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Himalajagebiet, zehn Stunden beträgt. Auch in
der Industrie und selbst in den Städten steigen
die Arbeitslöhne für ausgebildete Arbeiter selten
über 12 Rupien für den Monat.
Außer den von der eingeborenen Bevölkerung
zur eigenen Lebenshaltung angebauten landwirt-
schaftlichen Produkten kommen in Indien für den
Export in Betracht: Baumwolle, Jutefaser,
Kokospalmenprodukte, Rizinus5l und Samen,
Opium usw. Daneben wird eine verhältnismäßig
große Viehzucht, hauptsächlich der Felle wegen,
betrieben, besonders Ziegen= und Kalbshäute wer-
den viel exportiert. In den Gebirgsgegenden
findet man unter europäischer Leitung auch um-
fangreichen Plantagenbau und hier wird Tec,
Kaffee, Chinarinde, an der Westküste auch Pfeffer
erzeugt. Der früher im Norden und an der
Ostküste betriebene Indigobau hat fast aufgehört,
und man sucht dort nach geeignetem Ersatz.
Schon von alters her hat sich die Landwirt-
schaft in Indien der künstlichen Bewässerung be-
dient. Die so oft eintretende Dürre macht es
notwendig, dem Boden künstlich Feuchtigkeit zuzu-
führen. Neben den vielen Einzelbewässerungs-
anlagen, durch Heben des Wassers aus Brunnen,
wofür teils Menschen-, teils Ochsen= und Büffel-
kraft verwendet wird, sind sowohl seitens privater
Gesellschaften wie auch seitens der Regierung
4. große Stauanlagen (Tanks) und Kanäle angelegt,
von denen aus weite Flächen bewässert werden.
Man nimmt an, daß zur Zeit in Indien etwa
:35 Millionen Acres mittels künstlicher Bewässe-
rung unter Kultur gehalten werden. Die Kosten
dieser Bewässerungsanlagen, sowohl der seitens
privater Gesellschaften wie der seitens der Re-
gierung hergestellten, werden durch Zahlung be-
stimmter Abgaben gedeckt. Die unternehmenden
Gesellschaften bzw. die Regierung erzielen hierdurch
sehr gute Verzinsung des angelegten Kapitals.
Die Regierung scheint bestrebt, die künstliche Be-
wässerung durch Anlegen neuer Stauwerke und
Kanäle weiter auszubauen und dies dürfte dazu
beitragen, die so oft durch anhaltende Dürre ein-
tretenden Hungersnöte zu vermindern. Allerdings
wird hierzu auch wohl eine Aufklärung des
Volkes nötig sein. Es ist z. B. in einzelnen
Distrikten, nach denen zur Zeit der Mißernten
seitens der Regierung Reis gebracht wurde, dieser
Reis von bestimmten Kastenmitgliedern abgelehnt
worden. Die fanatischen Gläubigen erlagen lieber
dem Hungertode, als daß sie Nahrung annahmen,
welche — entgegen ihrer Religionsvorschrift —
von Andersgläubigen schon berührt worden war.
Ein weiteres Mittel zur Hebung der Landes-
kultur wäre der weitere Ausbau des Eisenbahn-
netzes. Wenn auch zur Zeit in Indien über
25.000 englische Meilen Eisenbahnen bereits vor-
handen sind, die sich in den Händen privater
Gesellschaften befinden, so erschließt dieses Eisen-
bahnnetz doch noch lange nicht die in Betracht
kommende weite Fläche. Die Produkte großer
Bezirke können nur schwer und mit großen Kosten
an den Weltmarkt gebracht werden. Für den
Europäer ist der Verkehr auf den Eisenbahnen,
soweit Hauptlinien in Betracht kommen, in der
ersten Klasse verhältnismäßig bequnem. Dagegen
ist in den unteren Klassen, in denen die Ein-
geborenen fahren, von irgendwelchem Komfort
keine Rede; allerdings sind die Fahrpreise hierfür
auch auherordentlich niedrig. Es giöt vier ver-
schiedene Klassen, und zwar die I., II., die Inter-
mediatklasse und die III. Klasse. Im Durchschnitt
kostet in der I. Klasse, nach deutschen Verhältnissen
umgerechnet, der Kilometer je nach der Art der
Züge 5 bis 7½ Pfg., in der II. Klasse 2½ bis
33/4 Pfg., in der Intermediatklasse 114 bis
1⅞ Pfg. und in der III. Klasse /8 bis 11¼ Pfg.
Hierzu kommt noch eine Ermäßigung von etwa
25 Prozent auf Retourbillette. Außerdem tritt
für Billette auf längere Strecken noch Reduktion
des Preises oft bis zu 10 Prozent = ein.
Eine für den Europäer sehr angenehme Einrech-
tung besteht darin, daß neben den sehr großen
Abteilen I. Klasse Dienerabteile eingerichtet sind,
die eine Verbindung mit dem Abteil I. Klasse
haben und in denen man seinen Diener zum
Fahrpreise der III. Klasse auch in Schnellzügen
mitnehmen kann. Auf diese Weise hat man seine
Bedienung immer bei der Hand. Besondere
Schlafwagen sind nicht vorhanden. Das Bett
wird auf dem bequemen Sitz gemacht und zur
Nachtzeit werden die Kupees nur mit höchstens
vier Personen belegt. Speisewagen verkehren
nicht, außer in einem Fall versuchsweise zwischen
Delhi und Agra. Die Hauptmahlzeiten werden
in den auf bestimmten Stationen vorhandenen
Restaurationsräumen, nach vorheriger Bestellung,
eingenommen; der Zug hält zu diesem Zweck an
den Stationen etwa eine halbe Stunde. Diese
Verpflegungsstationen sind für ganze Bahulinien
an enropäisch geleitete Gesellschaften in Pacht
gegeben, aber in den meisten Fällen werden die
Speisen den europäischen Geschmack nicht befrie-
digen. Auch bezüglich des Unterkommens muß
der Europäer in Indien, abgesehen von ganz
vereinzelten Plätzen, wie Bombay und Lucknow,
seine Ansprüche sehr zurückschrauben. Die in
vielen Städten befindlichen Hotels „I. Ranges“
entsprechen kaum denen III. Ranges nach euro-
päischem Maßstab. In zahlreichen Orten, selbst
mit hoher Bevölkerungsziffer, sind auch solche
Hotels nicht vorhanden. Dort ist man darauf
angewiesen, entweder in den von der Eisenbahn
eingerichteten Übernachtungsräumen (Sleeping