Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

lich gesinnt sei. Das Dorf Kinkau sei von einem 
Nachbarhäuptling in nördlicher Richtung verbrannt 
worden. Ich kehrte daher am nächsten Tage nach 
Gorori zurück, nachdem der Verbreiter der falschen 
Nachricht zur Rechenschaft gezogen war. Später, 
nach den Vorgängen von Banyo, sollte es sich auf- 
klären, warum die Expedition in südwestlicher Rich- 
tung abgelockt worden war. 
Am 30. Januar marschirte ich nach dem sagen- 
haften Patoko (Pataku), einem alten Marktplatz, der 
ober seine Wichtigkeit vollständig verloren hat. 
Gorori, das Nachbardorf, hat Patoko als Marktplatz 
zwischen Banyo und Bali = Kumbath vollkommen 
verdrängt, aber auch hier hat der Handel nachgelassen, 
da Bali-Kumbath neue Handelswege nach Ngutte 
und Ngilla eingeschlagen hat. Am 1. Februar wurde 
der Marsch über Lugerre, Marhalba, Ribau, Tu- 
kurra auf Banyo fortgesetzt, woselbst ich am 7. Fe- 
bruar eintraf und die Ermordung des Oberleutnants 
Nolte erfuhr. Er war am 25. Januar mit einem 
Theil seiner Kompagnie in Banyo eingetroffen und 
hatte durch Tibatihäuptlinge die Warnung erhalten, 
daß die Station eines Tages von der dort bestehen- 
den Kriegspartei überfallen und er selbst ermordet 
werden sollte. Um diesen Plan ungestörter aus- 
führen zu können, war auch versucht worden, meine 
Exvediton von dem Wege nach Banyo abzulenken, 
und als ich am 27. Januar den Marsch nach Tibete 
angetreten hatte, war die Stimmung in Banyo# 
immer feindlicher geworden. Auch ohne diesen Ab- 
marsch nach Tibete, der mich zwei Tage Zeitverlust 
kostete, wäre ich indessen zu spät gekommen, um das 
Unglück in Banyo zu verhindern, da Oberleutnant 
Nolte bereits am 1. Februar 6⅛ Uhr vormittags 
ermordet. wurde. Oberleutnant Nolte hatte die Ab- 
sicht, um allen Treibereien ein Ende zu machen, das 
Haupt der Kriegspartei, Jerima Ihsa, zu verhaften. 
Er verlangte daher am 1. Februar morgens mit 
dem Lamido und seinen Großen eine Berathung in 
der Königsfenz. Dazu nahm er zehn Soldaten mit 
in das Berathungszimmer hinein und ließ Leutnant 
Sandrock mit 30 Soldaten außerhalb der Fenz Auf- 
stellung nehmen. Das Lager der Station selbst 
blieb durch Sanitätssergeanten Hollenbeck und drei 
Soldaten besetzt. Genaue Instruktionen für alle 
Theile waren ausgegeben worden. Als im Laufe 
der Berathung Jerima Ihsa für verhaftet erklärt 
wurde und ihm dies durch Auflegen der Hand von 
Oberleutnant Nolte bemerkbar gemacht wurde, sprang 
der dem Lepteren gegenübersitzende Lamido Omarn 
auf und stieß seinen im Aermel verborgenen Dolch 
dem Oberleutnant Nolte ins Herz. Legtterer hatte 
noch die Kraft, „Feuer“ zu rufen, und es entspann 
sich nun ein lebhaftes Gefecht in und vor der Königs- 
fenz, bei dem der Lamido Omaru, der zu fliehen 
versuchte, erschossen wurde. Leutnant Sandrock wurde 
sehr bald Herr der Situation, nachdem eine Anzahl 
Fullahs gefallen und der Rest geflohen war. Zu 
letzteren gehörten auch Jerima Ihsa und einige andere 
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Häupter der Kriegspartei, wie der Sarikin Saggi 
und Kaigama Pettepette. Gleichzeitig war das Lager 
überfallen worden, doch der Angriff durch Sergeant 
Hollenbeck abgewiesen. Bei diesem Gefecht ist sowohl. 
die Königsfenz, wie die Moschee und ein großer 
Theil der Stadt in Flammen aufgegangen. Es 
wurden eine Menge Gewehre und Patronen, Pferde 
und Vieh erbeutet. 
Noch am Abend des 1. Februar ließ Jerima 
Ihsa um Frieden bitten. Als erste Bedingung stellte 
Leutnant Sandrock persönliches Erscheinen des Jerima 
zur Bedingung. Am 9. Februar mittags erschien 
Jerima Ihsa und ein Theil seiner Großen. Nach- 
dem ich dem Jerima erklärt hatte, daß seine Thron= 
folge als Haupt der Kriegspartei ausgeschlossen sei 
und ich seinen jüngeren Bruder Ibrahima als Lamido 
einsetzen würde, ließ ich Jerima Ihsa, Sarikin Saggi, 
der mit zu den Haupthetzern gehört, und den Kai- 
gama Pettepette in Eisen legen. Ich schicke diese 
drei an das Kaiserliche Gouvernement. Nachdem 
nun am 11. mittags Ibrahima mit seinen Großen 
erschienen war, wurden ihm die Friedensbedingungen 
bekannt gegeben, die er pünktlich zu erfüllen versprach. 
In etwa acht Tagen, in welcher Zeit er sein ganzes 
Volk zurückzuholen versprach und die Unterhäuptlinge 
von Kontscha und Gashaka herbeiholen wollte, werde 
ich ihn offiziell als Lamido einsetzen. 
Westafrikanische Pflanzungs. Gesellschaft „Lictoria“.“) 
Der Vorstand der genannten Gesellschaft führt 
in dem soeben erschienenen Geschäftsbericht für das 
Jahr 1901 aus: 
Die Pflanzungs-Abtheilung beschäftigte durch- 
schnittlich vierzehn, die Handels-Abtheilung sechs und 
die Feldbahn-Abtheilung fünf Europäer. Wir können 
eine erfreuliche Besserung der gesundheitlichen Ver- 
hältnisse feststellen, welche in erster Linie der Chinin= 
Prophylaxe und den großen, im Laufe der Jahre 
von uns urbar gemachten Landstrecken zu verdanken ist. 
Die bereits im Vorjahre eingetretene Besserung 
der Arbeiterlage machte weitere Fortschritte, dank der 
durch die Handels-Abtheilung geschaffenen Möglich- 
keit, den Arbeitern in unseren Faktoreien für ihren 
Arbeitslohn zu angemessenen Preisen Waaren zur 
Verfügung zu stellen. Es arbeiten zur Zeit auf 
allen Abtheilungen zusammen etwa 1400 Neger, 
welche in den letzten Jahren durchschnittlich 250 Mk. 
pro Kopf und Jahr uns kosteten. Durch Einrichtung 
größerer Krankenhäuser, successive Anpflanzung von 
etwa 800 000 Bananen, Vergrößerung der Arbeiter- 
häuser 2c. glaubt die Gesellschaft in der Besserung 
der Lage ihrer Arbeiter gegen das Vorjahr abermals 
einen Schritt vorwärts gethan zu haben. Nach wie 
vor ist aufs Strengste darauf geachtet worden, daß 
die Arbeiter gut und angemessen verpflegt und kei- 
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1901, S 360. 
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