Am Nachmittag folgte ein Ritt in Begleitung
desselben Beamten zum Besuch der in der entgegen-
gesetzten Richtung von der Stadt liegenden Auffor-
stungsflächen. Es sind im ganzen hier nur etwa
40 ha aufgeforstet, vorwiegend mit Eukalyptusarten,
hier als „gums“ bezeichnet. Der Sprachgebrauch
unterscheidet „blue-gum“ und „red-gum“, unter
ersterer Bezeichnung wird der wegen besonderer
Schnellwüchsigkeit in Südafrika zuerst und vorwiegend
angebaute E. globulus verstanden, während der
Ausdruck „red-gum“ den artenreichen Typ in sich
begreift, von dem allein über 100 verschiedene Spezies
im hiesigen Pflanzgarten zu sehen sind. Alle oder
fast alle Eukalypten haben den Vorzug raschen Wachs-
tums, mehr oder minder großer Genügsamkeit, einer
durch lichte Belaubung, schlanken, gertenartigen Wuchs
und weitstreichendes Wurzelsystem geförderten Wind-
ständigkeit. Sie scheinen ausgesprochene Lichthölzer
zu sein und selbst bei weitem Pflanzenverband keine
desondere Neigung zur Astbildung zu haben; die auf
günstigem Standort relativ reichliche Streuschicht
wird durch starken Abfall von Borkenteilen verstärkt.
Viele erzeugen in kurzem erhebliche Holzmassen.
Dagegen ist die Qualität des Holzes nur bei einzelnen
eine gute (z. B. rostrata, sideroxylon, leucoxylon);
der am schnellsten wachsende blue-gum gehört leider
nicht zu denselben. x
Am Abend des 22. erfolgte die Abreise nach
Natal, dessen Grenze bel Nacht passiert wurde.
Charakteristisch hoben sich am folgenden Morgen große
Gebirgs= und Hügelketten ab, welche auch hier viel-
fach tafelförmige Gestalt zeigen. In der Umgebung
von Ladysmith tritt neben einheimischen Büschen hier
und da auch schon der (aus Australien importierte)
black wattle einzeln auf; es beginnt das zahlreiche
Vorkommen wilder Kakteen und Aloes. Das Land
hat einen frischen, fruchtbaren Charakter. Bei Mooi
River erscheinen zahlreiche Anpflanzungen von black-
wattle, man sieht auch wieder Kiefern (pinaster).
In der Nähe der Station Howik präsentiert sich eine
größere Wattlepflanzung. Die Ankunft in Pieter-
maritzburg erfolgte am 23. abends. Am 24. machte
mich im Kolonialdepartement der Primeminister mit
Herrn Sim, dem Regierungssorstbeamten, bekannt.
Mit diesem unternahm ich nachmittags einen Ritt
nach Towubushvalley, der Versuchsplantage eines
Herrn Wilkinson, welche neben einer großen Anlage
von Obstbäumen auch im Anbau zahlreicher Euka-
lyptusarten, deren uns hier allein über 90 verschiedene
gezeigt wurden, interessantes aufzuweisen hat. Die
Unterscheidungen sind zum Teil außerordentlich fein
und schwierig, für den Laien oft kaum erkennbar.
Früchte, Rinde und Blätter, besonders die an den
meisten Stämmen zahlreich auftretenden sog. „Erst-
lingsblätter“ oung leaves) müssen beachtet werden,
und englische Forstleute, die — ihrer Rekrutierung
aus der Gärtnerprosession entsprechend — vorwiegend
Botaniker sind, exzellieren häufig in einer minutiösen
Kenntnis dieser Varietäten und ihrer wissenschaftlichen
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Namen. Am 25. wurde der botanische Garten be-
sucht. Am 26. unternahm ich mit dem Regierungs-
forstbeamten eine Reise in den Distrikt Nodsberg,
um die dort betriebene Wirtschaft des black wattle
näher kennen zu lernen. Wir fuhren mit der Bahn
nach Newhannover-Road und gingen von dort meh-
rere Stunden bis zur Besitzung eines Herrn Reiche.
Derselbe ist Deutscher, wie denn der ganze Distrikt
Nodsberg fast ausschließlich aus deutschen Farmern
besteht, welche zur Zeit sogar einen deutschen Ma-
gistrat haben. Auf dem Weg zu dieser Besitzung
wurden vielfach kleinere Wattleanpflanzungen gekreuzt,
die zum Teil aus ästigen, sperrigen Büschen bestehend,
nur in ganz primitiver Weise benutzt werden können.
Am Garten der Reicheschen Besitzung angelangt, be-
merkte ich zum ersten Mal an den dortigen etwa
14- bis 15 jährigen Pinus insignis das plögtliche
Absterben einzelner Wipfel, welches späterhin noch
öfter wahrgenommen wurde und bis jetzt eine be-
friedigende Erklärung noch nicht gefunden hat. Herr
Reiche, dessen Wattleproduktion schon seit Jahren in
die Hände des Herrn v. Bülow-Kamin geht, ließ uns
zu diesem fahren, wo wir bis zum Abend des fol-
genden Tages blieben und die Bestände sowie den
Betrieb eingehend besichtigten. Black wattle und
silver wattle kommen vor; ersterer ist weitaus vor-
herrschend, produziert bessere Rinde und ist leichter zu
schälen. Die Wirtschaftsführung geht daher auf reine
black wattle-Bestände aus, umsomehr, als die
Hauptschälzeit der beiden Arten nicht zusammenfällt.
Die Neubegründung von Beständen geschieht in der
Regel und zweckmäßig durch Saat; im Nodsberger
Distrikt geht damit gewöhnlich eine Fruchternte Hand
in Hand. Auf den ordnungsmäßig gepflügten und
geeggten Boden wird im Frühjahr (November) Mais
(2000 engl. Pfund auf den engl. Acker (0,40 hal-
gesät, drei Monate später sät man den wattle da-
zwischen, etwa 3¾/ engl. Pfund auf den Acker (also
etwa 1 kg pro Hektar). Der Samen, dem von
Robinia ähnelnd, keimt im natürlichen Zustand schwer
und liegt häufig über; daher wird er vor der Aus-
saat mit kochendem Wasser übergossen und bleibt
24 Stunden so liegen. Der aus dem Wasser ge-
nommene klebrige Samen wird mit Sand vermerngt
und in Prisen zu drei bis fünf Körnern in Reihen
zwischen die Maiskultur gesät, welche den jungen
Wattle gegen Wind und Unkraut schützt. Nach der
Ernte des Mais (Juni) wird gewöhnlich für den
Wattle nichts mehr getan. Die jungen Pflanzen
wachsen in der Regel sehr rasch in die Höhe, so daß
sie oft noch im ersten Jahre 1 m Länge erreichen.
Im zweiten Jahr steht die Kultur gewöhnlich 3 m.
im dritten 5 bis 6 m hoch. Nach vier Jahren er-
sfolgt ein Aushieb, indem in den Reihen ein bestimmter
Prozentsatz der Bäume ohne Wahl herausgenommen
wird, nach weiteren zwei bis drei Jahren wird, falls
der Kahlschlag aus irgend einem Grund noch unter
bleiben soll, gewöhnlich die Hälfte der Reihen gefällt.
In der Regel sind die 6= bis 7 jährigen Bestände