Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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auch an das Grab unseres lieben Kameraden. 
Aber ein Schauder erfaßte uns bei dem An- 
blick. Die Dornenhecke war zerstört, das Grab 
aufgewühlt, der Tote verschwunden. Die 
schwarzen Teufel hatten die Leiche an den 
Beinen herausgezogen und in die Wildnis 
verschleppt und den Raubtieren überlassen. 
Diese rohe Handlung erklärt sich aus der Gier 
der Herero nach den Kleidern unserer Ge- 
fallenen. Nachdem sie diese angezogen, ver- 
stümmeln und zerstückeln sie die Leichen und 
überlassen sie den Raubtieren! Trotz eifrigen 
Suchens wurden die Leichenräuber nicht ge- 
funden! Gefangene machten wir zwar genng, 
aber die richtigen bekamen wir nicht! Es ist 
Befehl, auf die schwarzen Halunken nicht zu 
schießen, bevor sie nicht geschossen haben. Ob- 
wohl die Schurken an Grausamkeit eigent- 
lich unterm Raubtier stehen, werden sie 
gut behandelt, so daß sie gar keine Angst 
vor den Deutschen haben. Wir erbenteten 
auch 20 Stück Groß= und Kleinvieh. Den 
Gefangenen wurde gestattet, sich eine Kuh zu 
fangen und für sich zu schlachten. Denen, die 
Wasser gegraben haben, wurde sogar eine kleine 
Portion Num gegeben. Die gefangenen 
Herero haben es entschieden besser als 
die beraubten Farmer, die verwumdeten 
und verstümmelten Soldaten, die Hinter- 
bliebenen der Erschlagenen und Beraubten. 
Doch darüber hat der Soldat nicht nachzudenken, 
für ihn gibt's nur gehorchen.“ 
Entgegen der sozialdemokratischen Behauptung, 
unsee Soldaten seien roh und grausam, wird 
also hier das Gegenteil festgestellt. Desgleichen 
in folgendem Briefe, der am 16. Februar 1906 
im „Schwäbischen Merkur“ zu Stuttgart abge- 
druckt war: 
„Es freut mich sehr, daß mein liebes, altes 
Bataillon auch noch meiner gedacht hat, wie 
auch ich dasselbe noch niemals vergessen habe 
und meiner stets bewußt bin, daß ich hier in 
Afrika, wo wir aus allen deutschen Regimentern 
zusammengestellt sind, nicht nur für meine, 
sondern auch für die Ehre meines früheren 
Regiments bzw. Bataillons und Kompagnie 
aufzukommen habe. Ich habe bis heute ge- 
leistet, was ich konnte, und schon so manchmal 
dem Tod ius Auge geschaut, aber auch in den 
schwersten Stunden, nahe des Verdurstens und 
Verhungerns, war ich mir meiner Aufgabe 
vollauf bewußt und habe nie gewankt, mein 
Trost war mir immer dn bist ja freiwillig 
nach Afrika, jetzt zeige, was mit dir los iste, 
und stets kam ich durch. Als ich mich seiner- 
zeit im April 1905 verlaufen hatte und sieben 
  
gauze Tage und Nächte ohne Wasser 
und ohne Essen umherirrte, glaubten meine 
Behehten und meine Kameraden, da ich 
auch keine Patronen bei mir hatte, der Reiter 
ist verloren, und doch wollte es Gott, daß ich 
nicht nur wieder mal gefunden wurde wie 
eine Leiche, sondern auch zeigen konnte, daß 
diese schwere Probezeit mich vor nichts zurück- 
schrecken konnte.“ 
Ahnlich im folgenden Schreiben eines an der 
Telegraphenlinie tätigen Unteroffiziers, der an 
seinen früheren Vorgesetzten schreibt (Dortmunder 
Zeitung vom 27. Oktober 1905): 
„Die Hottentotten schneiden immer den 
Draht, welcher auf der Erde liegt, entzwei, 
und stören damit den ganzen Betrieb. Sehr 
oft nehmen sie 1000 Meter und noch mehr 
mit, da dauert es manchmal tagelang, ehe die 
Leitung wieder im Gange ist. Manchmal, 
wenn sie den Draht kaput gemacht haben, 
liegen sie auf der Lauer und warten, bis die 
Patronille kommt, um sie abzuschießen, wobei 
ihnen immer mehrere Gewehre und sämtliche 
Kleidung in die Finger fallen. Die Patronillen- 
Apparate nehmen sie auch mit, es kostet so ein 
Kästchen 500 bis 600 Mark. Vor 14 Tagen 
sind von unserer Abteilung wieder zwei Mann 
dabei ums Leben gekommen. Sie hatten den 
Leuten die Kleider ausgezogen, alles abge- 
nommen und ihnen den Schädel eingeschlagen 
und dann alle Glieder verstümmelt, sie waren 
kanum zu erkennen. Die Schwarzen waren alle 
von Morenga, und es passierte in der Zeit, 
wo die Friedensverhandlungen waren. Mo- 
renga bekam noch so viel Tabak und Rum, 
er sollte eher Frieden machen, meinte der 
Herr General. Aber als der schwarze Häupt- 
ling sich lange geung ausgeruht hatte, ist er 
entflohen mit all seinen Kerls und ohne ein 
Gewehr abzugeben. Es ist nun schon das 
drittemal passiert, daß Morenga die Leitung 
der Truppen betrogen hat. Jetzt ist wieder 
alle unsere Mühe verloren. Aber der Fehler 
liegt daran, daß die Schwarzen zu sehr 
geschont werden. Trifft man mal so einen 
Hund, so darf man ihm noch gar nichts tun, 
aber unsere Kameraden finden ein so 
trauriges Los unter ihren Händen. Man 
tröstet sich damit, daß wir Soldaten sind, die 
für ihren Kaiser kämpfen und bluten wollen. 
Es ist eben Krieg und ich für meine Person 
habe die schönen Lehren des Herrn Ober- 
leutnants immer vor Augen. Sollte ich einmal 
im Gefecht fallen oder auf Patronille, so kann 
ich mit dem Bewußtsein sterben, ich habe meine 
Pflicht getan und Herrn Oberleutnant seiner 
Erziehung Ehre gemacht.“
	        
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