Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Aufrechterhaltung des Rupienwerts einzutreten; es 
wird sich das um so weniger vermeiden lassen, als 
es sich um Münzen handelt, die mit dem Bildnisse 
des Deutschen Kaisers beziehungsweise mit dem 
Reichsadler versehen sind, so daß deren Entwertung 
geeignet wäre, die Autorität des Reichs im ostafri- 
kanischen Schutzgebiet in Mitleidenschaft zu ziehen. 
Der dem Reiche drohende Verlust muß um so größer 
werden, je länger die Deutsch-Ostafrikanische Gesell- 
schaft in der Lage ist, von ihrem Münzrechte Ge- 
brauch zu machen und je weiter der Silberpreis 
zurückgeht. Jedes neue Rupienstück, das die Ge- 
sellschaft prägt, bedeutet, falls es später einmal zur 
Einlösung kommt, bei dem gegenwärtigen Silber- 
preise für das Reich einen Verlust von etwa 
65 Pfennig. 
Sowohl wirtschaftliche als auch finanzielle Gründe 
machen mithin die Beseitigung des Münzrechts der 
Gesellschaft zu einer zwingenden Notwendigkeit. 
Nachdem durch mehrjährige Erfahrung das Ge- 
lingen der indischen Währungsmaßregeln, soweit sich 
dieselben auf die Befestigung des Rupienkurses 
richteten, erwiesen worden war, und nachdem es sich 
gezeigt hatte, daß die zwischen dem Kurswert und 
dem Metallwerte der Rupie entstandene erhebliche 
Differenz als eine dauernde Erscheinung betrachtet 
werden muß, glaubte die Reichsverwaltung gegen- 
über den mit dem derzeitigen Zustande der ostafri- 
kanischen Münzverfassung verbundenen Unzuträglich- 
keiten und Gefahren nicht mehr länger eine abwartende 
Haltung einnehmen zu dürsen. Die Ablösung des 
der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft belassenen 
Prägerechts stellte sich zugleich als die notwendige 
Abwehrmaßregel gegenüber den geschilderten Ge- 
fahren, wie auch als die erste Voraussetzung für 
alle weiter etwa erforderlichen Maßnahmen zur 
Sicherung des ostafrikanischen Geldwesens dar. 
Versuche, die bereits vor einigen Jahren nach 
dieser Richtung hin unternommen worden waren, 
hatten von Anfang an mit der Schwierigkeit zu 
kämpfen, daß die Reichsverwaltung eine Entschädi- 
gung der Gesellschaft in Bargeld möglichst vermeiden 
mußte, um nicht den Etat des ostafrikanischen Schutz- 
gebiets aufs neue mit einer sehr erheblichen Aus- 
gabe zu belasten. Als die Frage im Jahre 1896 
zum erstenmal in Angriff genommen wurde, schien 
sich die Möglichkeit einer Entschädigung der Gesell- 
schaft darin zu bieten, daß die Reichsverwaltung der 
Gesellschaft die Konvertierung der fünfprozentigen 
Anleihe, welche sie gemäß §§ 2 und 3 des Ver- 
trags vom 20. November 1890 ausgenommen hatte, 
gestattete, unter Aufrechterhaltung der zur Ver- 
zinsung und Amortisation dieser Anleihe bestimmten 
Jahreszahlungen von 600 000 Mk. bis zu dem für 
die planmäßige Tilgung der ursprünglichen Anleihe 
ins Auge gefaßten Termin (1935). Die auf dieser 
Grundlage begonnenen Verhandlungen führten jedoch 
zu keinem Ergebuisse; sie wurden als aussichtslos 
abgebrochen, als die veränderte Lage des Geldmarkts 
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den für die Gesellschaft aus der Konvertierung 
ihrer Anleihe zu erwartenden Gewinn in Frage stellte. 
Bei den um die Mitte des Jahres 1901 
wieder aufgenommenen Verhandlungen über die Ab- 
lösung des Prägerrechts der Deutsch-Ostafrikanischen 
Gesellschaft wurde in Anbetracht der inzwischen 
wieder eingetretenen Senkung des allgemeinen Zins- 
niveaus auf den Konvertierungsgedanken zurück- 
gegriffen. Freilich sind die Verhältnisse für eine 
Konvertierung noch nicht wieder so günstig geworden, 
wie sie es im Jahre 1896 waren; während der 
durchschnittliche Kurs der dreiprozentigen Reichs- 
anleihe an der Berliner Börse im Jahre 1896 sich 
auf 99,22 Prozent stellte, notierte dieses Papier in 
den letzten Monaten nur selten höher, meist aber 
niedriger als 93 Prozent. Die Konvertierung wird 
der Gesellschaft infolgedessen einen geringeren Ge- 
winn abwerfen als denjenigen, der 1896 erwartet 
werden konnte. Außerdem ist die Gesellschaft, nach- 
dem sie sich bereit gezeigt hatte, abermals auf diesen 
Gedanken einzugehen, infolge der geringen Gewinn- 
aussichten bei den Verhandlungen, welche sie mit 
Bankkreisen über die Konvertierung ihrer Anleihe 
führte, auf Schwierigkeiten gestoßen. 
Unter diesen Umständen glaubte die Reichsver- 
waltung, um der Gesellschaft die Kündigung ihrer 
fünsprozentigen Anleihe und die Aufnahme einer 
niedriger verzinslichen Anleihe zu ermöglichen und 
um damit der Gesellschaft ein den Reichsfiskus nicht 
belastendes Aquivalent für den Verzicht auf ihr 
Münzrecht bieten zu können, sich zu einer Anderung 
in der Fundierung der Anleihe der Gesellschaft be- 
reit erklären zu dürfen. 
Die gegenwärtige Fundierung der Anleihe der 
Gesellschaft beruht auf den Bestimmungen im § 5 
des Vertrages vom 20. November 1890. Nach 
diesen Bestimmungen ist die Kaiserliche Regierung 
  
verpflichtet, an die von der Gesellschaft zu bezeichnende 
Stelle zum Zwecke der Verzinsung und Amortisa- 
tion der von der Gesellschaft ausgenommenen An- 
leihe „aus den von der Kaiserlichen Regierung ver- 
einnahmten Bruttozollerträgnissen der Ein= und 
Ausfuhr in das Küstengebiet (von Deutsch-Ostafrika) 
beziehungsweise aus demselben ohne jeden Abzug 
und ohne jede Aufrechnung unter allen Umständen 
den Jahresbetrag von 600 000 Mk. zu bezahlen“. 
Ferner ist im § 6 des genannten Vertrags bestimmt, 
daß, falls seitens der Kaiserlichen Regierung Zoll- 
stellen außerhalb des Küstengebiets errichtet werden, 
für die Dauer der Vertragszeit auch die Erträgnisse 
dieser Zollstellen zur Aufbringung der vorerwähnten 
600 000 Mk. verwendet werden sollen; daß ferner, 
falls in einem Jahre oder in einer Mehrheit von 
Jahren der für den Dienst der Anleihe erforderliche 
Betrag von 600 000 Mk. durch die Bruttoerträgnisse 
der Zölle nicht aufgebracht werden sollte, die Diffe- 
renz aus den den Betrag von 600 000 Mk. über- 
schreitenden Erträgnissen späterer Jahre nachzu- 
zahlen ist.
	        
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