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Die hier so häufigen und heftigen Stürme machten
aber ferner eine solide Befestigung des Daches noth-
wendig. Daher legte man auf jede der Säulen
einen schweren Stein, um welchen man die das Dach-
gerüst haltenden Bastschnüre schlang. Die Form
einer im hiesigen Meere häufigen Koralle wurde
vorbildlich und diese zuerst wahrscheinlich unbearbeitet
benutzt. Nach der Erfindung des Mörtels gab man
dem „Kapitäl“ die zweckmäßige, halbkugelförmige
Gestalt, welche zugleich eine gleichmäßige, ebene Unter-
lage für den Boden des Wohnraumes bot. Gerade
der Umstand, daß diese und keine andere Form der
Säule und des Kapitäls auf den Marianen gefunden
wird, spricht gegen die künstlerische Phantasie der
Alten. Auch die Thatsache, daß den Priestern, welche
die Sitten und Gebräuche, die Einrichtungen und
Kämpfe der Ureinwohner eingehend schilderten, diese
sonderbaren Bauwerke nicht aufgefallen sind, erklärt
sich nun leicht: sie waren von außen durch das über-
hängende Dach aus Palmblättern, im Innern durch
den Boden verdeckt; und wenn, wie es so häufig
vorkam, die Spanier die Dörfer abbrannten, so be-
gruben die zusammenstürzenden Trümmer Säulen
und Kapitäle.
Was die Säulen von Tinian auszeichnet, das ist
ihre Größe: Etwa 150 m von der Niederlassung
entfernt stehen oder standen in zwei parallelen Reihen
w hohe imposante Säulen von folgenden Dimen-
onen:
Basis unten 1.45 2x 1,10 m,
Säule = oben 1,20 = 0,85 =
L Höhe 4.10 m.
Kopitäl: Durchmesser 2.45 m.
Entfernung von Säulenmitte zu Säulenmitte:
3.60 m,
Entfernung der Säulenreihen voneinander:
4,22 m.
Die Säulenflächen sind schwach gekrümmt. Die
Säulen haben kein Fundament. 1855 standen noch
neun aufrecht, heute sind alle bis auf fünf umgestürzt.
Dos Material ist sonderbarerweise nur ein allerdings
sehr harter Mörtel. Steine sind in den abgebrochenen
Stücken keine vorhanden, auch an der Verwitterung
lassen sich die vertikal aufgetragenen Mörtelschichten
deutlich erkennen; diejenigen der Kapitäle liegen hori-
zontal. Tie Gesammtlänge des Gebäudes betrug
2 m, seine Breite 5.32 m Zischen der dritten
und vierten Säule, 167 cm vor der Mitte des
Hauses, liegt ein runder Stein mit drei excentrischen
Siufen von je etwa 10 cm Höhe; auf der obersten
ist ein Loch von 182968 cm. Dieser Stein diente
nicht etwa zur Aufnahme einer Leiter, muttelst welcher
man ein auf den Säulen aufgebautes Haus erreichte:
cist der Fuß eines Kreuzes, welches vor allen
Hiusern chrisilicher Chamorros in der Zeit der Be-
lhrung errichtet wurde. Ein ähnlicher Stein, nur
mit concentrischen Stufen, liegt vor der 1874 oder
1875 errichteten Kapelle in Tinian.
Eine Ruine wird das Haus des Taga genannt,
eines Kaziken, der im Jahre 1638 schiffbrüchige
Spanier beschützt und später in den Religionskämpfen
auf Seiten der Spanier gestanden hatte. Es ging
die Sage, er habe seine schöne, im jugendlichen Alter
verstorbene Tochter auf einer der Säulen seines Hauses
beerdigt und mit Reismehl bedeckt. Thatsächlich
wurde 1855 auf der vierten Säule der Vorderreihe
ein menschlicher Kiefer und einige Fingerknochen ge-
funden. Ich erstieg diese Säule und fand in der
That eine grabähnliche Höhlung auf dem Kapitäl
von 181—442 40 cm Ausdehnung. Es ist daher,
zumal die Missionare berichten, daß die Eingeborenen
ihre Angehörigen in den Häusern beerdigten, nicht
ausgeschlossen, daß auch in den Kapitälen der übrigen
Ruinen menschliche Gebeine eingemauert sind. In
seiner ursprünglichen Form wird das Haus des Taga
sich von den übrigen Häusern der Vornehmen wohl
nur durch seine Größe unterschieden haben. Die
Länge von 28 m und die Lage des Kreuzes deuten
darauf hm, daß der Eingang sich in der Mitte be-
fand und das Haus in zwei getrennte Räume theilte;
vielleicht waren mehrere Böden übereinander an-
gebracht.
In der Niederlassung liegt das alte, „Palacio“
genannte öffentliche Gebäude, ein gut erhaltener, statt-
licher Bau (16,19 2& 6,8 m) mit dicken Steinmauern,
aber einem Dach aus Palmblättern, das demnächst
durch Zink ersetzt werden soll. Es muß in der
Missionszeit von 1669 bis 1690 erbaut sein. Tinian
war damals der Hauptort für die Mission der nörd-
lichen Inseln und hatte ein Seminar (1671) und
ständige Besatzung. 1670 wurde der Pater Medina
in Saipan, 1684 Pater Strobach aus Mähren nebst
18 Soldaten in Tinian ermordet und 1690 wiederum