Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Auf die Frage, innerhalb welchen Zeitraums die 
Abnutzung dieser etwa 250 000 ha großen Urwald- 
fläche am zweckmäßigsten zu erfolgen hat, läßt sich 
elne bestimmte Antwort nicht ohne weiteres geben. 
Wenn man die sämtlichen dabel mitspielenden Fak- 
toren in Erwägung zieht, so wird man zwar eine 
vorderhand annehmbare Grundlage hierfür gewinnen 
können, dieselbe wird aber sicherlich im Laufe der 
Zeit je nach Lage der Verhältussse gewissen Modi- 
fikationen unterworfen sein. Angesichts der an sich 
weit hinter dem normalen Zustand zurückbleibenden 
Bewaldungsverhältnisse Ostafrikas muß an der Wieder- 
aufforstung der abgeholzten Flächen grundsätzlich 
festgehalten werden. Da indessen die für eine künst- 
liche Wiederaufforstung erforderlichen Kräfte und 
Mittel vorderhand nicht verfügbar find, so ist bis 
auf weiteres auf eine wenig oder gar keine Kosten 
verursachende natürliche Verjüngungsweise hin- 
zuarbeiten. Diese Erwägungen führen zur Wahl 
elner solchen Abnutzungsmethode, bei der nur ein 
Teil der vorhandenen Bäume, nämlich die stärksten 
und ältesten, abgeschlagen werden, während die 
mittleren und schwachen Stämme sowie der gesamte 
junge Nachwuchs als weiterhin bestandbildend er- 
halten bleiben. Die durch die Abholzung einzelner 
Bäume oder ganzer Gruppen von Bäumen und 
Beständen entstehenden Lücken verjüngen sich durch 
Samenabfall auf natürlichem Wege von selbst, nur 
da, wo diese natürliche Verjüngung versagt, tritt 
eine künstliche Anbautätigkeit an ihre Stelle. Man 
bezeichnet diese Betriebsart bekanntlich mit dem 
Namen „Plenterbetrieb“. 
Es ist einleuchtend, daß bei einer solchen Betriebs- 
weise nach Verlauf eines gewissen Zeitraumes ein 
Tell der stehengebliebenen Bäume und des Nach- 
wuchses so weit erstarkt ist, daß eine zweite plenter- 
weise Nutzung in derselben Weise wie bei der erst- 
maligen Plenterung stattfinden kann u. [f. Man 
darf annehmen, daß in Ostafrika ein Zeitraum von 
50 Jahren hierzu ausreichend ist, mit anderen 
Worten, man ist berechtigt, der geplanten Wirtschaft 
für den zunächst vorliegenden Zeitraum einen 
50 jährigen Umtrieb zugrunde zu legen. 
Unter dieser Annahme ergibt sich bei 250 000 ha 
Waldfläche als jährlich abzunutzende Fläche eine 
Größe von 
250 000 
ha - 5000 ha. 
Wird ferner angenommen, daß man pro Hektar 
durchschnittlich 20 Festmeter exportfähigen Nutzholzes 
schlagen kann, so erhält man eine Jahresabnuhunge- 
masse von 
5000 2F 20 Festmeter — 100 000 Festmeter 
exportfähigen Holzes. 
Es ist hierbei ausdrücklich hervorzuheben, daß 
eine Entnahme von 25 Festmetern pro Hektar, 
zumal unter Berücksichtigung des sordauernd statt- 
findenden Zuwachses der Bestände, hinter der wirk- 
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lichen Leistungsfählgkelt der Waldungen bedeutend 
zurückbleibt, allein die Vorsicht gebietet, zunächst nur 
diesen Minimalbetrag in die Rechnung einzustellen. 
Jedenfalls ist aus den vorstehenden Erwägungen 
zu entnehmen, daß die in Betrieb zu nehmende 
Waldfläche dauernd einen Ertrag von mindestens 
100000 Festmetern Exportholz jährlich mit Sicherheit 
zu liefern vermag. 
Es ist nun keineswegs gleichgültig, ob dieses zu- 
lässige Abnutzungsquantum auch wirklich abgenutzt 
wird oder nicht. Die Unterlassung der Abnutzung 
würde gleichbedeutend sein mit einer Vergeudung 
von Vermögen. Man würde die Zinsen eines Ka- 
pitals ungenutzt preisgeben. Ein nach wirtschaftlichen 
Grundsätzen verfohrender Waldbesitzer hat sonach die 
Pflicht, die Abnutzung durchzuführen. So ruht auch 
auf dem ostafrikonischen Landesfiskus als Waldbesitzer 
die Obliegenheit, die Zinsen eines Waldkapitals ab- 
zuheben, d. h. er hat dafür zu sorgen, daß zunächst 
alljährlich wenigstens 100 000 Festmeter Holz ab- 
genutzt und verwendet werden. 
Die Durchführung dieser Maßregel hängt jedoch 
an einer Bedingung, d. i. der Möglichkeit lohnenden 
Absatzes. Inwieweit eine solche Möglichkeit bezüglich 
der ostafrikanischen Waldprodukte bereits vorliegt 
oder noch herbeigeführt zu werden vermag, wurde 
oben bereits dargelegt. 
Hierbei gelangt man auf ein Gebiet, zu dessen 
Bearbeitung die Staatswaldwirtschaft der Mithilfe 
des prioaten Unternehmertums bedarf. Es genügt 
nicht allein, daß sich die Handelswelt mit unseren 
Waldprodukten aufs eingehendste befaßt, es müssen 
außerdem private Unternehmer auftreten, die die 
Vermittlung zwischen dem Produzenten einerseits und 
den Händlern und Konsumenten anderseits über- 
nehmen. Diesen Weg hat das Gouvernement in 
Deutsch-Ostafrika bereits selt einigen Jahren be- 
schritten und wird in dieser Richtung weiter fort- 
esetzt. 
*lr ê sind zur Zeit bereits die nachgenannten Ver- 
träge wegen Pachtungen von Woldkomplexen zwecks 
Ausung und Verwertung ihrer Produkte in 
aft: 
st: 
1 Waldpachtvertrag am Victoria-Nyanasasee, 
1 dgl. zur Ausnutzung der Mangrovenbestände 
in den Bezirken Tanga und Pangani, 
1 dgl. über 2000 ha Mangrovemwald im Bezirk 
Lindi, . 
1 dgl. im Bezirk Kilwa von gleicher Aus- 
dehnung, 
1 Waldpachtvertrag über 3000 ha Hochwald im 
umeland, 
1 Waldpachtvertrag wegen Ausnutzung der Kaut- 
schukwälder in Ujil. 
Die aufgeführten Verträge sind auf Gewinnung 
von Nutzholz, Gerbstoff und Kautschuk gerichtet. 
Weitere Bemühungen zwecks Abschlusses neuer der- 
artiger Verträge sind fortdauernd im Gange. 
Der Grundgedanke bei den Verträgen ist, daß
	        
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