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11.
Deutschen Kolonialgesellschaften, welche die Kolonisation der deutschen Schutzgebiete, insbesondere
den Erwerb und die Verwerthung von Grundbesitz, den Betrieb von Land= oder Plantagenwirthschaft,
den Betrieb von Bergbau, gewerblichen Unternehmungen und Handelsgeschäften in denselben zum aus-
schließlichen Gegenstand ihres Unternehmens und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem
Schutzgebiet oder in einem Konsulargerichtsbezirke haben oder denen durch Kaiserliche Schutzbriefe die
Ausübung von Hoheitsrechten in den deutschen Schutzgebieten übertragen ist, kann auf Grund eines
vom Reichskanzler genehmigten Gesellschaftsvertrags (Statuts) durch Beschluß des Bundesraths die
(Fähigkeit beigelegt werden, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Eigenthum und andere dingliche
Rechte an Grundstücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor Gericht zu klagen und verklagt
zu werden. In solchem Falle haftet den Gläubigern für alle Verbindlichkeiten der Kolonialgesellschaft
nur das Vermögen derselben.
Das Gleiche gilt für deutsche Gesellschaften, welche den Betrieb eines Unternehmens der im
Abs. 1 bezeichneten Art in dem Hinterland eines deutschen Schutzgebiets oder in sonstigen dem Schutz-
gebiete benachbarten Bezirken zum Gegenstand und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem
Schutzgebiet oder in einem Konsulargerichtsbezirke haben.
· Der Beschluß des Bundesraths und im Auszuge der Gesellschaftsvertrag sind durch den
Reichsanzeiger zu veröffentlichen.
812.
Der Gesellschaftsvertrag hat insbesondere Bestimmungen zu enthalten:
1. über den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft;
2. über die Vertretung der Gesellschaft Dritten gegenüber;
3. über die Befugnisse der die Gesellschaft leitenden und der die Leitung beaufsichtigenden
Organe derselben;
4. über die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder;
5. über die Jahresrechnung und Vertheilung des Gewinns;
6. über die Auflösung der Gesellschaft und die nach derselben eintretende Vermögens-
vertheilung.
13.
Die Gesellschaften, welche die im § 11 erwähnte Fähigkeit durch Beschluß des Bundesraths
erhalten haben, unterstehen der Aufsicht des Reichskanzlers. Die einzelnen Befugnisse desselben sind
in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
8 14.
Den Angehörigen der im Deutschen Reiche anerkannten Religionsgemeinschaften werden in den
Schutzgebieten Gewissensfreiheit und religiöse Duldung gewährleistet. Die freie und öffentliche Aus
übung dieser Kulte, das Recht der Erbauung gottesdienstlicher Gebäunde und der Einrichtung von
Missionen der bezeichneten Religionsgemeinschaften unterliegen keinerlei gesetzlicher Beschränkung noch
Hinderung.
8 15.
Der Reichskanzler hat die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Anordnungen zu erlassen.
Der Reichskanzler ist befugt, für die Schntzgebiete oder für einzelne Theile derselben polizei—
liche und sonstige die Verwaltung betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung
derselben Gefängniß bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände
anzudrohen.
Die Ausübung der Befugniß zum Erlasse von Ausführungsbestimmungen (Abs. 1) und „on
Verordnungen der im Abs. 2 bezeichneten Art kann vom Reichskanzler der mit einem Kaiserlichen
Schutzbriefe für das betreffende Schutzgebiet versehenen Kolonialgesellschaft sowie den Beamten des
Schutzgebiets übertragen werden.
"„ 8 16.
Für Schutzgebiete, in denen das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879
(Reichs-Gesetzbl. S. 197) und das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des
Personenstandes von Reichsangehörigen im Auslande, vom J. Mai 1870 noch nicht in Kraft gesetzt
sind, wird der Zeitpunkt, in welchem die §§ 2 bis 7 dieses Gesetzes in Kraft treten, durch Kaiserliche
Verordnung bestimmt.
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