Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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nun einer klelnen Truppe von Bainingern, Männern 
und Knaben, an die Arbeit. Es ist noch früh am 
Morgen. Sie stehen bereits am Platze vor dem 
Walde, den sie niederlegen wollen. Die erste Arbeit 
besteht nun darin, daß die am Boden wuchernden 
Llanen, das Kleinholz und das lange Gras abge- 
hauen werden. Zu Mittag wird eine kalte Taro 
gegessen und dann gleich weiter gearbeitet, bis der 
Abend hereinbricht. Zu Hause angekommen, erwarten 
die Arbeiter heiße Taros und Gemüse im Luski ge- 
kocht und mit Seewasser übergossen, eine Leckerspeise 
für jeden Baininger. Ist das Unterholz mit den 
zahlreichen Parasiten niedergelegt, so werden die 
größeren Bäume mit der Axt gesällt. Da die 
Kronen sehr oft auf welte Strecken mit Schling- 
pflanzen verwachsen sind, so muß zuweilen eine statt- 
liche Anzahl Bäume umgehauen werden, bis sie fallen. 
Bemerkt der Eingeborene, daß er es mit Schling- 
pflanzen zu tun hat, so haut er erst eine Reihe 
Bäume an und spaltet dann einen stärkeren ganz 
durch, um in seinem Falle alle übrigen mit fortzu- 
reißen. Ist der Augenblick gekommen, wo die Bäume 
zu fallen drohen und die Stämme schon anfangen 
zu krachen, so zieht sich der schweißtriefende Arbeiter 
zurück, um nicht unter dem Baumgewirr vergraben 
zu werden, und beim Gepolter der stürzenden 
Bäume erheben alle ein Freudengeschrei. An Bäume 
mit Strebewurzeln werden Gerüste angelegt und 
der Baum wird mehrere Meter vom Boden abge- 
hauen. Uberhaupt ist es Brauch, die Bäume niemals 
am Boden, sondern immer auf halbe Manneshöhe 
zu fällen, weil dort gemächlicher die Axt geführt 
werden kann. Mandel= und Brotfrucht= sowie 
Belelnußbäume werden nicht gefällt. An Bäume 
mit sehr hartem Holz pflegt man nur Feuer anzu- 
legen, um sie zum Verdorren zu bringen. 
HKus fremden Rolonien und 
Produbktionsgrbieken. 
Besteuerung der Dandlungsreisenden und Dandels- 
bolmetscher im Rongostaat. 
.Gemäß einer von dem König-Souverän unterm 
22. Januar d. Is. bestätigten und am 1. November 
1905 in Kraft getretenen Verordnung des General- 
Houverneurs vom 298. Juli 1905 unterliegen Privat- 
personen, die im Geblete des Kongostaates als 
Haufierer, Kolporteur, Handelsagent, Handlungs- 
reisender, Handelsdolmetscher beschäftigt sind, einer 
persönlichen jährlichen Abgabe von 150 Franken, 
außer wenn jene Privatbersonen oder derjenige, für 
dessen Rechnung sie tätig sind, bereits direkten und 
persönlichen Steuern unterworfen sind. 
Als Steuerquittung wird ein besonderer Ge- 
werbeschein erteilt, in welchem, außer der Gültigkelts- 
dauer, Name, Vorname, Eigenschaft, Stand und 
Kennzeichen des Inhabers angegeben werden. 
  
Wer für Rechnung eines Dritten, der direkte und 
persönliche Steuern zahlt, Handelsgeschäfte betreibt, 
muß von demjenigen, in dessen Dienste er steht, mit 
einer dieselben Angaben enthaltenden Legitimations-= 
karte nersehen sein. 
Die vorerwähnten Gewerbescheine oder Legiti- 
mationskarten müssen auf Verlangen der Behörden 
vorgewiesen werden. Sie müssen außerdem beim 
Betreten und Verlassen des Kongostaates den Grenz- 
posten vorgezeigt und von dem zuständigen Beamten 
visiert werden. Hierfür wird zugunsten der Staats- 
kasse eine Kanzleigebühr von 5 Franken für jedes 
Visum erhoben. 
(Bulletin offeiel de PEtat Indépendant du Congo.) 
  
vom Nongostaat. 
Das mit der Entsendung der Untersuchungs- 
kommission nach dem Kongo seinerzeit begonnene, 
durch die Prüfungskommission fortgesetzte Reformwerk 
im Kongostaate hat nach langen internen Verhand- 
lungen seinen Abschluß gefunden. 
Es ist niedergelegt in einer größeren Anzahl 
Dekrete, deren Motive zum Teil in einem seitens 
der dret Generalsekretäre der Kongoregierung dem 
König-Souverän unter dem 3. d. M. erstatteten 
längeren Berichte enthalten sind, auf welchen ein 
Erlaß gleichen Datums antwortet. Diesem Erlaß 
des Königs-Souveräns ist eine Art Kodizill zu 
seinem Kongotestamente vom Jahre 1889 beigefügt. 
Diese verschiedenen Schriftstücke werden in Nr. 6 
des „Bulletin offciel de I’Etat indépendant du 
Congo“ vom Juni 1906 veröffentlicht. 
Sie betreffen zum Teil neue Schöpfungen, zum 
Tell ändern sie einzelne Bestimmungen älterer 
Dekrete ab. 
Der Bericht der Generalsekretäre an den König- 
Souverän grelft zu Beginn auf die Entstehung des 
Kongostaates zurück, seine staatsrechtlichen Grundlagen, 
und hebt seine volle Souveränität hervor. 
Er beschäftigt sich sodann mit verschiedenen der 
zur Genehmigung vorgelegten Dekrete. Unter diesen 
steht dasjenige, welches den Grundbesitz der Ein- 
geborenen betrifft, obenan. 
Letzterer wird seinem Umfang und Charakter 
nach festgestellt. 
Die Eingeborenen sollen jagen, sischen und die 
Wälder benutzen dürfen, soweit nicht Privatrechte 
und allgemeine gesetzliche Vorschriften hierdurch ver- 
letzt werden. 
Das zweite Dekret behandelt die Frage der 
direkten und persönlichen Steuern. 
Zu diesen soll jeder gesunde Erwachsene heran- 
gezogen werden. Die Steuer soll den verschieden- 
artigen Entwicklungsstufen der einzelnen Distrikte 
angepaßt sein und jährlich nicht unter 6, nicht über 
24 Franken betragen. 
Die Steuer kann in Produkten oder in Arbeit 
geleistet werden. Die Einzelheiten werden von den
	        
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