Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

treten, und wurden von ihnen mit fortgerissen. In- 
zwischen haben sie sich wieder unterworfen, wobei 
die Missionare vermitteln konnten. 
Die Station Ilembula, die auch schon ver- 
loren gegeben wurde, ist nach neueren Nachrichten 
wohl unversehrt geblieben. 
Neben der Berliner Mission hat die englische 
Universitätenmission schwer gelitten. Ihre 
blühende Hauptstation Massassi mußte den ersten 
Anprall der von der Ermordung der katholischen 
Missionsleute und der Zerstörung ihrer Stationen 
kommenden Aufrührer aushalten. Die dort befind- 
lichen Missionare und Missionsschwestern wurden 
rechtzeitig gewarnt und konnten sich mit knapper 
Not nach Mikindank retten. An eine Befestigung 
und Verteidigung der ganz offen daliegenden Nieder- 
lassung in Massassi war nicht zu denken. Der 
Bischof von Sanfibar, dem diese Mission untersteht, 
hat es durchaus gebilligt, daß seine Leute die ge- 
fährdete Station verließen, zumal, nachdem er von 
den eingeborenen Christen gehört hat, daß sich die 
Gefahr für sie selbst durch den Abzug der Europäer 
verringert hätte. Um so deutlicher aber hat sich 
bei den der europäischen Leitung entbehrenden Ein- 
geborenen von Massassi der gute Einfluß gezelgt, 
den die jahrzehntelange Missionsarbeit auf sie aus- 
geübt hat. kam ihnen nicht in den Sinn, ge- 
meinsame Sache mit den Rebellen zu machen. Sie 
traten ihnen vielmehr bewaffnet entgegen und suchten, 
als sie die Zerstörung der Kirche und der Missions- 
häuser nicht mehr zu hindern vermochten, vom 
Missionseigentum zu retten, was zu retten war. 
Später haben die Leute von Massassi, Tschingu- 
lungulu und Tschiwata auch an der Barabara auf 
Seite der deutschen Truppen gekämpft. In Ab- 
wesenheit der Missionare führte der schwarze Pastor 
Daudi Machina die Aussicht über die christlichen 
Gemeinden, die vor dem Aufstand zusammen etwa 
anderthalb tausend Seelen zählten. Er berichtet, 
daß die Christen der Station nach dem Abzug der 
aufständischen Rotten viele Dinge wieder herzu- 
brachten, von denen man dachte, daß sie geraubt 
wären. Fürsorgliche Hände hatten sie bei der all- 
gemeinen Verwirrung weggetragen und versteckt. 
Auf diese Weise wurden die Paramente der Klrche 
und die heiligen Gefäße gerettet, auch einige Besitz- 
stücke der Missionsleute. « 
Die angerichtete Verwüstung ist freilich auch 
hier groß genug; von der schönen Station, die 
übrigens vor Jahrzehnten schon einmal gründlich 
ausgeraubt worden ist, steht nur noch die Mädchen- 
schule, die von Daudl Machina jetzt als Gottesdienst- 
lokal benutzt wird, und ein alter Schuppen, der einst- 
weilen als Schulraum dienen muß. Als am 
4. September der Pastor wieder den ersten Gottes- 
dienst hielt, legte er seinen zahlreich erschienenen 
Gemeindegliedern dringend ans Herz, sich, wie bis- 
her, so auch weiter in dieser kritischen Zeit gut zu 
halten. Jetzt müsse sich zeigen, ob der gute Samen, 
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der schon so lange unter dem Volk von Massassi 
ausgestreut set, gute Frucht getragen hätte. Der 
Brief Daudi Machinas an den an der Küste be- 
findlichen Archidiakonus Carnon ist ein rührendes 
Zeugnis für das Vertrauensverhältnis, das zwischen 
den Missionaren und ihren eingeborenen Gehilfen 
besteht, und beweist zugleich, daß solch ein schwarzer 
Pastor sehr wohl das Zeug hat, eine Gemeinde 
selbständig zu versorgen. Da die Missionare die 
Überzeugung haben, daß der erprobte Mann und 
seine Gehilfen, er nennt in seinen Berichten noch 
die Diakonen Kolumba, Daniel und Justino, für 
alles Nötige sorgen, bis die völlige Ruhe wieder- 
hergestellt ist, sind sie noch nicht an ihre Wirkungs- 
stätte zurückgekehrt. 
Es ist selbstverständlich, daß die Universitäten- 
mission die verwüstete Station sobald als möglich 
wieder aufbaut. Sie hat eine Sammlung eröffnet, 
zu der auch bereits einige Gaben aus verschiedenen 
Gegenden Afrikas eintrafen. Ein Freund der 
Mission, der früher einen Verwandten am Rowuma 
durch den Tod verloren hat, sandte 1000 Mark. 
Der Bischof von Sansibar verzichtete zugunsten des 
Wlederaufbaues von Massassi auf die geplante Reise 
nach Ostindien. 
Die anderen in der Südhälfte von Deutsch- 
Ostafrika tätigen Missionsgesellschaften (es kommt 
noch die Brüdermission und die englische kirch- 
liche Missions gesellschaft in Frage) haben, so- 
viel bisher bekannt, keinen Schaden gelitten. Ihre 
Stationen wurden nur alarmiert, auch sind wohl 
die einsamsten Vorposten auf kurze Zeit verlassen 
worden. Hoffentlich ist nun kein Schaden mehr zu 
erwarten. 
  
Die ersten Tage in den Schwesternhäusern 
zu Palime und Atakpame. 
Hierüber lesen wir im Januarheft des Steyler 
Missionsboten: 
Es war der 8. September, als die drei ersten 
Schwestern Pankratia, Eulalia und Amadea in 
Palime eintrafen. Als wir am genannten Tage 
gegen 11½ Uhr morgens vor Palime anlangten, 
erwarteten uns fast sämtliche Bewohner der Stadt. 
Die Jugend war uns beinahe eine halbe Stunde 
weit entgegengekommen. Unter den meelodischen 
Klängen der Musik wurden wir zur Missionskapelle 
geführt. Feierliches Glockengeläute lud alle zum 
Gottesdienste ein. Alsdann wurden wir zum neuen 
Schwesternhause geleitet. Die Musikkapelle ging 
voraus und spielte ihre hübschen Weisen. Das neue 
Heim liegt ganz am Eingange der Stadt, rings 
umgeben von den grauen Lehmhütten der Schwarzen. 
Türen und Fenster fehlten noch größtenteils bel 
unserer Ankunft. Die stets offene Türe kam der 
schwarzen Welt gut zustatten. Groß und Klein 
machte seinen Besuch. Den meisten war das Treppen- 
steigen etwas völlig Neues.
	        
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