Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Am Nachmittag folgte ein Ritt in Begleitung 
desselben Beamten zum Besuch der in der entgegen- 
gesetzten Richtung von der Stadt liegenden Auffor- 
stungsflächen. Es sind im ganzen hier nur etwa 
40 ha aufgeforstet, vorwiegend mit Eukalyptusarten, 
hier als „gums“ bezeichnet. Der Sprachgebrauch 
unterscheidet „blue-gum“ und „red-gum“, unter 
ersterer Bezeichnung wird der wegen besonderer 
Schnellwüchsigkeit in Südafrika zuerst und vorwiegend 
angebaute E. globulus verstanden, während der 
Ausdruck „red-gum“ den artenreichen Typ in sich 
begreift, von dem allein über 100 verschiedene Spezies 
im hiesigen Pflanzgarten zu sehen sind. Alle oder 
fast alle Eukalypten haben den Vorzug raschen Wachs- 
tums, mehr oder minder großer Genügsamkeit, einer 
durch lichte Belaubung, schlanken, gertenartigen Wuchs 
und weitstreichendes Wurzelsystem geförderten Wind- 
ständigkeit. Sie scheinen ausgesprochene Lichthölzer 
zu sein und selbst bei weitem Pflanzenverband keine 
desondere Neigung zur Astbildung zu haben; die auf 
günstigem Standort relativ reichliche Streuschicht 
wird durch starken Abfall von Borkenteilen verstärkt. 
Viele erzeugen in kurzem erhebliche Holzmassen. 
Dagegen ist die Qualität des Holzes nur bei einzelnen 
eine gute (z. B. rostrata, sideroxylon, leucoxylon); 
der am schnellsten wachsende blue-gum gehört leider 
nicht zu denselben. x 
Am Abend des 22. erfolgte die Abreise nach 
Natal, dessen Grenze bel Nacht passiert wurde. 
Charakteristisch hoben sich am folgenden Morgen große 
Gebirgs= und Hügelketten ab, welche auch hier viel- 
fach tafelförmige Gestalt zeigen. In der Umgebung 
von Ladysmith tritt neben einheimischen Büschen hier 
und da auch schon der (aus Australien importierte) 
black wattle einzeln auf; es beginnt das zahlreiche 
Vorkommen wilder Kakteen und Aloes. Das Land 
hat einen frischen, fruchtbaren Charakter. Bei Mooi 
River erscheinen zahlreiche Anpflanzungen von black- 
wattle, man sieht auch wieder Kiefern (pinaster). 
In der Nähe der Station Howik präsentiert sich eine 
größere Wattlepflanzung. Die Ankunft in Pieter- 
maritzburg erfolgte am 23. abends. Am 24. machte 
mich im Kolonialdepartement der Primeminister mit 
Herrn Sim, dem Regierungssorstbeamten, bekannt. 
Mit diesem unternahm ich nachmittags einen Ritt 
nach Towubushvalley, der Versuchsplantage eines 
Herrn Wilkinson, welche neben einer großen Anlage 
von Obstbäumen auch im Anbau zahlreicher Euka- 
lyptusarten, deren uns hier allein über 90 verschiedene 
gezeigt wurden, interessantes aufzuweisen hat. Die 
Unterscheidungen sind zum Teil außerordentlich fein 
und schwierig, für den Laien oft kaum erkennbar. 
Früchte, Rinde und Blätter, besonders die an den 
meisten Stämmen zahlreich auftretenden sog. „Erst- 
lingsblätter“ oung leaves) müssen beachtet werden, 
und englische Forstleute, die — ihrer Rekrutierung 
aus der Gärtnerprosession entsprechend — vorwiegend 
Botaniker sind, exzellieren häufig in einer minutiösen 
Kenntnis dieser Varietäten und ihrer wissenschaftlichen 
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Namen. Am 25. wurde der botanische Garten be- 
sucht. Am 26. unternahm ich mit dem Regierungs- 
forstbeamten eine Reise in den Distrikt Nodsberg, 
um die dort betriebene Wirtschaft des black wattle 
näher kennen zu lernen. Wir fuhren mit der Bahn 
nach Newhannover-Road und gingen von dort meh- 
rere Stunden bis zur Besitzung eines Herrn Reiche. 
Derselbe ist Deutscher, wie denn der ganze Distrikt 
Nodsberg fast ausschließlich aus deutschen Farmern 
besteht, welche zur Zeit sogar einen deutschen Ma- 
gistrat haben. Auf dem Weg zu dieser Besitzung 
wurden vielfach kleinere Wattleanpflanzungen gekreuzt, 
die zum Teil aus ästigen, sperrigen Büschen bestehend, 
nur in ganz primitiver Weise benutzt werden können. 
Am Garten der Reicheschen Besitzung angelangt, be- 
merkte ich zum ersten Mal an den dortigen etwa 
14- bis 15 jährigen Pinus insignis das plögtliche 
Absterben einzelner Wipfel, welches späterhin noch 
öfter wahrgenommen wurde und bis jetzt eine be- 
friedigende Erklärung noch nicht gefunden hat. Herr 
Reiche, dessen Wattleproduktion schon seit Jahren in 
die Hände des Herrn v. Bülow-Kamin geht, ließ uns 
zu diesem fahren, wo wir bis zum Abend des fol- 
genden Tages blieben und die Bestände sowie den 
Betrieb eingehend besichtigten. Black wattle und 
silver wattle kommen vor; ersterer ist weitaus vor- 
herrschend, produziert bessere Rinde und ist leichter zu 
schälen. Die Wirtschaftsführung geht daher auf reine 
black wattle-Bestände aus, umsomehr, als die 
Hauptschälzeit der beiden Arten nicht zusammenfällt. 
Die Neubegründung von Beständen geschieht in der 
Regel und zweckmäßig durch Saat; im Nodsberger 
Distrikt geht damit gewöhnlich eine Fruchternte Hand 
in Hand. Auf den ordnungsmäßig gepflügten und 
geeggten Boden wird im Frühjahr (November) Mais 
(2000 engl. Pfund auf den engl. Acker (0,40 hal- 
gesät, drei Monate später sät man den wattle da- 
zwischen, etwa 3¾/ engl. Pfund auf den Acker (also 
etwa 1 kg pro Hektar). Der Samen, dem von 
Robinia ähnelnd, keimt im natürlichen Zustand schwer 
und liegt häufig über; daher wird er vor der Aus- 
saat mit kochendem Wasser übergossen und bleibt 
24 Stunden so liegen. Der aus dem Wasser ge- 
nommene klebrige Samen wird mit Sand vermerngt 
und in Prisen zu drei bis fünf Körnern in Reihen 
zwischen die Maiskultur gesät, welche den jungen 
Wattle gegen Wind und Unkraut schützt. Nach der 
Ernte des Mais (Juni) wird gewöhnlich für den 
Wattle nichts mehr getan. Die jungen Pflanzen 
wachsen in der Regel sehr rasch in die Höhe, so daß 
sie oft noch im ersten Jahre 1 m Länge erreichen. 
Im zweiten Jahr steht die Kultur gewöhnlich 3 m. 
im dritten 5 bis 6 m hoch. Nach vier Jahren er- 
sfolgt ein Aushieb, indem in den Reihen ein bestimmter 
Prozentsatz der Bäume ohne Wahl herausgenommen 
wird, nach weiteren zwei bis drei Jahren wird, falls 
der Kahlschlag aus irgend einem Grund noch unter 
bleiben soll, gewöhnlich die Hälfte der Reihen gefällt. 
In der Regel sind die 6= bis 7 jährigen Bestände
	        
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