Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Resultat auch keinen Anspruch auf absolute Zuver- 
lässigkeit machen wird, so wird doch ein ungefährer 
Ülberblick über den Stand der Bevölkerung und ihrer 
Viehbesitzes erreicht werden. Bezüglich der Rindes 
lassen sich indessen genaue Angaben sehr schwer er- 
reichen, da die Leute beim Ausfragen Steuererhöhung 
befürchten und bedeutend weniger angeben, als sie 
tatsächlich besitzen. " 
Von Mbejere aus wandte ich mich in das Gebiet 
der Häuptlinge Sistambandu, Gonlingule und Ndsa- 
lika, um dort Streitigkeiten zu schlichten. Die Namen 
sind auf der Karte nicht verzeichnet. Gonlingule, 
der den Wahehe= Feldzug auf unserer Seite mit- 
gemacht hat, mir dort mehrfach von Nutzen gewesen 
war und sich dann von Kiwanga kommend hier 
angesiedelt hatte, versuchte neuerdings durch grundlose 
Verdächtigungen die alteingesessenen Wabena-Häupt- 
linge zu seinen Gunsten aus ihrem Gebiet zu drängen 
und sie ihres Besitzes zu berauben. Hierdurch ent- 
standen fortgesetzte Reibereien, Klagen über Viehraub, 
Wegnahme von Weibern, so daß ich Gonlingule als 
den allein Schuldigen aus dem Lande nahm. Ich 
werde ihn in Ungoni in einem der großen nach der 
Küste zu belegenen entvölkerten Gebiete ansiedeln. 
Das nächste Reiseziel war die gummireiche Land- 
schaft Sakamaganga-Matumbl. Sie liegt in 600 
bis 800 m Meereshöhe, ist nicht sehr reich bevölkert 
und wird von elnem Verwandten Kiwangas an Stelle 
des blödfinnigen Finiavu, des Nachfolgers Sakama- 
gangas, verwaltet. Zahlreiche Händler sitzen im 
Lande und kaufen Gummi auf. Vor sechs Jahren 
war der Gummipreis 1 Rupie für 100 Bälle, heute 
werden an Ort und Stelle 25 Bälle mit demselben 
Preis bezahlt. Die Steuer dieses Bezirks — 
2500 Rupien — geht nur in Geld ein. Großvieh 
befindet sich einiges im Besitz des Häuptlings, der 
es an den Rändern des Landes nach Ubena und 
am Pitu weiden läßt. In dem Gummihbusch gibt 
es übrigens eine Schlingpflanze, deren Genuß den 
sicheren Tod von Groß= und Kleinvieh zur Folge 
haben soll. 
In der Hauptstadt des Landes Lifinga traf ich 
mit dem Bezirkschef von Mahenge zusammen, um 
zufolge Verfügung des Gouvernements die Ostgrenze 
des Bezirks zu berelsen und festzulegen. 
Der eben von Daressalam zurückgekehrte Sultan 
Kiwanga kam in vollem Staate seiner neuen Zelt- 
und Reitausrüstung ebenfalls hierher, um seinen 
Stationschef und mich zu begrüßen und um einige 
Gerichtssachen zu erledigen. Er wirkte trotz seiner 
nicht zu gering anzuschlagenden braven Gesinnung 
mit selnem Anpassungsbedürfnis an den Europäer 
mehr lächerlich als imposant. In Lifinga hat die 
Missionssuperintendentur zu Lupembe einen Außen- 
posten errichtet. Mit dem Regenten waren in dieser 
Hinsicht Differenzen entstanden, die aber auf meine 
Veranlassung durch weltgehendes Entgenkommen gegen 
die Missionsbestrebungen beigelegt wurden. 
350 
  
Die vlelen im Land befindlichen Händler haben 
Stimmung für den Islam gemacht, so doß die Mssion 
es sehr schwer haben wird, hier festen Fuß zu fassen, 
wenn sie nicht die Stelle mit einem Europäer besetzt, 
was vor der Hand wegen der ungesunden Lage 
ucht beabsichtigt ist. 
Nach Erledigung mannigfacher Gerichtssachen 
wurde von Lifinga aus die Berelsung der Oftgrenze 
gegen Mahenge vorgenommen. 
Die der alten Ramsayschen Karte entnommenen 
Daten werden später unschwer auf die von mir an- 
gefertigte neue Karte zu übertragen sein, vom Munja- 
majl-Berg aus östlich bis zum Mbarangandu konnte 
bereits die vorliegende Sektion F5 der Karte in 
1: 800 000 benutzt werden. 
Elner endgsltigen Festsetzung der Grenze stehen 
umsoweniger Bedenken entgegen, als Grenzstrettig= 
keiten noch nie entstanden sind. Gelegentliches Weg- 
laufen von Leuten hüben und drüben wird stets 
kurzer Hand bestens ausgeglichen, im allgemeinen 
besteht keine Verbindung von den Wangoni nach 
Mgende (Ndwewe) und umgekehrt. Nur der früher 
hler seßhaft gewesene, dann vertriebene Mpepo hatte 
elnige Leute am Pitu reklamiert. Denselben ist ge- 
stattet worden wegzuziehen, andernfalls sie von 
Shabruma-Hanga aus besteuert werden sollen. Im 
übrigen liegen Überall breite Steppenstreifen zwischen 
den belden Verwaltungsbezirken, und südlich der 
Mgende-Straße befindet sich tagelang unbewohntes 
Gebiet. 
Im Verlauf der Grenzfestsetzung wurde das 
Gebiet Mhomakiros und Kitandas berührt. Ersterer, 
ein rechter Bruder Shabrumas, lebte früher mit 
dlesem in steter Fehde und war einer der Haupt- 
räuber des Kilwa-Hinterlandes. Heute hat er wenig 
Bedeutung, seine Leute und die der anwohnenden 
Kitanda-Mkomanire sind stark mit Wadendouri, der 
Urbevölkerung des Landes, vermischt. 
Durch dieses Land (Ssongea — Gongoma — 
Mbunga—Kitanda) wird für das nächste Jahr die 
Anloge einer Poststraße nach Mahenge geplant. Zur 
Zeit benutzen die Boten die verschiedensten Wege, da 
die alte Straße über Keju-Berg—Mgende einen 
bedeutenden Umweg zu machen scheint. Sie brauchen 
jetzt für die Strecke Mahenge — Ssongea neun Tage, 
auf der neu anzulegenden Straße wird der Weg in 
sieben Tagen zurückzulegen sein. 
Der Rückweg zur Milttärstation wurde durch 
die Steppe genommen und es wurde bei Njama- 
bengo die große Straße Kilwa—Ssongea erreicht. 
Sie ist in diesem Jahre vom Mbarangandu bis 
kwa Kihingi neu ausgebaut, kleinere Flüsse und 
Sümpfe sind mit Triften wie auf der Wledhafen- 
Straße, größere zum Durchwaten mit bequemen 
Rampen versehen. Da Hindernisse durch Hochwasser 
hier nirgends zu befürchten sind, erübrigen sich vor- 
läufig die sehr schwer zu haltenden Brücken. An 
allen Rastplätzen sind große geräumige Hütten aus 
Lehm mit Strohdach errichtet, die Schutz gegen die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.