Coast Castle 500 engl. Quadratmeilen für Kautschuk-
kultur erwerben wollte, anscheinend nicht zu Stande
gekommen. Ferner wirft sich die ursprünglich zum
Zweck der Kaffeekultur am Isthmus von Tehuantepec
gegründete nordamerikanische Mexican Gulf Agri-
cultural Co. (Kansas City) mit einem Kapital von
100000 Dollars jetzt auch auf die Kultur von Kaut-
schuk, und endlich ist auch in Hamburg eine Kautschuk-
plantagengesellschaft im letzten Jahre zu Stande ge-
lommen, wie denn auch mehrere Liberiakaffeepflanzungen
in Togo und Deutsch-Ostafrika sowie in englischen
und französischen Kolonien Kautschuk als Schatten-
bäume pflanzen. Die Regierungen beginnen ernstlich
sich mit der Kautschukkultur zu befassen, die mexika-
nische Regierung bezahlt den Eigenthümern des
Kautschukdistriktes Llano de Juarez 3 Cts. für jeden
gepflanzten und eine gewisse Höhe erreichenden Kaut-
schukbaum als Prämie (mit einer Grenze erst bei
15 Mill. Bäumen); Nicaragua hat im letzten Jahre
(wie Costa-Rica, freilich erfolglos, schon früher) Ver-
bote der Ausfuhr wilden Kautschuks erlassen und
ermuthigt die Kultur, so daß viele Kaffeepflanzer der
Pacifischen Küste beabsichtigen, demnächst zur Kaut-
schukkultur überzugehen; auch die englische Regierung
von Ceylon und Queensland läßt jetzt durch ihre
landwirthschaftlichen Berather ernstlich die Frage der
Kautschukkultur untersuchen, kurz in der ganzen Welt
sieht die Kautschukfrage jetzt im Vordergrunde des
Interesses. Die Schwierigkeit des Bezuges guter
Saat steht freilich augenblicklich noch der allzuschnellen
Ausbreitung der Kultur hindernd im Wege; hat doch
der Saatmangel (namentlich von Parakautschuk)
sogar dahin geführt, daß ein französischer Handels-
görtner Godefroy-Lebeuf (Paris: 4, Impasse
Girardon) in diesem Monat einen speziellen Sammler
nach dem Amazonasgebiet zu schicken beabsichtigt, nur
um Heveasamen und pflänzlinge für die Subskribenten
zu erlangen.
Bed dieser Sachlage ist es natürlich auch die Pflicht
unserer Zeitschrift, sich eingehend mit der Frage zu
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beschäftigen, damit nicht das deutsche Kapital, wie so
häufig, wieder das Nachsehen hat, indem es erst dann
ordentlich in die Bewegung eintritt, wenn es entweder
überhaupt zu spät ist, oder doch die große Konjunktur
vorbei und so zu sagen der Rahm abgeschöpft ist.
Klar ist die Frage der Rentabilität von Kautschuk-
pflanzungen noch keineswegs, und wir haben uns des-
halb bemüht, über die einzelnen in Betracht kommen-
den Punkte von speziellen Sachverständigen Auskunft
zu erhalten. In dieser Nummer werden wir Einiges
davon zum Abdruck bringen; die Urtheile von anderen
Sachverständigen, die Stimmen der kolonialen und
technischen Presse des Auslandes sowie genaue An-
gaben über die einzelnen für die Kultur in Betracht
kommenden Kautschukpflanzen (nebst Abbildungen)
müssen wir auf spätere Nummern dieser Zeitschrift
verschieben. Hoffentlich gelingt es uns, durch diese
Erörterungen zur Klärung der Kautschukfrage beizu-
tragen und den Lesern ein anschauliches und zu-
treffendes Bild des augerblicklichen Standes der
Angelegenheit zu verschaffen.
Ueber Rautschukpflanzen von Süd-Angola
meldet A. F. Moller (Coimbra) im „Tropenpflanzer“
Folgendes:
Kürzlich habe ich aus Handha in Süd-Angola
(Distrikt Benguella) von Herrn Theodoro Jos
da Cruz einige interessante Notizen über Kautschuk
erhalten:
. Carpodinus lanceolatus (Otaramba) finbet
sich in großen Quantitäten in den weiten, wenig er-
sorschten und gering bevölkerten Gegenden von Chipollo.
zwischen dem Fluß Cubango') und dem Gebiet von
Cahima (Quanhama).
2. Eine vielleicht zur Gattung Landolphia ge-
hörige noch unbekannte Schlingpflanze liefert den
Bewohnern von Quitengues, Hanha, Ganda, Quissange
und Sellis einen sehr guten Handelskautschuk, der in
Kugeln von 100 bis 400 g nach Catumbella und
Benguella gebracht und von dort nach Lissabon im-
portirt wird. Es ist eine Schlingpflanze, die an den
Flüssen Cubal, Lutira, Coporolo, Bongo 2c. wächst;
sie findet sich auch in den feuchten und humusreichen
Wäldern der Gebirgsabhänge; die älteren Pflanzen
haben in der Regel einen Stamm von 3 m Höhe
und 40 cm Umfang; die Zweige sind etwa 5m lang.
)Es ist dies eine für uns sehr wichtige Mittheilung;
der Cubango ist der Oberlauf des Deutsch-Südwestafrika
nordöstlich begrenzenden Okuvango, und es dürfte sich daher
die von uns im „Tropenpflanzer“ 1897 S. 135 ausge-
sprochene Vermuthung, daß diese daselbst auch abgebildete
Pflanze noch im Ovamboland vorkomme, wahrscheinlich
zutreffen. Namentlich bei Ombongo müßte man suchen,
vielleicht dürfte sie aber auch noch bei Olukonda, Oman=
donga, Omulonga 2c. zu finden sein. Es ist wichtig, die
dortigen Missionare darauf aufmerksam zu machen, da die
Pflanze möglicherweise für die durch die Rinderpest augen-
blicklich bedrängte Bevölkerung eine wünschenswerthe Er-
werbsquelle werden könnte. Wg.