Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Nach dem 1780 erfolgten Tode der Kaiserin 
Maria Theresia machte sich infolge günstiger Silber— 
preise und gebesserter Handelsbeziehungen mit der 
Levante eine erhöhte Nachfrage nach Thalern be— 
merkbar. Besonders wurden von Augsburgischen 
Wechselhäusern größere Quantitäten Silber zur Aus- 
prägung an die Münzämter in Günsburg und Hall 
eingeliefert, wobei immer mit Rücksicht auf die Gang- 
barkeit der Maria Theresien-Thaler in der Levante 
das Ansuchen gestellt wurde, die Thaler mit dem 
Bildniß der Kaiserin auszuprägen. Durch Hofkammer- 
Verordnung vom Jahre 1783 wurde dem Münzamt 
zu Günsburg die Ermächtigung ertheilt, auch ferner- 
hin, wenn es die Silber liefernden Parteien aus- 
drücklich verlangten, die Thaler mit dem Gepräge der 
Kaiserin und der Jahreszahl 1780 auszumünzen. 
Seit dieser Ermächtigung wurden jahraus, jahr- 
ein beträchtliche Mengen von Thalern mit dem Bild- 
niß der Kaiserin Maria Theresia und der Jahreszahl 
17/80 in den verschiedenen österreichischen Münzstätten 
geprägt und nahmen ihren Weg meist von Triest und 
Venedig aus über Korfu und Kreta auf die Inseln 
des Aegäischen Meeres, von da über Kleinasien nach 
Syrien und Mesopotamien und Arabien, wo sie auch 
heute noch die allein gangbare Münze bilden. 
Nach Afrika nahmen die Levantiner Thaler ihren 
Weg meist über Cypern und Malta und zwar nach 
Algerien und Tripolis; ferner über Alexandrien und 
Kairo theils nilaufwärts, theils an der Küste des 
Rothen Meeres entlang in das Innere von Abessynien. 
Die Nachfrage war zum Theil eine sehr bedeu- 
tende. So wurden 1785 bis 1890 im Ganzen über 
19 Millionen Thaler ausgeprägt. Während der 
Napoleonischen Kriege ging die Thalerausfuhr er- 
heblich zurück. 
Später wurden besonders für die Marineverwal- 
tung Levantiner Thaler ausgeprägt, mit welchen die 
k. k. Eskadres der Kriegsschiffe dotirt wurden, welche 
Oesterreich in den levantinischen Gewässern hielt. 
Von 1827 bis 1848 wurden zu diesem Zweck über 
zwei Millionen Thaler ausgeprägt. 
Trohdem in der zweiten Hälfte dieses Jahrhun- 
derts mannigfache Konkurrenz für die Levantiner 
Tholer entstand — so ließen Frankreich, England, 
Italien sowie die Deutsch -ostafrikanische Gesellschaft 
für ihre afrikanischen Besitzungen eigene Münzen 
prägen — haben die Maria Theresien-Thaler noch 
immer ziemlich große Gebiete, in welchen sie unbe- 
schränkt herrschen. Insbesondere die Araber hängen 
mit großer Liebe an diesen Münzen und weigern sich 
vielfach auch gegenwärtig noch, andere Münzen an- 
zunehmen. Seitens der türkischen Regierung wurden 
seit dem Jahre 1883 verschiedene Maßregeln ge- 
troffen, um den Levantiner Thaler aus den türkischen 
Gebieten zu verdrängen, welche indeß nur theilweise 
Erfolg hatten. Wirksamer waren die von der ägyp- 
tischen Regierung seit dem Jahre 1884 zum gleichen 
Zweck erlassenen Verordnungen. 
Gegenwärtig hat der Levantiner Thaler zwar 
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Theile seines früheren großen Absatzgebietes, so ins- 
besondere Ostasien (China, Singapore), Ostindien 
(Bombay, Kalkutta), Persien, Innerasien, ferner 
Aegypten (Alexandrien und Kairo) verloren, bildet 
jedoch noch in einzelnen Theilen Afrikas, speziell in 
Massaua, Iddah, Sansibar, Perim und Hodeidah das 
fast einzige, unbedingte und ausschließliche Zahlungs- 
mittel. 
Es wurden in den Jahren 1868 bis 1896 ins- 
gesammt über 43½ Millionen Stück Maria Theresien- 
Thaler ausgeprägt, im Jahre 1896 beinahe 6⅛ 
Millionen, im Jahre 1897 bis Ende November nicht 
ganz 5 1/2 Millionen Stück. Die erhebliche Steigerung 
während der beiden letzten Jahre ist muthmaßlich 
darauf zurückzuführen, daß anläßlich des Krieges, 
den Italien mit Negus Menelik führte, zur Bestrei- 
tung der Kriegskosten sowie zur Auslösung der Ge- 
fangenen nach Abschluß des Krieges beträchtliche 
Quantitäten von Maria Theresien-Thalern seitens der 
italienischen Regierung verwendet worden sind. 
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Tikterakur. 
Dr. Max Bär: Die deutsche Flotte von 1848 
bis 1852. Nach den Akten der Staatsarchive zu 
Berlin und Hannover. Leipzig 1898. S. Hirzel. 
Die traurige Geschichte der deutschen Flotte von 
1848, welche so oft besprochen wird und doch so 
wenig in ihrem wahren Zusammenhang bekannt ist, 
bildet den Gegenstand dieser umfangreichen Veröffent- 
lichung. Der Verfasser hat das gesammte bisher 
geheimgehaltene Aktenmaterial benutzt und war in 
der Lage, die Entstehung und Ausgestaltung der 
kleinen Flotte, die Zwistigkeiten der verschiedenen 
Staaten um ihren Besitz und ihre endliche Auflösung 
aus den Quellen zu schildern. Es ist dem Verfasser 
indessen entgangen, daß das gesammte von ihm be- 
nutzte preußische Aktenmaterial schon im Jahre 1892 
von Dr. A. Zimmermann in einer Anlage der Ge- 
schichte der preußisch-deutschen Handelspoluik (Olden-= 
burg und Lewzig) eingehend verwerthet worden ist. 
Die jetzt vorliegende Arbeit erfährt durch die erstere 
noch verschiedene Ergänzungen. Insbesondere erfährt 
der Leser in der Zimmermannschen Darstellung 
mancherlei über den Antheil Bismarcks an der Flotten- 
sache, was Bär übergangen hat. 
— —— — ——— 
Titterakur-Verxeichnißk. 
Dehn, Paul: Kommende Weltwirthschaftspolitik. 
80. 140 S. Mk. 1,—. 
Trowitzsch & Sohn, Berlin. 
Jorissen, Dr. E. J. PL.: Erinnerungen an Trans- 
vaal 1876 bis 1896. Aus dem Holländischen übersetzt 
von A. Seidel. gr. 80. (9 Bgan.) Mk. 4.—, ged. 
Mk. 5.—. Dietrich Reimer (Ernst Vohsen!, Berlin. 
Nauticus: Altes und Neues zur Flottenfrage. 
Erläuterungen zum Flottengesetz. S. (XVIII. 239 S.) 
Mk. 1,.80. E. S. Mittler & Sohn in Berlin.
	        
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