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Küchlein. Vergaß der Bruder einmal die Küchen-
türe zu schließen, so drangen sie sofort ein und
suchten den Tisch ab; ja, vom warmen Herd herab
nahmen sie das Fleisch und fraßen es. Zwei ver-
endete Kätzchen verschluckten sie ganz; die kleinen
Schlüssel zum Offnen der Fleischbüchsen, Nägel,
Steine, kurz alles würgten sie hinein. War der
Gegenstand etwas groß, so setzten sie sich, drückten
so lange und schlugen mit dem Hals hin und her,
bis er glücklich im Magen angelangt war. Den
Knaben stahlen sie die Taros aus dem Feuer und
schleppten sie davon. ÜUberaus possierlich war es,
wenn sie zur nahen Taropflanzung wollten, um die
Blätter abzufressen. Die Pflanzung befand sich an
einem Abhang vor dem Hause. Bevor sie den
Gang antraten, guckten sie jedesmal längere Zelt
bald hinab in die Pflanzung, bald zur Veranda
empor, um sich zu vergewissern, ob sie ungesehen
wären. Hilelten sie sich sicher, so rannten sie blitz-
schnell hinab, über den Zaun, fraßen gierig einige
Blätter und kehrten eben so schnell wieder zurück.
Die ganze Taropflanzung wies bald kein grünes
Blatt mehr auf. Ein Vergnügen war es ihnen
auch, wenn sie sich in einer Lehmpfütze wälzen
konnten. Sie hielten sich ganze Stunden regungslos
darin auf. Mit der Zeit wurden sie immer lästiger,
schmutziger und gefräßiger, so daß ich sie entfernen
mußte.
Powell erzählt eine Geschichte betreffs der
Kasuare, die von Professor Dahl für Jägerlatein
gehalten wird. Allerdings berichtet Powell sonft
manches, was mit der Wirklichkeit oft nicht ganz
übereinstimmt, allein die Tatsache, die er anführt
und selbst erlebt haben will, wird in ganz Baining
für wahr angenommen. Er erzählt nämlich: „Ein
Kasuar kam zu einem Flußufer, stand einige Augen-
blicke still, das Wasser aufmerksam betrachtend, ging
sodann in das Wasser hinein, welches dort etwa
einen Meter tief war und tauchte teilweise unter,
wobei er die Flügel ausstreckte. So blieb der Vogel
vollständig bewegungslos, sogar mit geschlossenen
Augen, eine Viertelstunde lang, zog dann plötzlich
die Flügel an und trat an das Ufer zurück. Während
er sich hier schüttelte, fiel eine Anzahl kleiner Fische
aus seinen Flügeln und Federn heraus, welche
sofort aufgepickt und verschluckt wurden.“ — Es
ist gar nichts Seltenes, von meinen Schulkindern
zu hören, doß sie einen fischenden Kasuar bemerkt
hätten. Er soll besonders gerne nach Flußkrebsen
fahnden. Ich habe einen Kasuar auf einer Insel
des Powellflusses (Mäwlu) beobachtet, der den Sand-
boden nach Muscheln absuchte. Das Fleisch des
Kasuars ist etwas zähe, sonst aber recht wohl-
schmeckend und wird von manchem den hiesigen
Wildschweinen vorgezogen. Der Baininger jagt
den Kasuar nicht nur des Fleisches wegen, sondern
auch wegen der Federn, die er zur Verzierung
seiner Tanzgegenstände benutzt.
Die hiesigen schillernden Papagelenarten sind zu
bekannt, als daß ich dem Leser noch Rkues über sie
mitteilen könnte.
Wer zum erstenmal in die Wälder von Baining
eindringt, wird bald über sich einen Vogel mit
schwerem, geräuschvollem Fluge und hell schmetternder
Stimme vernehmen. Verwundert und üÜberrascht
wird er seinen Blick erheben und in den wirren
Laubkronen nach ihm spähen, ihn aber nicht immer
zu Gesichte bekommen. Es ist der mächtige Nashorn-
vogel. Sein Gefieder ist glänzend schwarz, Kopf
und Hals sind beim Männchen goldbraun, beim
Weibchen glänzend schwarz, der lange, breite Schwanz
ist weiß. Der gebogene Schnabel ist gelblich weiß,
an der Wurzel bläulich. Bel jungen Vögeln ist
der hornartige Aufsatz an der Schnabelwurzel flach
und weich, bei alten hoch und durchfurcht.
zählte einmal neun solche Furchen oder Ringe auf
der Hornplatte eines Nashornvogels, er war also
neun Jahre alt. Der Nashornvogel liebt den Urwald,
doch trifft man ihn auch sonst überall, wo Frucht-
bäume stehen. Uber Tag erscheint der Vogel meist
paarweise, morgens und abends jedoch sammeln sie
sich gerne zu Scharen, bis zu 40 Stück. Ihr
Nachtquartlier haben sie in Flußtälern auf sehr hohen
Bäumen. Bevor sie dasselbe beziehen, verfolgen sie
sich oft spielend lange Zeit und lassen ihre rauhen
schmetternden Töne erschallen. Bei dieser Gelegenheit
sind sie leicht anzupürschen, sitzen aber leider meistens
für ein gewöhnliches Jagdgewehr zu hoch. Die
Vögel, durch den Schuß aufgescheucht, umkreisen
schreiend den Baum und lassen sich bald wieder
nieder. Am leichtesten wird der sonst scheue Vogel
geschossen, wenn die Früchte der Brennpalme relfen.
Mein Schießjunge schoß voriges Jahr im Laufe
einer einzigen Woche 19 Stück in unmittelbarer
Nähe der Station: Von ihrem Nist= und Brut-
geschäft habe ich bis jetzt trotz aller Beobachtung
noch nichts aus eigener Anschauung erfahren.
habe den Eingeborenen schon öfters das Versprechen
gemacht, ihnen eine Axt zu schenken, wenn sie mir
ein Nest zeigten; allein bis jetzt hat sich noch niemand
den Preis geholt. Ein glaubenswürdiger Baininger,
dessen Aussage von seinen Landsleuten bestätigt
wird, fand vor einigen Johren das Nest eines Nas-
hornvogels in einem Baumloch. Er fällte den Baum
und fand in einer Asthöhle ein Weibchen mit zwei
Jungen. Das Weibchen war durch den Fall des
Baumes getötet worden. Nach der Aussage schlüpft
zur Legezelt das Weibchen in ein Baumloch, rupft
sich die Brustsedern aus, um damit die rauhe Holz-
fläche auszupolstern, legt zwei Eier und bleibt nun
so lange im Nest, bis die Jungen herangewachsen
sind und der Raum zu enge wird, um alle zu fassen.
Das Männchen versorgt das Weibchen zur Lege-
und Brutzeit mit Nahrung, die aus verschiedenen
Baumfrüchten besteht. Es ist behauptet worden,
der Nashornvogel käme niemals auf den Boden.
Dos ist vollständig irrig. Man gewahrt ihn nicht
selten unter den Bäumen, wo er die abgefallenen