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im Art. 4 vorgesehenen Umständen vorhanden sind,
und wenn auf sie durchgreifende Zwangsmittel an-
gewandt werden können.
Art. 39. Die Verwaltungsvorstände der Amts-
gebiete jeder Benennung, wo Volkszählungen zur
Steuerveranlagung, Militäraushebung oder zu son-
stigem Zwecke erfolgen oder künftig stattfinden, haben
diese Vorgänge zu benutzen, um mit möglichster
Strenge festzustellen, welches in jeder Ortschaft die-
jenigen Eingeborenen sind, die die Verpflichtung zur
Arbeit auf eine der im Art. 2 vorgesehenen Arten
erfüllen oder gemäß Art. 8 davon befreit sind, und
welches diejenigen find, die gewohnheitsgemäß die
Verpflichtung nicht erfüllen; die Namen der einen
und anderen sind in den Zählungsheften anzugeben.
Einziger Paragraph. Durch die örtlichen Vor-
schriften können anderweite Verfahren festgesetzt
werden, um nach Möglichkeit die Eingeborenen zu
unterscheiden und listlich zu führen, die ihre Arbeits-
pflicht erfüllen oder nicht, sofern mit dieser Be-
handlung keine unnützen Scherereien verbunden sind.
Art. 40. Die Verwaltungsbehörden müssen sich
nach Möglichkeit der Vermittelung der Eingeborenen-
behörden,= Häuptlinge, Vorstände 2c. bedienen, sowohl
um die Eingeborenen, die ihre Arbeitspflicht nicht
erfüllen, festzustellen, als auch, um sie nach den
Art. 31 und 32 zur Erfüllung aufzufordern und
zu zwingen.
§ 1. Die örtlichen Vorschriften können fest-
segen, daß die Eingeborenenbehörden, die auf Antrag
der Verwaltungsbehörde dieser Eingeborenen, die
gegen die Arbeitspflicht verstoßen und als solche fest-
gestellt sind, vorführen, für jeden Vorgeführten mit
einem gewissen Betrage belohnt werden.
§ 2. Dieselben Vorschriften haben Bestimmungen
zusammenzustellen, die den besonderen Umständen der
verschiedenen Gegenden jeder überseeischen Provinz
angepaßt und dazu bestimmt sind, Quälereien und
Gewaltthätigkeiten bei der Arbeitsanweisung an die
Eingeborenen zu vermeiden; dabel kann auch von
dieser Anweisung abgesehen werden, wo sie sich nicht
friedlich ausführen läßt.
Art. 41. Die Gesuche um zwangsweise Dienende
für außerhalb der Provinz, wo sie wohnen, können
nur berücksichtigt werden, wenn die Regierung des
Staates es ausdrücklich so genehmigt, sofern in
diesen Provinzen keine Arbeit vorliegt, bei der Ein-
geborene verwendet werden.
Art. 42. Die Dienenden werden den Gesuch-
stellern an den Orten vorgeführt, wo die Behörden
ansässig sind, bei denen die Anträge gestellt sind,
oder an den Orten, wo sie arbeiten sollen, wie es
am greignetsten ist. Auf jeden Fall laufen jedoch
alle Ausgaben für Beförderung, Begleitung und
Aufsicht für Rechnung der Antragsteller.
Art. 43. Bevor die Dienenden dem Antrag-
steller zugeführt werden, läßt die Behörde, die dem
Gesuche stattgiebt, von ihm einen vor Zeugen aus-
gearbeiteten Schriftsatz unterzeichnen, worin er sich
ausdrücklich verpflichtet:
1. Den Dienenden den Lohn zu chlen, der nach
den Regeln in Art. 46 festgesetzt *
2. ihnen auf seine Rechnung gesunde und reich-
liche Nahrung zu liefern;
3. ihnen auf seine Rechnung gesunde Wohnung
zu gehen, oder ihnen Matertal zum Bau von Hütten
zu liefern;
4. sie im Krankheitsfalle zu unterstützen und alle
Ausgaben für Behandlung zu zahlen;
5. sie für eine bestimmte Zeit in seinem Dienst
zu behalten, die, sofern es Privatdienst ist, nicht
weniger als drei Monate und nicht mehr als fünf
Jahre betragen darf;
6. sie unter Bezahlung der Beförderungskosten
der Behörde, die sie gestellt hat, zuzuführen, wenn
die Dienstzeit beendigt ist oder sie arbeitsunfähig
werden;
7. sich nicht zu widersetzen, daß die Dienenden,
sofern sie ihren gewöhnlichen Wohnort zu verlassen
haben, ihre Familien mitnehmen und bei ihnen
wohnen;
8. falls sie ihren Aufenthaltsort verlassen und
ihre Familien nicht mitnehmen wollen oder können,
ihnen auf den Lohn einen durch die örtlichen Vor-
schriften festzusetzenden Betrag vorzuschießen;
9. ihnen gegenüber alle Vorschriften der Nrn. 4
und 5 des § 1 des Art. 17, sowie die in Art. 18
vorgeschriebenen sittlichen Pflichten zu erfüllen;
10. keinem Andern, frei oder gegen Abfindung,
die Arbeit der zwangsweise Deinenden ohne Er
mächtigung der Verwaltungbehörde zu überlassen.
Einziger Paragraph. Die Dienstherren, denen
die zwangsweise Dienenden entweichen, haben die
Flucht sofort der Verwaltungsbehörde anzuzeigen,
die die Gerichtsbarkeit an der Oertlichkeit, von wo
sie geflohen sind, ausübt; fehlt diese Anzeige ohne
triftigen Grund, so wird der Dienende, der bei der
Arbeit für irgend eine Person, die ihn nicht bean-
tragt hat, betrosfen wird, als dieser überlassen be-
trachtet, und der Antragsteller verfällt in eine Strafe
bis zu sechs Monaten Besserungshaft und bis zu
1000 Milreis Geldstrafe. Wenn die Anzeige sträf-
lich und dazu bestimmt war, die Ueberlassung zu
verschleiern, so wird dem Ueberlassenden die für
diese Ueberlassung anzuwendende höchste Strafe auf-
erlegt. Dies kann indeß nur durch die ordentlichen
Gerichte erfolgen.
Art. 44. Die Dienstherren der zwangsweise
Dienenden üben mit Bezug auf diese die Rechte und
Gewalten aus, die der Artikel 19 den Dienstherren
der vertragsmäßig Dienenden zusteht.
Art. 45. Die Anwälte für Dienende und An-
siedler sind zuständig mittelst kurzen Verfahrens,
dessen Bestimmungen zu regeln sind, die folgenden
Vergehen der Dienstherren gegen die Dienenden und
dieser gegen Erstere abzuurtheilen und zu bestrafen.
1. Seitens der Dienstherren: