Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

.— 
15 
Alles in allem gibt der Vertrag der Reichs= in demselben Umfange prägen können, in welchem 
verwaltung hinsichtlich der Verwaltung von Deutsch- 
Ostafrika auf wichtigen Gebieten, auf denen sie bisher 
durch die Vorrechte der Gesellschaft in empfindlicher 
Weise beschränkt war, insbesondere auf dem Gebiete 
der Landpolitik, des Bank= und Münzwesens, volle 
Bewegungsfreiheit. Neue finanzielle Leistungen legt 
der Vertrag dem Reiche formell nur insoweit auf, 
als die an die Gesellschaft bis zum Jahre 1935 zu 
leistende Jahreszahlung von 600 000 Mk. unab- 
hängig gemacht wird von der Höhe des Ertrages 
der ostafrikanischen Zölle, materiell nur insoweit, als 
er die Rückgabe von nominell 475 000 Mk. Anteil- 
scheinen der Gesellschaft ausbedingt. Dagegen wird 
umgekehrt die Beseitigung der Vorrechte der Gesell- 
schaft dem Schutzgebiete Ostafrika neue Einnahmen 
zuführen. Vor allem werden bei künftigen Münz- 
prägungen für Ostafrika die beträchtlichen Münz- 
gewinne, die bisher die Gesellschaft bezogen hat, 
dem Landesfiskus des ostafrikanischen Schutzgebietes 
zu gute kommen. Was die Verantwortlichkeit für 
den stark unterwertigen Münzumlauf des Schutz- 
gebietes anbetrifft, so bedeutete der letztere in Wirk 
lichkeit schon bei dem durch den Vertrag vom 
20. November 1890 geschaffenen Zustand eine Be- 
lastung des Reiches, die spätestens mit dem Ende 
des Jahres 1935, dem Zeitpunkte des Erlöschens 
des Münzrechtes der Gesellschaft, hätte in Erscheinung 
treten müssen. Diese schon auf Grund des alten 
Vertrages unvermeidliche Belastung des Reiches mit 
der auf der Unterwertigkeit der Gesellschaftsmünzen 
begründeten schwebenden Schuld wäre bis zum Jahre 
1935 durch weitere umfangreiche Prägungen der 
Gesellschaft zweifellos ganz außerordentlich vermehrt 
worden. Es dürfte mithin keine neue Belastung 
des Reiches bedeuten, wenn im Falle einer künftigen 
Außerkurssetzung der Rupien die Einlösung auf 
Reichsrechnung erfolgen würde. 
Welche Gewinne das Reich in Zukunft aus der 
Prägung von Münzen für Deutsch-Ostafrika wird 
ziehen können und welche Kosten gegebenenfalls durch 
die Beseitigung der umlaufenden Gesellschaftsmünzen 
entstehen werden, ist abhängig von der grundsätzlichen 
Regelung des ostafrikanischen Münzwesens. Die 
Verkehrsbeziehungen Ostafrikas lassen es geboten er- 
scheinen, daß vorläufig die Rupienwährung aufrecht 
erhalten wird, und daß mithin in Zukunft das 
Deutsche Reich an stelle der Deutsch-Ostafrikanischen 
Gesellschaft Münzen der Rupienwährung prägt und 
im Schutzgebiet in Umlauf setzt. In Anbetracht 
der Tatsache, daß gegenwärtig noch zwei Drittel 
bis drei Viertel des Münzumlaufes des Schutz- 
gebietes aus Stücken indischen Gepräges bestehen 
und daß der Kurs der Rupie durch den Ubergang 
des Münzrechtes auf das Reich eine Stütze erhält, 
welcher die Gesellschaftsrupie bisher entbehrt, wird 
das Reich bei Aufrechterhaltung der Rupienwährung 
mindesteus für eine Reihe von Jahren unbedenklich 
  
  
  
die Gesellschaft in den letzten Jahren geprägt hat. 
Die Gesellschaft hat im Durchschnitt der letzten fünf 
Jahre etwa 326 000 Rupien geprägt. Beim gegen- 
wärtigen Silberpreis ist pro Rupie ein Gewinn von 
etwa 60 Pf. zu erzielen. 
Nicht nur für die wirtschaftlichen Interessen des 
ostafrikanischen Schutzgebietes, sondern auch vom 
finanziellen Standpunkt aus stellt mithin der neue 
Vertrag einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem 
bisherigen Zustande dar. 
RKamerun. 
Die Vola-schadsee = Grenzexpedition. 
Die durch das Abkommen mit England vom 
15. November 1893 theoretisch festgelegte Grenze 
zwischen dem deutschen und englischen Gebiet südlich 
vom Tschadsee soll nunmehr an Ort und Stelle 
durch eine gemeinsame Grenzexpedition bestimmt 
werden, welche am 17. Januar von Liverpool nach 
Forcados an der Nigermündung sich einschiffen wird. 
Die Expedition wird nach ihrer Ankunft in Forcados 
ohne Zeitverlust durch einen Spezialdampfer der 
Regierung von Britisch-Nigeria abgeholt und nach 
Sokodja befördert werden. Von dort aus wird die 
Expedition durch kleinere Dampfer Benue-aufwärts 
gebracht werden, soweit der niedrige Wasserstand 
dieses Stromes in dieser Jahreszeit seine Befahrung 
zuläßt. Alsdann werden die Kommissare über Land 
nach Yola marschieren. Die erste Aufgabe der 
Expedition besteht in einer möglichst scharfen astro- 
nomischen Bestimmung der geographischen Position 
von Yola. Für diesen Ort liegen zwar bereits Be- 
stimmungen durch den französischen Reisenden Mizon 
und den deutschen Adamauaforscher Dr. Passarge 
vor, welche jedoch erheblich voneinander abweichen. 
Da die gegenwärtige Expedition für diesen Zweck 
mit astronomischen Instrumenten vorzüglich aus- 
gerüstet ist und drei Mitglieder der deutschen Ex- 
pedition eine ausgezeichnete Schulung in derartigen 
Beobachtungen durch Prof. Ambronn in Göttingen 
erfahren haben und andererseits der Leiter der eng- 
lischen Kommission, Col. Jackson, R. E., ein im 
indischen Vermessungsdienst groß gewordener Offizier 
ist, darf die Erwartung ausgesprochen werden, daß 
die Lage dieses für die Kartographie des westlichen 
äquatorialen Afrika überaus wichtigen Punktes mit 
der Genauigkeit ermittelt werden wird, welche über- 
haupt mittelst transportabeler Instrumente durch 
Mondbeobachtungen ohne die Zuhilfenahme des 
Telegraphen erreichbar ist, zumal auch Vorsorge 
getroffen ist, daß die Fehler der Mondtafeln, welche 
die Genauigkeit derartiger Längenbestimmungen be- 
einflussen, durch gleichzeitige Beobachtungen des 
Mondes an der Sternwarte in Greenwich berichtigt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.